Forschung:Wie Deutschland technologisch wieder an die Spitze will

TU Chemnitz treibt Brennstoffzellen-Forschung voran

Brennzellen-Forschung an der TU Chemnitz: Die bundeseigene Agentur für Innovationen soll sich darum kümmern, dass in Deutschland insgesamt mehr geforscht wird.

(Foto: Jan Woitas, dpa)
  • Die neu gegründete "Agentur für Sprunginnovationen" soll künftig bahnbrechende Erfindungen fördern - mit einer Milliarde Euro.
  • In Frage kommt prinzipiell alles, von der Digitalisierung über künstliche Intelligenz bis hin zu Chemie, Medizin oder Maschinenbau. Einziges Kriterium: Es muss neu sein, richtig neu.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Was Rafael Laguna de la Vera nicht schon alles gemacht hat. Mit 16 schrieb er seine erste Software, mit 20 betrieb er ein Kino im Sauerland, mit 31 verkaufte er sein erstes Unternehmen in die USA. Später stieg er als Investor in Firmen ein und wieder aus, gründete zusammen mit anderen den Software-Anbieter OpenXchange, dessen Chef er bis heute ist. Und jetzt das.

"Ich muss erst einmal entröten", sagt Laguna. Gerade ist er öffentlich in höchsten Tönen gelobt worden, gleich zwei Bundesminister erklärten ausführlich, warum er der richtige Mann für eine wichtige Aufgabe sei. Laguna, 55, soll der deutschen Wirtschaft an die Weltspitze verhelfen, und zwar mit sensationellen, weltverändernden neuen Produkten. Die Sache ist, dass diese Produkte noch keiner kennt. Das genau ist ja auch der Sinn der Sache.

Seit diesem Mittwoch steht fest, dass Laguna Chef der bundeseigenen "Agentur für Sprunginnovationen" wird. Eine Gründungskommission hatte sich gut vier Monate damit beschäftigt, wie die Agentur aussehen soll und wer sie leiten soll. Von 21 Kandidaten blieb am Ende Laguna übrig; anfangs war er sogar selbst Mitglied der Gründungskommission.

Die Agentur ist für sich schon eine Innovation: Ausgestattet mit rund einer Milliarde Euro für die nächsten zehn Jahre und bis zu 50 Mitarbeitern soll sie ausloten, welche Innovationen in deutschen Laboren zu verkümmern drohen. Sie soll eigene kleine Firmen gründen, in denen dann nach Möglichkeit das nächste große Ding heranwächst. Anja Karliczek, die Forschungsministerin von der CDU, sagt es so: "Eine Aufgabe wird es sein, das Gras wachsen zu hören." Laguna bringe da den "Blick über den Tellerrand mit, den wir brauchen". Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht das ähnlich. Gezielt Innovationen zu fördern, "das ist etwas, was Herr Laguna in vorbildlicher Weise leisten kann". Die Erwartungen sind groß.

Allerdings ähnelt Lagunas Mission der eines Seefahrers, der ohne Seekarte neue Kontinente entdecken will, eine Art Christoph Kolumbus der Innovation. In Frage kommt prinzipiell alles, von der Digitalisierung über künstliche Intelligenz bis hin zu Chemie, Medizin oder Maschinenbau. Einziges Kriterium: Es muss ganz neu sein, richtig neu. Bisher, sagt Forschungsministerin Karliczek, habe sich die deutsche Wirtschaft immer evolutionär entwickelt, also Bestehendes weiterentwickelt. "Das reicht nicht mehr." Obendrein seien in Deutschland häufig zwar Innovationen entstanden - das Geschäft aber hätten andere gemacht. Die Agentur sei aber nun eine "ganz neue Herangehensweise".

"Ich bin in tiefem Herzen Pazifist", versichert Laguna

Vorbild für den deutschen Laborversuch ist die amerikanische Forschungsagentur Darpa. Gegründet schon 1958, sollte sie den USA helfen, den Schock der sowjetischen Sputnik-Mission zum Mond zu verdauen. Seither sucht die Darpa nach neuen Ideen, die sie mit staatlichen Geldgebern unterstützen kann; wenngleich nicht selten mit militärischem Hintergrund. "Ich bin in tiefem Herzen Pazifist", versichert Laguna da eilig.

In den nächsten Monaten soll nun die Struktur der Agentur entstehen, auch der Standort ist noch nicht klar. Geht es nach der Gründungskommission, soll die Agentur zunächst in der Forscherwelt auf sich aufmerksam machen, etwa durch Wettbewerbe. Viele Forscher wüssten gar nicht, welche Juwelen sie entwickelt hätten, sagt Birgitta Wolff, Präsidentin der Frankfurter Goethe-Universität und selbst Mitglied der Kommission. "Die denken nicht in Verwertungsdimensionen." Dies könne künftig die Agentur übernehmen.

Dazu soll sie Projekt-GmbHs gründen, in denen Ideen maximal fünf Jahre lang fortentwickelt werden. Sie soll Kontakte zu Forschungseinrichtungen und in die Wirtschaft herstellen und Mittel für die weitere Forschung zuschießen. Entscheidend sei die richtige Umgebung, sagt Laguna. Da spreche er ganz aus Erfahrung.

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