Investitionen:Auf nach Afrika

Investitionen: Zu selten besuchen Deutsche den großen afrikanischen Kontinent: Robert Habeck in einem Museum in Johannesburg.

Zu selten besuchen Deutsche den großen afrikanischen Kontinent: Robert Habeck in einem Museum in Johannesburg.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Viele deutsche Unternehmen machen einen großen Bogen um den Nachbarkontinent - und verkennen die Dynamik in vielen seiner Länder. Das könnte sich rächen.

Kommentar von Michael Bauchmüller

Es ist nicht das Afrika aus den Nachrichten, das Robert Habeck dieser Tage besucht hat. Der deutsche Wirtschaftsminister war nicht im Kontinent der Krisen, Katastrophen und Hungersnöte, sondern in einem voller Aufbruch und Dynamik. Die meisten deutschen Unternehmen aber schauen staunend zu. Was für ein Fehler.

Rein ökonomisch gesehen liegt Afrika für weite Teile der deutschen Wirtschaft auf einem anderen Planeten. Weit weniger als ein Prozent ihrer Direktinvestitionen steuerten sie im vergangenen Jahr in die Länder südlich der Sahara, der Handel mit dem Kontinent ist ein Fall für Mikroskope. Wenn überhaupt Firmen sich hierher wagen, dann ins ölreiche Nigeria oder nach Südafrika. Der Rest Afrikas ist für deutsche Unternehmen Terra incognita.

Damit allerdings verpassen sie einiges. Länder wie Ruanda, Kenia, der Senegal oder auch Namibia legen gerade eine rasante Entwicklung hin. Im Norden Afrikas beweisen Tunesien und Marokko, dass sie nicht nur gut Fußball spielen. Eine afrikanische Freihandelszone ist im Werden, die den lange darbenden innerafrikanischen Handel beflügeln könnte. Doch das Bild von Afrika, das deutsche Medien transportieren, ist immer noch geprägt von Armut, Unterernährung, Naturkatastrophen. Junge Afrikanerinnen und Afrikaner, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, sieht man im deutschen Fernsehen selten. Das trübt leider auch den Blick vieler Firmen.

Wo die Großen fehlen, macht sich auch der Mittelstand rar

Die Folgen sind fatal. Von den großen deutschen Konzernen fehlt in den meisten Staaten Afrikas jede Spur. Und wo die Großen fehlen, macht sich auch der Mittelstand rar. Schwerer noch wiegt die Abwesenheit deutscher Banken. Ihnen ist das Geschäft in Afrika vielfach zu heiß. Weil sie aber selbst nicht vor Ort sind, können sie sich kein Bild von der Lage machen. Stattdessen agieren sie, eingeengt von allen möglichen Vorschriften, übervorsichtig. Nicht anders die deutsche Exportfinanzierung: Auch die öffentliche Hand führt viele der afrikanischen Staaten bislang auf Ramschniveau. Das hemmt jedes Geschäft und lässt die Banken noch vorsichtiger agieren.

Dabei kursiert schon seit Jahren in verschiedenen Bundesregierungen das Wort vom "Chancenkontinent". Unter deutscher Präsidentschaft schloss der Industrie- und Schwellenländerzirkel G20 einen "Compact with Africa", um die wirtschaftlichen Beziehungen zu festigen. Doch die Zahlen sprechen, jedenfalls was Deutschland angeht, leider eine andere Sprache. Vielen gilt Afrika immer noch, ganz in der Tradition des Kolonialismus, allenfalls als willkommener Lieferant von Rohstoffen, seien es Mineralien, Batterie-Rohstoffe, Öl und Gas oder, neuerdings, grüner Wasserstoff. Dass der Kontinent keine Einheit ist, sondern aus vielen einzelnen Ländern mit ganz eigenen Chancen und Entwicklungen besteht, geht dabei unter.

Wer zuhause bleibt, wird Chancen verpassen

Wo deutsche Unternehmen die Risiken scheuen, kommen andere. Längst macht sich China breit auf dem Kontinent - jene Wirtschaftsmacht, von der sich auch Habeck stärker unabhängig machen will; und das auch durch mehr Engagement in afrikanischen Staaten. Doch viele der Länder werden auf Deutschland nicht warten. Ihre Dynamik ist jetzt. Sie werden verstärkt in die Veredelung von Rohstoffen einsteigen wollen, und mit ihrer Wirtschaft wächst auch das Bedürfnis nach Produkten und Dienstleistungen. Je leichter der Handel zwischen den afrikanischen Staaten wird, desto interessanter werden sie für Investitionen aus aller Welt. Doch viele deutsche Firmen stehen noch nicht einmal in den Startlöchern. Zu lange haben sie den Kontinent vor der eigenen Haustür keines Blickes gewürdigt.

Politik kann einiges tun, um mehr Firmen für Afrika zu interessieren, aber das ist nicht alles. Letztendlich verstellt auch ein überkommenes Bild vom "schwarzen Kontinent" den Blick auf die Entwicklungen dort. Ja, es gibt in vielen Ländern immer noch korrupte Regime, mit denen man lieber keinen Handel treibt. Ja, einige Staaten Afrikas sind weiterhin auf Hilfen zum blanken Überleben angewiesen, in anderen herrscht Krieg. Aber jenseits davon gibt es viele Länder, die richtig gute Partner sein können, mit der Betonung auf Partner. Man muss sich dahin aufmachen, um es zu erkennen.

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