Ärzte-Bestechungsskandal:Laptop und Luxus-Reisen

Der Münchner Ärzte-Bestechungsskandal hat mit 3400 Beschuldigten gigantische Ausmaße angenommen: Knapp die Hälfte der Verfahren sind nun abgeschlossen.

Kristina Läsker

Zur Fortbildung samt Ehefrau nach Washington, Flug in der Business-Class, Übernachtung im Fünf-Sterne-Hotel - und das alles auf Kosten der Pharma-Industrie: Das Leben einiger deutscher Klinikärzte muss in den vergangenen Jahren traumhaft gewesen sein.

Seit gut vier Jahren kämpft sich die Staatsanwaltschaft München I durch etliche Kartons mit beschlagnahmten Akten und Hunderten Interviews: Mehr als 3800 Verfahren haben die Fahnder eröffnet. Betroffen sind mehr als 3400 Ärzte an mehr als 850 deutschen Kliniken.

Ihnen wird Vorteilsannahme durch die Pharma-Industrie vorgeworfen. Ermittelt wird auch gegen knapp 400 Mitarbeiter der Arzneimittelhersteller Bristol-MyersSquibb, Fujisawa, Servier und Amgen wegen Vorteilsgewährung.

Strafverfolger kommen voran

Nach längerer Recherche kommen die Strafverfolger inzwischen voran: 1825 Verfahren - knapp die Hälfte der Fälle - seien abgeschlossen, bestätigte Oberstaatsanwalt Anton Winkler der Süddeutschen Zeitung. Etwa ein Drittel der Verfahren sei ohne Tatnachweis eingestellt worden, so Winkler.

So konnten viele Klinikärzte nachweisen, dass ihr Chef die Einladungen der Konzerne genehmigt hatte. Doch nicht alle Mediziner kamen so glimpflich davon. Ein Teil von ihnen muss Geldstrafen zwischen 500 und 8000 Euro zahlen. Gegen vier Mediziner wurde ein Strafbefehl verhängt; alle vier entkamen mit einer Geldstrafe nur knapp der Vorbestrafung.

Die Fahnder monieren vor allem zwei Methoden, mit denen Konzerne die Ärzte umschmeicheln: So bezahlt die Industrie in Deutschland meist die Weiterbildung für Mediziner. In den Münchner Bestechungsfällen wurde mit ausladenden Dinners, buntem Freizeitprogramm und Geschenken wie Laptop oder Golfschläger für ein angenehmes Ambiente gesorgt - ohne Maß fürs Angemessene.

Üppiges Drum und Dran

Dieses fehlte auch, wenn Konzerne Fachärzte für einen Vortrag bezahlten. Dabei kritisieren die Strafverfolger nicht etwa die Höhe der Honorare zwischen 1000 und 3000 Euro, sondern das üppige Drum und Dran: "Wenn ich einen Arzt für einen einstündigen Vortrag in die USA fliege, mag das gehen", sagte Staatsanwalt Winkler. "Aber wenn der Arzt 14 Tage Urlaubsprogramm mit Gattin dranhängt, ist das nicht mehr angemessen."

Laptop und Luxus-Reisen

Ein Dorn im Auge waren den Fahndern auch sogenannte Anwendungsbeobachtungen für Medikamente, die bereits im Markt sind. Sie entdeckten, dass die Konzerne den Ärzten häufig bis zu 500 Euro dafür zahlten, damit diese ein bestimmtes Mittel verschreiben und auf Papierbögen dessen Wirkung festhalten.

Pharma-Kritiker schätzen, dass bis zu 80 Prozent solcher Anwendungsbeobachtungen nur dazu dienen, Medikamente in den Markt zu drücken. Etwa, wenn Ärzte Patienten nur auf neue Mittel umstellen, um die Prämien zu erhalten.

Kistenweise Patientenbeobachtungen

Solche Fälle haben auch die Münchner Fahnder ermittelt: In einer Spedition hätten kistenweise Patientenbeobachtungen gelegen, die nie angeschaut worden seien, sagte Oberstaatsanwalt Winkler: "Die dienten nur als Basis, damit der Arzt dem Konzern eine Rechnung stellen darf."

Die vier Konzerne sind in unterschiedlichem Maße von den Vorwürfen betroffen. Bei Bristol-Myers wurden 3100 Verfahren eröffnet, meist geht es um unangemessene Reisen und Geschenke.

Auch bei Servier (425 Verfahren) lautet der häufigste Vorwurf Vorteilsgewährung gegen Ärzte und deren Angehörige. Bei Fujisawa (320 Verfahren) sollen Mediziner durch Studien und Anwendungsbeobachtungen positiv gestimmt worden sein. Bei Amgen ermittelt die Staatsanwaltschaft nur in einer Handvoll Fällen.

Noch in diesem Jahr wollen die Münchner Ermittler die restlichen Bestechungsverfahren abschließen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: