Agrar - München:Erfrorene Traubenansätze: Frostschäden in Weinbergen

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Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) nimmt an einer Kabinettssitzung teil. Foto: Peter Kneffel/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Volkach (dpa/lby) - Erfrorene Traubenansätze, braune Weinblätter: Die Nachtfröste Mitte Mai haben in Frankens Weinbergen auf mehr als der Hälfte der Anbaufläche deutliche Spuren hinterlassen. "Etwa 60 Prozent der Fläche sind geschädigt, und wir gehen von 30 Prozent Ertragsverlust insgesamt aus", sagte Agraringenieur Georg Bätz von der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Nach Worten des Leiters des Instituts für Weinbau und Oenologie sind mancherorts die Blätter an den Stöcken lediglich leicht braun verfärbt. Andernorts seien hingegen ganze Triebe erfroren - beispielsweise an der Mainschleife bei Volkach und Nordheim am Main (Landkreis Kitzingen).

"Wir wissen nicht, was noch nachtreibt. Wir wissen nicht, wie das Jahr wird, ob ein Trockenjahr kommt und es die Situation noch verschlimmert", sagte Bätz. Aufzeichnungen der landeseigenen Forschungseinrichtung mit Sitz in Veitshöchheim bei Würzburg seit 1968 bestätigten ein immer früheres Austreiben der Reben - Spätfröste bis Mitte Mai seien allerdings weiter keine Seltenheit und setzten den dann schon gut entwickelten Pflanzen zu.

Die LWG testet seit Jahren Schutzmethoden. "Ein Universalmittel gibt es leider nicht", sagte Bätz. Für einige Rebflächen könnten sich Systeme lohnen, die die Stöcke bei Trockenheit bewässerten und bei Frost in eine Art schützenden Eispanzer hüllten. "Das ist eine feste Installation, die man auf 20 Jahre abschreiben muss." Das Wasser komme im Idealfall aus einem großen Zwischenspeicher oberhalb des Weinbergs, der im Winter und Frühjahr gefüllt werde. "Aus dem Main kann ich nicht ohne weiteres Wasser entnehmen."

Bevor die Temperatur unter null Grad sinkt, müssen die Reben mit Wasser besprüht werden (Frostschutzberegnung). Der Eismantel sorge dafür, dass das Pflanzeninnere nicht gefriere, erklärte Bätz. Für solche Bewässerungssysteme sollten sich Winzer am besten zusammenschließen - das Land fördere die Anlagen.

Andernorts könnten Paraffin-Kerzen, Heizdraht, Windräder oder auch ein Hubschrauber für Wärme sorgen. Der sei zwar effektiv, dürfe nachts wegen Lärmbelästigung aber nicht fliegen - und dass, obwohl es auch schon unmittelbar in den Stunden nach Mitternacht friere. Die Kerzenmethode helfe, aber: "Die Kosten sind ziemlich hoch", sagte Bätz und sprach von 2000 bis 2500 Euro pro Hektar.

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sagte am Dienstag nach einem Besuch in den Weinbergen: "Aktuell können wir nicht mit Geld Abhilfe verschaffen." Allerdings wolle Bayern vom nächsten Jahr an Obstbauern und Winzer finanziell beim Abschluss einer Versicherung gegen Frost und Starkregen unterstützen. Von 2021 an sollen jährlich 1,5 Millionen Euro fließen, damit Wein- und Obstbauern die teils kostenintensiven Versicherungen gegen Ernteausfall abschließen können.

"Wir bekommen immer mehr Hagel und Starkniederschläge", sagte Weinbaupräsident Artur Steinmann. Hinzu komme wohl heuer ein drittes Trockenjahr in Folge. Er appellierte an die Ministerin, gemeinsam eine langfristige Strategie zu entwickeln, um dem Klimawandel zu begegnen.

Wie Artur Baumann vom Weinbauring Franken, einer Art Selbsthilfeorganisation der Winzer, sagte, traf der Frost die Winzer nach 2011 und 2017 heuer besonders hart, weil es kurz zuvor bis zu 25 Liter pro Quadratmeter geregnet habe. Daher hätten schon Temperaturen von minus 0,5 Grad Schäden hinterlassen, bei Trockenheit könnten die Stöcke auch minus 2,5 Grad verkraften. Er bezifferte den erwarteten Ertragsverlust in diesem Jahr frankenweit sogar auf etwa 50 Prozent. "Ohne Trauben kein Wein, und ohne Wein keine Vermarktung. Dann geht es an die Existenz", sagte Baumann.

Der Klimawandel treibt nach Angaben der Münchener & Magdeburger Agrar AG immer mehr Winzer zu den Versicherern. "Traditionell sind Winzer eher gegen Hagel versichert, etwas weniger als die Hälfte unserer Weinkunden ist auch gegen Frost versichert", sagte Sprecherin Isabell Cross.

Bayernweit ist die Rebfläche rund 6400 Hektar groß. Auf Franken entfallen davon etwa 6300 Hektar, die Millionen Weintouristen anziehen. Nach einer Studie der Hochschule Geisenheim (Hessen) geben sie jährlich etwa 700 Millionen Euro in Franken aus.

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