Air Berlin und Etihad:Lass uns Partner bleiben

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Es sollte eine stabile Beziehung werden, nun gibt es Probleme. Die Airline Etihad hat die Schwierigkeiten bei ihrer deutschen Tochter Air Berlin unterschätzt. Auch deren Chef Hartmut Mehdorn gerät unter Druck.

Jens Flottau, Frankfurt

Es sollte ein anrührendes Bild sein. Im Hintergrund die Leitwerke in den Farben der beiden Fluggesellschaften Air Berlin und ihrem neuen Anteilseigner Etihad Airways. Und im Vordergrund die beiden Vorstandschefs Hartmut Mehdorn und James Hogan, die sich ganz besonders fest die Hände drückten und auf die Schultern klopften. Und Hogan ließ es sich nicht nehmen, zu betonen, wie sehr man sich im Laufe der Verhandlungen schätzen gelernt habe, geschäftlich und auch menschlich.

Hartmut Mehdorn, Chef von Air Berlin, und James Hogan von Etihad Airways auf einer Pressekonferenz im Dezember. Hier demonstrieren sie Einigkeit. Aber: Eine Welt? Die Airline aus Abu Dhabi hat die Probleme bei ihrer deutschen Tochter Air Berlin unterschätzt. (Foto: Getty Images)

All dies ist gerade einmal gut neun Monate her und doch wirkt es, als läge das Treffen Ewigkeiten zurück. Denn vor etwa zwei Wochen hat es bei der jüngsten Verwaltungsratssitzung nach SZ-Informationen eine Art Beinahe-Eklat gegeben.

Die beiden Etihad-Vertreter Hogan und sein Finanzchef James Rigney waren Insidern zufolge sichtlich erzürnt über die schlechten Zahlen, die Air Berlin im ersten Halbjahr abgeliefert hat. Darüber hinaus hatten sie nicht damit gerechnet, dass die deutsche Tochtergesellschaft einen Etihad-Kredit schon fast ganz gezogen hat. Einem Magazin-Bericht zufolge plant Etihad nun sogar schon die Ablösung Mehdorns.

Rettung in höchster Not

Die Fluggesellschaft aus Abu Dhabi, die einem staatlichen Investmentvehikel gehört, war Ende 2011 mit 29 Prozent bei Air Berlin eingestiegen. Die Aktion war für die finanziell stark angeschlagene Air Berlin quasi die Rettung in höchster Not. Viele Beobachter rechneten schon damit, dass es die Airline nicht alleine über den Winter schaffen würde. Etihad wurde größter Einzelaktionär.

Darüber hinaus gewährte sie Air Berlin einen Kredit von 255 Millionen Dollar. Doch im ersten Halbjahr war der Netto-Verlust trotz Sparprogramm um drei Prozent auf 169 Millionen Euro gestiegen, obwohl sich der operative Verlust um 19 Prozent auf 178 Millionen Euro verkleinert hatte. Die Eigenkapitalquote lag bei beängstigenden vier Prozent.

Dem Vernehmen nach richtet sich der Ärger nicht nur auf das Air-Berlin-Management, sondern auch auf den Rest des Verwaltungsrates, vor allem Chefaufseher Hans-Joachim Körber. In Branchenkreisen heißt es, Hogan sei unzufrieden damit, dass das Gremium nicht härter durchgreife und die Sanierung nicht schneller angehe. Der Vorgang zeigt, dass Etihad ganz offensichtlich nicht genau wusste, worauf man sich bei Air Berlin eingelassen hat.

Einen Rauswurf Mehdorns kann Etihad alleine vordergründig gar nicht durchsetzen. Denn mit den 29 Prozent besetzt die Airline nur zwei von elf Posten im Verwaltungsrat. Und offiziell weist Hogan solche Überlegungen auch weit von sich: "Üblicherweise kommentieren wir Gerüchte oder Spekulationen nicht, dieses wiederum finden wir extrem skurril und unverantwortlich", so Hogan.

"Etihad Airways und Air Berlin haben eine sehr starke Partnerschaft, die bereits erste positive Fortschritte zeigt. Beide Fluggesellschaften sind absolut von einem langfristigen Erfolg überzeugt." Ein Air Berlin-Sprecher sagte, der Bericht entbehre jeder Grundlage und sei deswegen "Unsinn".

Ein Druckmittel könnte Hogan einsetzen, wenn er trotz der offiziellen Machtverhältnisse im Board doch einen Führungswechsel erzwingen wollte. Von den 255 Millionen Dollar, die Etihad Air Berlin hochverzinst geliehen hat, sind schon 200 Millionen angefordert. Sowohl Mehdorn als auch sein Finanzchef Ulf Hüttmeyer haben zuletzt betont, sie würden bis zum Jahresende nicht noch einmal bei Etihad nach frischem Geld fragen. Doch manch Insider geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein neuer Kredit in mindestens der gleichen Höhe nötig sein wird. Denn der nächste - immer aufkommensschwache und somit Verluste verursachende - Winter kommt bestimmt.

Hogan muss liefern

Die Lage ist aber nicht nur für Mehdorn, Körber und ihre Air Berlin unbequem, auch Hogan steht unter Druck. Er hat sich von seinen Geldgebern einen rasanten Wachstumskurs genehmigen lassen und kauft derzeit in atemberaubendem Tempo weltweit Beteiligungen ein - an Air Berlin, Aer Lingus, Virgin Australia oder Air Seychelles. Vor allem in Europa und Australien will Hogan damit Zubringerverkehr für die Etihad-Langstrecken organisieren. Viele Experten bezweifeln, dass diese Strategie annähernd so viel bringt wie erhofft. Hogan aber muss über kurz oder lang liefern, koste es, was es wolle.

Der 70-jährige ehemalige Bahn-Chef Mehdorn hat einen Vertrag bis Ende 2013. Derzeit sucht der Verwaltungsrat dem Vernehmen nach nicht aktiv einen Nachfolger. Und Mehdorn selbst kann sich, vorläufig, ganz auf Air Berlin konzentrieren: "Ich kaufe mir keinen Anzug, kein Hemd und keine Schuhe - die kauft meine Frau", sagte er dem RBB-Fernsehen. "Sie legt mir die Krawatte hin, das Hemd und den Anzug."

© SZ vom 24.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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