Air Berlin:Kunden werden Gläubiger

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Nicht alle Kunden, die Flüge mit Air Berlin gebucht haben, können auf Rückzahlungen hoffen. (Foto: dpa)

Wenn Air Berlin Strecken streichen muss, sind die Passagiere unterschiedlich gut geschützt. Wer direkt bei Air Berlin gebucht hat, hat schlechte Karten.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Dass die Fluggesellschaft Air Berlin vom Markt verschwinden wird, ist fast schon ausgemachte Sache. Doch viele Branchenkenner befürchten, dass der Übergang alles andere als geordnet vonstatten gehen und sich Air Berlin schon bald gezwungen sehen könnte, Strecken aus finanziellen Gründen zu streichen oder Teile der Flotte stillzulegen. Die Passagiere wären in diesem Fall unterschiedlich gut geschützt.

Air-Berlin-Kunden, die vor der Insolvenz direkt bei der Airline gebucht haben, haben im Fall der Fälle die schlechtesten Karten. Denn sie werden bei einem Flugausfall zwar zu Gläubigern, aber sie würden voraussichtlich nur einen geringen Teil ihres Geldes wiederbekommen, voraussichtlich im einstelligen Prozentbereich. Die Rückzahlungen würden sich an der Insolvenzquote orientieren, und die ist in der Regel "extrem niedrig", so Werner Meier, Leiter der deutschen Restrukturierungspraxis der Anwaltskanzlei Simmons & Simmons. Außerdem müssen sie sich in jedem Fall darum kümmern, wie sie alternativ an ihr Flugziel kommen und bei einer anderen Fluggesellschaft neue Tickets kaufen. Es gibt mittlerweile Forderungen, den Insolvenzschutz von Flugpassagieren deutlich zu erhöhen.

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Besser erginge es Passagieren, die ihren Urlaub vor der Insolvenz über einen Reiseveranstalter gebucht haben. Denn der steht ihnen gegenüber in der Pflicht und muss ihnen im Zweifel das Geld für den Flug zurückzahlen, wenn dieser nicht stattfindet. Der Reiseveranstalter muss sich alternativ um neue Flüge kümmern, wenn die Passagiere darauf bestehen.

Jetzt noch über Air Berlin buchen?

Ganz kompliziert wird es für Kunden, die Air Berlin weiterhin auch trotz Insolvenz buchen und darauf setzen, dass alle Flüge stattfinden. Für diese ist ein sogenanntes Anderkonto eingerichtet worden, auf dem die Umsätze aller seit dem 15. August eingegangenen Buchungen landen. "Ohne das Anderkonto würde das Geld in die Insolvenzmasse fließen," so Meier. Damit wären die Passagiere genauso schlecht geschützt, wie diejenigen, die vor der Pleite direkt gebucht haben.

Mit dem Anderkonto soll zweierlei erreicht werden: Das Vertrauen der Kunden soll gestärkt werden, außerdem sichert sich das Air-Berlin-Management auf diese Weise gegen mögliche Schadenersatzansprüche ab, sollten Flüge nicht stattfinden. Die Sache hat allerdings einen Haken: Weil Air Berlin erst dann Zugriff auf das Geld hat, wenn die Flüge auch tatsächlich stattfinden, verschärft die Regelung die Cashflow-Lage des Unternehmens, denn das Geld für die Vorausbuchungen für Flüge, die erst in einigen Wochen stattfinden, bleibt vorerst außer Reichweite. Und auch aus Kundensicht gibt es eine Einschränkung: "Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf das Anderkonto, man kann sich also streng genommen nicht komplett darauf verlassen", so Meier.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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