Luftverkehr:Airbus liefert die letzte "A380" aus

Lesezeit: 3 Min.

Die "A380" bei einer Flugshow von Emirates in Dubai im Jahr 2019: Bei ihrer allerletzten Auslieferung an diesem Donnerstag wird es diese oder ähnliche festliche Aktionen nicht geben. (Foto: Karim Sahib/AFP)

Nach mickrigen 21 Jahren endet die Produktion des größten Passagierflugzeugs der Welt. Viele Airlines haben die "A380"in der Pandemie schon ausgemustert - doch ein paar Maschinen dürfen weiterfliegen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Der Donnerstag hätte eigentlich ganz anders ablaufen sollen. Die Fluggesellschaft Emirates hatte, wenn sie denn schon zum letzten Mal einen Airbus A380 im Hamburger Werk abholen würde, eine Feier geplant, einen Überführungsflug nach Dubai mit geladenen Gästen und einen angemessenen Empfang auf der Heimatbasis. Doch am Ende wird es eine Auslieferung sein wie fast alle anderen der 124, die Emirates und Airbus im Laufe der Jahre organisiert haben: Keine Gäste, keine Feier, die Corona-Pandemie lässt größere Zusammenkünfte wieder einmal nicht zu.

Es ist dann einfach vorbei. Zum wirklich allerletzten Mal erhält nicht nur Emirates eine A380. Mit der Übergabe wird die Produktion des größten Passagierflugzeugs der Welt endgültig eingestellt - 21 Jahre nach dem Programmstart, 16 Jahre nach dem Erstflug und absurd kurze 14 Jahre nach dem ersten Einsatz im Liniendienst auf der Strecke von Singapur nach Sydney.

Eine mit Blumen bedeckte "A380" im Miracle Garden in Dubai: Emirates setzt weiter auf den großen Langstreckenflieger. (Foto: Giuseppe Cacace/AFP)

Airbus hatte auch in den Boomjahren des Luftverkehrs nach der globalen Finanzkrise 2008/09 keine großen Aufträge mehr für das Flugzeug bekommen, abgesehen von Emirates. Die A380 war bald im Vergleich zur A350 und der Boeing 787 vor allem in Sachen Motoren technisch veraltet, sie hatte zu hohe Stückkosten, und die allermeisten Airlines scheuten das Risiko, je nach Auslegung zwischen 400 und 500 Sitzen auf jedem Flug füllen zu müssen. Für eine neue Version mit besseren Triebwerken kamen die nötigen Aufträge - Airbus kalkulierte mit rund 300 - bei Weitem nicht zusammen. Schon deutlich vor der Corona-Pandemie war das Produktionsende besiegelt.

Doch das bedeutet nicht, dass alle aktuellen A380-Kunden auch so schnell den Betrieb der Riesen-Jets aufgeben werden. Viele haben zwar ihre Flotten wegen der Pandemie ausgemustert und wollen sie nach Corona auch nicht mehr zurückholen. Doch es gibt immerhin ein paar Ausnahmen - Airlines, die die Maschinen wahrscheinlich noch bis weit nach dem Jahr 2030 weiterfliegen wollen.

Seit Programmstart hat Airbus 251 A380 gebaut und nun auch alle ausgeliefert. Emirates ist mit 123 Bestellungen mit weitem Abstand der größte Kunde. Singapore Airlines hat als zweitgrößter Betreiber 24 Flugzeuge gekauft, Lufthansa ist mit gerade einmal 14 Jets immer noch der drittwichtigste. Die größte deutsche Fluggesellschaft hat sich bereits entschieden, die A380 nicht mehr zu reaktivieren. Schon vor der Pandemie hatte der Konzern sieben der Maschinen bei Airbus sozusagen in Zahlung gegeben, als er zusätzliche Jets des kleineren A350-Modells bestellte. Damit war das Schicksal des 500-Sitzers im Grunde besiegelt, denn kleine Teilflotten von weniger als zehn Flugzeugen sind unrentabel: Für nur wenige Maschinen müssten Ersatzteile und speziell geschulte Techniker, Ingenieure und Piloten vorgehalten werden.

Der Jubel war groß, als Mitarbeiter das größte Passagierflugzeug der Welt am 18. Januar 2015 in Toulouse einweihten. (Foto: George Gobet/AFP)

Für Lufthansa ist das Ende der A380 ein ziemlich großer Strategieschwenk, den auch Konzernchef Carsten Spohr erst einmal innerlich vollziehen musste. Spohr war lange Zeit ein Verfechter der Idee, dass Lufthansa besonders große Langstreckenjets betreiben sollte, neben der A380 auch die Boeing 747-8. Nun wird die 747-8 das größte Flugzeug im Konzerns werden. Sie hat bei Lufthansa etwa 100 Sitze weniger als die A380. Doch den Großteil der Interkontinentalflotte werden künftig die A350 und die 787 ausmachen, die locker rund 200 Sitze weniger haben als die A380. Die Stückkosten sind dank neuer Triebwerke und Kohlefaserrumpf gleich oder sogar niedriger. Und weil das Angebot verknappt ist, kann die Airline auch noch höhere Preise erzielen. Eine einfache Rechnung. Zur gleichen Schlussfolgerung ist auch Air France gekommen. Ihre zehn A380 werden ebenfalls ausgemustert.

Es gibt ein paar Ausnahmen vor allem bei Airlines, die verstopfte Drehkreuze und Langstrecken mit besonders hoher Nachfrage betreiben. British Airways etwa will ihre zehn A380 weiterfliegen, am Mittwochvormittag waren zwei der Jets im Einsatz - auf dem Rückflug von Los Angeles und Miami nach London. Auch Singapore Airlines will zwölf der einst 24 Maschinen weiterfliegen. Von Januar an werden sie voraussichtlich auch wieder nach Frankfurt und weiter nach New York eingesetzt. Qatar Airways hat einige ihrer A380 wieder einsatzbereit gemacht. Qantas wird zehn von ehemals zwölf A380 auf der Kangaroo-Route über Singapur nach London und über den Pazifik nach Nordamerika einsetzen - gerade erst haben die Elbe-Flugzeugwerke in Dresden in einige der Jets eine neue Innenausstattung eingebaut. Und natürlich Emirates: Laut Flightradar24 waren am Mittwochvormittag 28 A380 der Fluglinie aus Dubai in der Luft, die meisten davon wie an einer Schnur aufgereiht auf dem Weg nach Europa, darunter Maschinen nach Düsseldorf, Hamburg, München und Frankfurt. Bis Ende des Jahres will Emirates 50 der Jets reaktiviert haben - vorausgesetzt, die pandemische Lage und die Nachfrage lassen es zu. Emirates-Airline-Chef Tim Clark glaubt, die A380 werde sich noch als sehr wertvoll erweisen, wenn der Luftverkehr nach der Pandemie wieder boomt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: