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Agrar - Stuttgart:Nach wie vor filmen nicht alle größeren Schlachthöfe

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Stuttgart (dpa/lsw) - Die meisten größeren Schlachthöfe in Baden-Württemberg filmen zwar mittlerweile die Abläufe, um Mitarbeiter beim Betäuben und Töten der Tiere besser kontrollieren zu können. Nach wie vor besitzen aber auch nicht alle größeren Betriebe eine Videoüberwachung. Nach Zahlen des Agrarministeriums haben im Land 30 von 36 Schlachthöfen eine Anlage an den für den Tierschutz relevanten Stellen installiert. Zwei bereiteten eine Videoüberwachung vor, vier Betreiber wollten die Kameras nicht in ihrem Betrieb, wie aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Landtags-SPD hervorgeht. Die Überwachung erfolgt bislang auf freiwilliger Basis.

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unter Peter Hauk (CDU) geht davon aus, auch in diesen Fällen ohne Videoüberwachung ein hohes Niveau für den Tierschutz sicherstellen zu können; sofern die Abläufe durch Tierschutzbeauftragte des Schlachtunternehmens intensiv überwacht würden und amtliche Kontrolleure im Einsatz seien. Bei Fragen zu Videoüberwachungssystemen in kleineren Schlachtanlagen hat das Ministerium bislang stets an die Eigenverantwortung etwa von selbst schlachtenden Metzgern appelliert. Bei vielen kleinen Schlachtanlagen werde nur ein- bis zweimal pro Woche geschlachtet.

Eine Ministeriumssprecherin betonte am Samstag, wegen des Datenschutzes könnten Betreiber rechtlich bisher nicht zu einer Videoüberwachung in Schlachthöfen verpflichtet werden. "Baden-Württemberg fordert dazu seit langem eine Änderung auf Bundesebene", sagte sie. "Da diese noch immer nicht umgesetzt ist, konnten wir uns mit dem Landesdatenschutzbeauftragten zumindest auf eine freiwillige Überwachung einigen."

Der oppositionellen SPD ist das Thema dennoch ein Dorn im Auge: "Hauks freiwillige Videoüberwachung in den Schlachtstätten des Landes ist ein zahnloser Tiger", sagte Jonas Weber, der tierschutzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Insgesamt gebe es im Land über 800 Schlachtstätten, aber lediglich in 3,5 Prozent der Betriebe gebe es eine Videoüberwachung. "Und dort, wo die Methode eingesetzt wird, bringt sie nicht zwangsläufig etwas", kritisierte Weber. Das habe der Fall in einem Schlachtbetrieb in Backnang gezeigt.

Nach mehreren Schlachthof-Skandalen in der Vergangenheit im Südwesten war Hauk unter Druck geraten. Im August hatten verdeckte Aufnahmen aus einem Schlachthof in Backnang für Unruhe in der bereits skandalgeplagten Fleischindustrie gesorgt. "Die Aufnahmen dokumentieren mögliche Unregelmäßigkeiten beim Zutrieb von Rindern sowie bei der Betäubung einzelner Tiere", hatte der Betrieb mitgeteilt. Die Bilder sollen heimlich von der Tierrechtsorganisation "Soko Tierschutz" aufgenommen worden sein.

© dpa-infocom, dpa:221008-99-51483/3

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