Agrarindustrie auf der Grünen Woche:Kampfparolen und Misstrauen

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Grüne wollen weniger Privilegien für Masställe

Lebensmittelindustrie und Umweltverbände liegen im Clinch.

(Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Bauernpräsident Rukwied behauptet, Massentierhaltung gebe es nicht - und erntet Hohngelächter. Die Fronten zwischen Ernährungswirtschaft und Konsumenten sind verhärtet. Daran ist vor allem die Branche selbst schuld.

Ein Kommentar von Silvia Liebrich

Bauernpräsident Joachim Rukwied ist sauer. Deutsche Landwirte stehen unter Beschuss von Umwelt-, Tier- und Verbraucherschützern. Immer lauter wird ihre Kritik an den Methoden der modernen Landwirtschaft, deren negative Folgen kaum zu übersehen sind. Dazu gehören der Missbrauch von Antibiotika in Ställen, überdüngte Böden und Monokulturen.

Doch Begriffe wie Agrarindustrie und Massentierhaltung sind für Rukwied einfach nur Kampfparolen, durch die er rechtschaffene Landwirte diffamiert sieht. Er werde das nicht tolerieren, schimpft er kurz vor Beginn der Grünen Woche in Berlin bei einer Pressekonferenz. Harte Worte. Dann fügt er noch hinzu: "Massentierhaltung gibt es nicht." Ein Satz, der bei den meisten Zuhörern im Saal verständnisloses Kopfschütteln oder gar Hohngelächter auslöst.

Aber nicht nur der Bauernpräsident fühlt sich unverstanden. Auch die Vertreter der Lebensmittelwirtschaft (BVE) klagen über ein wachsendes Misstrauen bei Verbrauchern gegenüber industriell hergestellten Lebensmitteln und ein "mangelndes Verständnis" für deren Produktionsprozesse.

Solche Aussagen machen deutlich, wie fremd sich Verbraucher und die gesamte Ernährungswirtschaft in den vergangenen Jahren geworden sind. Die Fronten sind verhärtet. Und daran sind nicht in erster Linie die Konsumenten oder kritische Umweltverbände schuld, sondern Bauern- und Lebensmittelverbände selbst. Kaum eine Branche ist so intransparent.

Große Mastanlagen und Schlachthöfe werden mit Zäunen und Stacheldraht vor neugierigen Blicken geschützt. Wie viel und welche Medikamente eingesetzt werden, weiß noch nicht einmal der Landwirtschaftsminister. Produktionsverfahren und Rezepturen für verarbeitete Nahrungsmittel fallen unter das Geschäftsgeheimnis. Auf der anderen Seite gaukelt eine milliardenteure Marketingmaschinerie Konsumenten eine heile Welt vor, die es nicht gibt und so auch nie gab.

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