Airbus:Auf Montage

Willkommen in China: Airbus eröffnet sein erstes Fertigungswerk außerhalb Europas - und hofft nun auf lukrative Großaufträge.

Jens Flottau

Der Flugzeughersteller Airbus will seine Geschäfte mit China massiv ausbauen und hofft darauf, im Gegenzug bald weitere Großaufträge zu bekommen. Als ersten Schritt eröffnete Airbus-Chef Thomas Enders gemeinsam mit dem chinesischen Regierungschef Wen Jiabao die erste Endmontagelinie des Konzerns außerhalb Europas. Laut Airbus haben chinesische Airlines Vorverträge für 280 zusätzliche Flugzeuge unterzeichnet, die von der Regierung noch genehmigt werden müssen - ein Teil davon womöglich noch in diesem Jahr.

Airbus: Nun auch in China: Eine Airbus-Mitarbeiterin posiert vor einem A320.

Nun auch in China: Eine Airbus-Mitarbeiterin posiert vor einem A320.

(Foto: Foto: Reuters)

In der Halle am Rande des internationalen Flughafens von Tianjin werden künftig Airbus-Flugzeuge der Typen A320 und A319 montiert, die 130 bis 150 Passagieren Platz bieten. Die erste Maschine wird Mitte nächsten Jahres an Sichuan Airlines ausgeliefert. Bis 2011 will Airbus die Produktion auf vier Flugzeuge pro Monat steigern und damit einen Teil der Nachfrage der chinesischen Fluggesellschaften abdecken. Insgesamt liefert Airbus monatlich bald 40 Maschinen der A320-Familie aus.

Die Endmontagelinie in Tianjin markiert für Airbus einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu mehr Internationalität. Bislang werden Airbus-Jets nur in Toulouse und Hamburg montiert. Sollte EADS den Zuschlag für den Tanker-Auftrag der amerikanischen Luftwaffe bekommen, würden die dafür nötigen Airbus A330 in Mobile im Bundestaat Alabama montiert werden.

Produktionskosten dürfen höher ausfallen

Für den strategisch gewünschten Einstieg in China nimmt Airbus in Kauf, dass die Produktionskosten für die A320 in Tianjin zunächst "marginal höher" (Enders) sein werden als in Hamburg. Das liegt vor allem an höheren Transportkosten, den teuren Gehältern für entsandte Airbus-Mitarbeiter sowie dem nunmehr dreimonatigen Vorlauf, den die Teile wegen der langen Schiffsreise haben müssen. Alle Bauteile werden in Hamburg gesammelt und dann per Schiff in rund einem Monat nach Tianjin transportiert.

Da ein Teil der A320-Flügel in China gebaut, aber im englischen Filton vervollständigt wird, machen diese Komponenten die Reise sogar zweimal. Allerdings will Airbus das System möglichst bald umstellen, um Transportkosten einzusparen. Mittelfristig sollen die Gesamtkosten auf das europäische Niveau sinken. Noch 2004 gab das Unternehmen in China für kleine Komponenten rund 15 Millionen Dollar aus, im vergangenen Jahr waren es 60 Millionen, 2010 sollen es 200 Millionen und 2020 eine Milliarde jährlich werden. Das Wachstum ist zum Teil der Endmontage zuzuschreiben, aber auch dem wahrscheinlichen Arbeitsanteil am neuen Langstreckenflugzeug A350XWB, der in diesen Tagen verhandelt wird. Chinesische Firmen sollen einen Arbeitsanteil von rund fünf Prozent daran erhalten.

Für die Fertigungslinie in der Zehn-Millionen-Stadt zwei Autostunden östlich von Peking hat Airbus ein Joint Venture gegründet, an dem der Flugzeughersteller 51 Prozent der Anteile hält. Der Rest gehört einem Konsortium der Verwaltungsregion Tianjin sowie der beiden staatlichen chinesischen Luftfahrtkonzerne AVIC I und AVIC II (Aviation Industries of China I und II). Insgesamt investieren Airbus und das chinesische Konsortium rund 600 Millionen Dollar in den neuen Standort.

Ein strittiges Thema

Die Entscheidung für das Engagement in China war intern lange Zeit umstritten. Avic I und II, die derzeit zu einem neuen Konglomerat fusionieren, könnten das Airbus-Know-How nutzen, um ihre eigenen Flugzeugprogramme zu beschleunigen; Airbus baue indirekt einen neuen Konkurrenten auf, so die Befürchtung. Schließlich aber haben sich die Befürworter durchgesetzt. "Um Erfolg zu haben, muss man teilen können, auch Technologie", so Enders. In den vergangenen drei Jahren, also nach der Entscheidung für die Endmontagelinie, hat Airbus drei Großaufträge für insgesamt 460 Flugzeuge bekommen, die von der Zivilluftfahrtbehörde Civil Aviation Authority of China (CAAC) genehmigt werden müssen. Es sei zwar "möglich, aber nicht wahrscheinlich" gewesen, diese Menge an Flugzeugen zu verkaufen, so Airbus China-Chef Laurence Barron.

Der Marktanteil von Airbus in China liegt derzeit bei 39 Prozent. Gemessen an den Aufträgen der letzten drei Jahre aber ist er auf 60 Prozent in die Höhe geschnellt. Vor diesem Hintergrund gibt sich das Management gelassen. China werde, so Barron, ohnehin versuchen, eigene Flugzeuge zu entwickeln. Wenn Airbus aber weiterhin in die eigenen Produkte investiere und neue Technologien anwende, dann werde es für jeden neuen Konkurrenten extrem schwer, jemals ein konkurrenzfähiges Flugzeug zu bauen. Barron rechnet mit einem chinesischen 150-Sitzer, der mit der A320 konkurrieren würde, ungefähr im Jahr 2025.

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