Air Berlin:US-Milliardär wird Hauptaktionär

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Die Fluggesellschaft Air Berlin bekommt einen neuen Hauptaktionär. Der russischstämmige US-Milliardär Leonard Blavatnik übernimmt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Anteile des Investors Vatas.

Jens Flottau und Martin Hesse

Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin bekommt einen neuen Hauptaktionär. Nach SZ-Informationen handelt es sich dabei um den russischstämmigen US-Milliardär Leonard Blavatnik. Demnach wird Blavatnik den 18,56 Prozent-Anteil übernehmen, den bislang der Finanzinvestor Vatas gehalten hat. Die Air-Berlin-Aktie legte um bis zu zehn Prozent zu, als der Ausstieg von Vatas bekannt wurde, und lag am Nachmittag noch mit knapp vier Prozent im Plus.

Bekommt einen neuen Hauptaktionär: Air-Berlin-Chef Joachim Hunold (Foto: Foto: dpa)

Ausstieg von Vatas eine "gute Nachricht"

Nach Informationen aus Finanzkreisen hält Blavatnik Air Berlin derzeit für unterbewertet und betrachtet den Einstieg als voraussichlich lohnende Investition. Die Air-Berlin-Aktie hat innerhalb des vergangenen Jahres fast zwei Drittel ihres Wertes verloren. In den vergangenen Monaten haben mehrere Gewinnwarnungen den Kurs belastet.

Der von US-Milliardär Robert Hersov kontrollierte Finanzinvestor Vatas äußerte sich nicht zu seinem Schritt. Hersov hatte Anfang April auch einen Anteil von mehr als 20 Prozent am Telekommunikationsunternehmen Freenet AG verkauft. In Branchenkreisen wird darüber spekuliert, dass Vatas wegen des hohen Kursverlustes der Air-Berlin-Aktie von der geldgebenden Bank zum Verkauf gezwungen worden sein könnte.

Zudem kursierten Gerüchte, dass Vatas dringenden Geldbedarf habe. Schließlich ist der Ausstieg für den Investor ein großes Verlustgeschäft: Vatas hat sich erst vor etwa drei Monaten bei Air Berlin eingekauft und hat den Anteil sogar noch schrittweise erhöht als die Aktie mit etwa 13 Euro gehandelt wurde. Gestern lag sie bei etwa 7,70 Euro. Geschäftsführer der Investmentgesellschaft ist Lars Windhorst, in den 90er Jahren gefeierter Jungunternehmer.

Für Air Berlin ist der Abschied von Vatas nach Ansicht von Unicredit-Analyst Uwe Weinreich eine "gute Nachricht." Schließlich seien die Absichten des auf eher kurzfristige Engagements ausgerichteten Investors eher undurchsichtig gewesen. Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler hingegen hält den Schritt für sich genommen nicht für ein positives Zeichen. Auffällig sei auch, dass Air Berlin selbst in einer Ad-hoc-Mitteilung auf den Eigentümerwechsel aufmerksam gemacht habe. "Air Berlin will eine bisschen Stimmung machen für die Aktie", vermutet Pieper.

Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes führt Blavatnik auf der Liste der reichsten Menschen auf Platz 113. Sein Vermögen wird auf etwa acht Milliarden US-Dollar geschätzt. Der 50-Jährige war 1978 im Alter von 21 Jahren aus Russland ausgewandert. Obwohl er völlig mittellos in den USA ankam, schaffte er es, einen Platz an der Eliteuniversität Harvard zu ergattern. 1986 gründete er seine Investmentfirma Access Industries. Sein Vermögen machte Blavatnik in der russischen Öl- und Gasindustrie sowie als Besitzer des niederländischen Chemiekonzerns Basell Holding.

Blavatnik ist gemeinsam mit den Oligarchen Michail Fridman und seinem Studienfreund Viktor Wechselberg am Ölkonzern TNK-BP beteiligt, der etwa 20 Prozent der russischen Ölreserven kontrolliert. TNK-BP ist einer der wenigen russischen Energiekonzerne ohne staatlichen Anteilseigner. Blavatnik steuert aber womöglich auf einen Konflikt mit der russischen Regierung zu, die angeblich an einem Einstieg bei dem Unternehmen interessiert ist. Blavatnik und seine Kollegen gaben erst vor wenigen Wochen zu Protokoll, ihre Anteile nicht an den Staat verkaufen zu wollen.

© SZ vom 05.04.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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