Afrika-Fonds:Warten auf den Afrika-Fonds

Exporteure und Investoren verlangen mehr Unterstützung und finanzielle Absicherung durch die Bundesregierung, um Investitionen in Afrika zu erleichtern und Geschäfte voranzutreiben.

Von Marcel Grzanna

An der Liste klangvoller Bezeichnungen sollte es nun wahrlich nicht scheitern. Compact with Africa (CwA), Marshall-Plan mit Afrika, Pro!Afrika-Initiative - das wachsende Engagement Europas und gerade auch der Bundesrepublik Deutschland für eine engere wirtschaftliche Verknüpfung mit dem benachbarten Kontinent offenbart sich in immer neuen Foren und Vereinbarungen zur Zusammenarbeit. Reden allein hilft aber nicht. Am Ende aller Bemühungen geht es immer ums Geld.

Die deutsche Wirtschaft hat einiges davon auf der hohen Kante und könnte in afrikanischen Ländern viel Gutes erreichen. Sie könnte Arbeitsplätze schaffen, Perspektiven bieten, die Welt ein bisschen gerechter machen und vor allem mehr Umsätze generieren. Doch für deutsche Investitionen bedarf es wichtiger Grundlagen wie Planungssicherheit, Zugang zu Fachkräften, Energieversorgung und natürlich auch politischer Stabilität. Viele der 54 afrikanischen Staaten können diese Anforderungen aber oft nicht in ihrer gesamten Breite bieten. Chinesische Investoren machen es sich da wesentlich leichter. Wenn es sein muss, bringen sie Arbeitskräfte zu Tausenden mit und sorgen mit viel Geld für die nötige Sicherheit. Ihre Staatsunternehmen haben gleich noch die staatlichen Banken im Schlepptau, die den Aufbau von Infrastruktur, Industriebetrieben und Vertriebswegen um jeden Preis finanzieren. Das geschieht häufig nach wenig nachhaltigen Kriterien, sei es umwelttechnisch, sozial oder politisch. Afrikanische Politiker sind aber vielfach nicht in der Position, großzügige Investoren abzulehnen und auf deutschen Wagemut zu hoffen. Sie greifen gerne zu, selbst wenn ihnen nur kurzfristig ökonomische Vorteile winken.

"Das wirtschaftliche Engagement deutscher Unternehmen insgesamt wie auch der kleinen und mittelständischen Unternehmen im Besonderen ist in der Region Subsahara-Afrika schwach entwickelt. Dies gilt sowohl im Vergleich mit dem deutschen Außenhandel insgesamt als auch im Vergleich mit dem Engagement anderer europäischer Länder", heißt es in einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn. Die Subsahara umfasst den größten Teil des Kontinents, nämlich 49 Staaten. Eine Milliarde Menschen leben dort. Bis 2050 werden es doppelt so viele sein. Bislang liefern nur fünf Prozent der deutschen Exportunternehmen weniger als ein Prozent der gesamten Ausfuhren der Branche nach Subsahara-Afrika. Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in ganz Afrika entspricht in etwa dem Bestand in Mexiko oder in Norwegen. Von fast 38 000 deutschen Firmen, die im Ausland investiert haben, waren im April 2018 nur rund 850 in Afrika aktiv.

Was Exporteure und Investoren verlangen, auch um den chinesischen Konkurrenten Paroli bieten zu können, ist mehr Unterstützung durch die Bundesregierung. Als wichtigen Schritt bezeichneten Wirtschaftsverbände im vergangenen Jahr bereits die Kürzung des Selbstbehalts für deutsche Firmen in fünf afrikanischen Ländern im Rahmen der Hermesdeckung. Das Deckungsvolumen bei den Exportkreditgarantien ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr daraufhin um gut zwei Drittel auf 1,8 Milliarden Euro angestiegen. Doch um das deutsche Engagement auszuweiten, muss mehr geschehen. Die Verbände plädieren für eine größere finanzielle Absicherung.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Entwicklungsinvestitionsfonds, mit dessen Hilfe im Laufe dieses Jahres begonnen werden soll, die Geschäftigkeit deutscher Firmen in Afrika anzuschieben. Über drei Säulen sollen bis 2021 eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden. Angekündigt hatte den Fonds Bundeskanzlerin Angela Merkel schon im Herbst 2018. Die Koordination der Gelder über die Kanäle Africa Connect für Investitionen deutscher Firmen, Africa Grow für afrikanische Firmen und das Wirtschaftsnetzwerk Afrika als Beratungsinstrument für deutsche Firmen benötigt Zeit. Im Deutschen Bundestag stößt der Fonds teils auf Kritik. Die Grünen bezeichnen ihn als "heiße Luft".

Beim Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, einem branchenübergreifenden Außenwirtschaftsverband deutscher Unternehmen und Institutionen, glaubt man, dass der Fonds eine positive Wirkung entfalten wird. Hauptgeschäftsführer Christoph Kannengießer geht davon aus, "dass eine ganze Reihe von Unternehmen, die bereits Interesse an afrikanischen Märkten gezeigt haben, sich jetzt auf den Weg machen. Auch die eine oder andere auf den Märkten bereits aktive Firma wird ihr Engagement sicherlich ausweiten."

Viele andere Mittelständler dürften dies mit Interesse verfolgen. "Wenn es sich stärker herumspricht, dass man in diesen wachsenden Märkten erfolgreich tätig sein kann, dann kann sich daraus mit der Zeit schon ein sehr substanzieller Zuwachs unserer Präsenz in Afrika entwickeln", glaubt Kannengießer. Die drei Säulen des Fonds richten sich nach den Ankündigungen ausdrücklich nur an europäische und afrikanische Unternehmen. Das unterscheidet den Fonds auch von Entwicklungsdarlehen, die afrikanischen Staaten gewährt werden und die oftmals in Aufträge für chinesische Staatskonzerne münden.

Auch wenn chinesische Firmen Aufträge bekommen, können deutsche Unternehmen profitieren

Das muss zwar nicht zwingend bedeuten, dass deutsche Firmen nicht auch daran verdienen könnten, wenn Chinesen die Aufträge erhalten, weil sie als Zulieferer der Chinesen infrage kommen. Jedes fünfte Unternehmen berichtet in einer Studie der deutschen Wirtschaftsförderungsgesellschaft GTAI von einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Chinesen in dieser Konstellation. Jedes weitere fünfte sei an einer Zusammenarbeit interessiert, heißt es. Doch viele Firmen scheuen die Kooperation, weil sie unterschiedliche Vorstellungen von der Vertragsgestaltung haben oder die Nichteinhaltung von Standards durch die chinesischen Partner in sozialen und menschenrechtlichen Fragen fürchten.

Der Entwicklungshilfefonds schafft also auch neuen Spielraum für deutsche Firmen, um ohne die Hilfe von Dritten in Afrika aktiv zu werden. Um eigene Standards zu setzen, sind das die besten Voraussetzungen.

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