Agrarkonzern Monsanto:Das patentierte Schnitzel

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Der US-Agrarkonzern Monsanto versucht, die Herstellung von Lebensmitteln unter seine Kontrolle zu bringen - mit der Neuerfindung des Schweins.

Silvia Liebrich

Das umstrittene Patent auf die Züchtung von Schweinen ist erst seit einigen Tagen vom Tisch, und viele Landwirte dürften erleichtert aufgeatmet haben. Möglicherweise zu früh, wie sich nun herausstellt. Denn der US-Agrarkonzern Monsanto hatte bereits seinen nächsten Versuch gestartet, um Landwirte und Verbraucher mit Patenten in der Schweinemast zur Kasse zu bitten. Nach Recherchen von Greenpeace und weiteren Organisationen will der Konzern das Fleisch von Schweinen, die mit gentechnisch veränderten Futterpflanzen von Monsanto gefüttert wurden, als Erfindung für sich beanspruchen.

Der Agrarkonzern Monsanto will das Schwein neu erfinden - und sich bestimmte Schinken und Schnitzel patentieren lassen. (Foto: Archivfoto: dpa)

Monsanto hat offenbar bereits im vergangenen Jahr bei der Weltpatentbehörde in Genf Lizenzansprüche auf Schinken und Schnitzel angemeldet. "Dahinter steckt das strategische Interesse, die gesamte Kette in der Lebensmittelproduktion unter Kontrolle zu bringen", sagte Greenpeace-Gentechnikexperte Christoph Then der Süddeutschen Zeitung. "Das ist ein Missbrauch des Patentrechtes. Schnitzel und Schinken sind keine Erfindung", behauptet er.

Vom Saatgut bis zum Schweinebraten

Greenpeace sowie 300 Umwelt- und Landwirtschaftsorganisationen forderten am Dienstag ein grundsätzliches Verbot der Patentierung von Pflanzen, Tieren und Lebensmitteln. "Die Politik muss hier eine Grenze ziehen", findet Then. Monsanto bestätigte zwei Anträge auf Anfrage der SZ.

Würde ein solches Patent erteilt, so wäre dies nach Einschätzung von Greenpeace ein Dammbruch. Damit werde erstmals der Weg für Lizenzansprüche freigemacht, die sich vom Saatgut einer Pflanze über das Tier bis hin zu Würstchen und Schweinebraten erstrecken könnten.

Monsanto reklamiert Greenpeace zufolge in dem Patentantrag für sich, dass die Verfütterung einer hauseigenen Gen-Soja-Sorte zu einer erhöhten Konzentration von ungesättigten Fettsäuren im Schwein führt. "Daher wären die entsprechenden Fleisch- und Wurst-Produkte eine exklusive Erfindung des Konzerns", ergänzt Then.

Geschäftsmodell Lebensmittel-Patent

Offenbar konzentrieren sich die Bemühungen Monsantos nicht nur auf die Schweinezucht. Im März 2010 folgte laut Greenpeace ein weiterer Antrag auf Fische aus Aqua-Kulturen, in dem der weltweit größte Agrarkonzern alle Fischprodukte für sich beansprucht, die mit Gen-Futterpflanzen von Monsanto hergestellt werden. Die so gefütterten Fische sollen einen höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren enthalten, denen unter anderem nachgesagt wird, dass sich damit das Risiko von Herzkrankheiten reduzieren lässt. Lebensmittelhersteller versprechen sich davon ein Milliardengeschäft.

Nicht nur Monsanto, sondern auch der Schweizer Konzern Syngenta und die deutschen Firmen BASF und Bayer sowie andere Züchter sichern mit Patenten den Zugang zum lukrativen Lebensmittelmarkt. Allein zwischen 2007 und 2009 hat sich die Zahl der Anmeldungen auf normale Pflanzen und Saatgut verdoppelt.

Das Geschäftsmodell hinter dem neuen Schweinepatent von Monsanto gilt als besonders lukrativ, weil der Patentinhaber wählen könnte, auf welcher Verarbeitungsstufe er Lizenzgebühren verlangt. Die dabei anfallenden Mehrkosten dürften vor allem an den Konsumenten hängen bleiben. Aber auch Landwirte, Züchter und Lebensmittelhersteller sind betroffen.

Verstößt Monsanto gegen US-Patentrecht?

Wissenschaftler monieren seit längerem die negativen Auswirkungen der wachsenden Zahl von Patenten im Agrarsektor. Dies führe zu Marktmonopolen, steigenden Preisen und einer starken Abhängigkeit von Großkonzernen, stellen sie fest. Eine Entwicklung, die inzwischen auch die amerikanische Justiz beschäftigt.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg prüfen amerikanische Staatsanwälte derzeit, ob Monsanto gegen Kartellrecht verstößt. Dem Unternehmen wird demnach vorgeworfen, durch Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung die Preise für Saatgut und Spritzmittel nach oben getrieben zu haben. Hierzu äußerte sich Monsanto zunächst nicht.

Ob das Patent tatsächlich erteilt wird, lässt sich schwer abschätzen, ein ähnliches, das von der Sojabohne bis zum daraus hergestellten Salatöl reicht, wurde bereits bewilligt. Sollte der Antrag von Monsanto Erfolg haben, wäre es Sache der einzelnen Länder, etwa des Europäischen Patentamtes, ein Patent zu vergeben. Dies kann zwei bis drei Jahre dauern. Auch um das gerade zurückgezogene Schweinepatent wurde lange gerungen. Zwei Jahre nach der Erteilung hat der neue Eigentümer des Patents, das von Monsanto entwickelt worden war, jedoch überraschend auf die Lizenz verzichtet, ohne die Gründe zu nennen.

© SZ vom 28.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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