Airbus:Auslaufmodell

The Airbus Industrie A380 aircraft performs a manoeuvre during its display at the 2014 Farnborough International Airshow in Farnborough

Die A380 war 2014 eine Attraktion bei der Airshow in Farnborough. Mittlerweile wird der Konkurrent des Jumbojets immer mehr zur Belastung für Airbus.

(Foto: Kieran Doherty/Reuters)

Der Flugzeughersteller hat den Riesenflieger "A380" entwickelt, um Boeing Marktanteile abzutrotzen. Ein anderes Langstreckenkonzept und sparsamere Flugzeuge setzen ihm nun zu. Droht das Aus?

Von Jens Flottau, Farnborough

Am Nachmittag war noch alles so, wie sich Fabrice Brégier eine gute Airshow vorstellt. Der Airbus-Chef durfte bei der Luftfahrtmesse von Farnborough vor einer Reihe von rund 20 Flugbegleiterinnen der Air Asia in knallroten Uniformen Platz nehmen und mit dem wie üblich unterhaltsamen Ai- Asia-Chef Tony Fernandes einen Auftrag für 100 neue Flugzeuge der A320 neo-Reihe unterschreiben. Es hat auch nicht geschadet, dass Fernandes Airbus lobte, keiner behandele die Airlines so gut wie der europäische Hersteller.

Doch am Ende eines langen Tages schickte Airbus eine Mitteilung heraus, die viele auf der Messe als "den Anfang vom Ende" interpretierten. Den Anfang vom Ende für das prestigeträchtige A380-Programm, das mit Abstand größte zivile Flugzeug der Welt, das die Europäer im Jahr 2000 mit so viel Hoffnungen starteten. Sie glaubten, dass sie nur so die beherrschende Stellung Boeings in der Branche überwinden könnten. Nun musste Brégier schriftlich verkünden, dass die Produktion auf weniger als die Hälfte des aktuellen Niveaus eingedampft werden muss und von 2018 an nur noch eine A380 pro Monat ausgeliefert wird. Airbus baut damit viermal weniger A380 als in den ursprünglichen Plänen einmal vorgesehen. Und wenn der Hersteller keine Wundermittel findet, die Kosten drastisch zu senken, dann wird das Programm 2018 wieder in die roten Zahlen rutschen - die vielen Milliarden für die Entwicklung nicht eingerechnet.

Die Lage ist wie folgt: Airbus hat insgesamt 319 Stück des Typs A380 verkauft, 193 davon sind bereits ausgeliefert. Von den 319 Flugzeugen gehen alleine 142 auf das Konto einer Fluggesellschaft - Emirates. Und von den 126 verbleibenden Maschinen bekommt die Airline aus Dubai noch 61. Bleiben noch 64 Maschinen für andere Kunden. Doch mitgezählt werden dabei sechs Maschinen für Virgin Atlantic, obwohl die Airline die Jets offenkundig gar nicht mehr will. Auch drei A380, die der mittlerweile bankrotte russische Carrier Transaero einmal bestellt hat, zählen offiziell noch. Und dann sind da die 20 Flugzeuge, die das Leasingunternehmen Amedeo gekauft und für die er bislang keinen einzigen Betreiber bestätigt hat. Realistischerweise liegt als der Auftragsbestand ohne den Sonderfall Emirates bei unter 40 Flugzeugen. Und eine Absichtserklärung von Iran Air für zwölf Maschinen dürfte wohl auch nicht in einen festen Auftrag umgewandelt werden. Zeit also, die Notbremse zu ziehen.

Die Branche rechnete einst damit, das Wachstum nur mit großen Jets bewältigen zu können

Was aber ist schiefgelaufen? Die Eigner des damaligen Airbus-Konsortiums sind beim Start im Jahr 2000 davon ausgegangen, dass das Wachstum im Luftverkehr vor allem mit großen Flugzeugen zu bewältigen sei. Noch heute argumentiert Brégier, er sei "überzeugt, die A380 wird ihren Weg finden", denn die verstopften Flughäfen könnten mehr Wachstum oft nur mit großen Maschinen bewältigen. In der Theorie leuchtet das Argument ein, das Problem ist nur: Die Kunden entscheiden sich in der Realität anders.

Tim Clark, Chef von Emirates und großer A380-Fan, beklagt, dass "die heutige Generation von Airline-Managern immer mehr das Risiko scheut." Eine alte Branchenregel besagt sowieso, dass man mit einem zu kleinen Flugzeug auf einer Strecke kein Geld verlieren kann, wohl aber sehr viel mit einem zu großen.

Auf gewisse Weise hat Airbus der A380 auch gezwungenermaßen das eigene Grab geschaufelt. Das neue Langstreckenflugzeug A350 ist wie auch die konkurrierende Boeing 787 so gut geraten, dass die Kosten pro Sitz vergleichbar sind mit denen der doppelt so großen A380. Die Fluggesellschaften müssen, wenn sie niedrige Stückkosten erreichen wollen, also gar nicht mehr ins Risiko gehen. Der wesentliche Vorteil der A350 und der 787 liegt in ihren viel effizienteren Triebwerken. Clark hat Airbus deswegen lange gedrängt, die A380 mit besseren Motoren ausstatten zu lassen, und stellte einen Auftrag für bis zu 200 Flugzeuge in Aussicht. Doch Brégier wollte auf keinen Fall weitere Milliarden in das Projekt stecken, wenn nicht auch andere Fluggesellschaften die Idee unterstützten. "Es wäre nicht angebracht gewesen, die A380 neo jetzt zu starten," sagte er am Mittwoch zu Investoren in London.

Brégier hat nun zwei Probleme. "Wir müssen mehr Flugzeuge verkaufen und die Fixkosten reduzieren." Ein paar Ideen werden schon umgesetzt. In Hamburg entsteht eine vierte Endmontagelinie für die erfolgreiche A320 neo-Reihe in einem Hangar, der für die A380 vorgesehen war. Doch die meisten Analysten bezweifeln, dass Airbus bei einer Produktion von nur noch zwölf Maschinen pro Jahr die A380 ohne Verluste bauen kann. Ob das Milliardenprojekt damit tatsächlich vor dem Aus steht, wird sich wohl erst in den nächsten zwei oder drei Jahren herausstellen. In dieser Zeit müssen Brégier und sein Verkaufschef John Leahy viele neue Aufträge an Land ziehen. Selbst für den abgebrühten Leahy, der in seinen vielen Jahrzehnten in der Branche fast alles erlebt hat, könnte dies ein unlösbarer Fall werden. Er kann sich allenfalls damit trösten, dass es Konkurrent Boeing mit seinem Jumbo 747-8 nicht besser geht. Boeing will von September an nur noch sechs der Riesenjets pro Jahr bauen.

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