Ärger mit Großaktionär Permira:Der Boss bei Boss

Turbulente Hauptversammlung des Modekonzerns Hugo Boss: Zornige Aktionäre werfen Investor Permira Geldgier vor. Und auch Fondsmanager üben Kritik am Kurs der Unternehmensführung.

Dagmar Deckstein

"Wir werden Ihnen heute zeigen, wer hier der Boss im Hause ist", schmetterte der aufgebrachte Kleinaktionär Manfred Klein dem Hugo-Boss-Management entgegen. "Sie sind doch nur Marionetten eines geldgierigen Großaktionärs." Der britische Finanzinvestor Permira hält inzwischen mehr als 90 Prozent am Metzinger Modeschneider, ist also längst der Boss im Hause Boss - und daran können auch die Kleinaktionäre nichts ändern. Aber zumindest mussten die neuen Eigentümer auf der Hauptversammlung am Donnerstag eine gewaltige Standpauke über sich ergehen lassen.

Ärger mit Großaktionär Permira: Turbulente Hauptversammlung bei Hugo Boss: Aktionäre üben Kritik am Kurs von Investor Permira.

Turbulente Hauptversammlung bei Hugo Boss: Aktionäre üben Kritik am Kurs von Investor Permira.

(Foto: Foto: dpa)

An nahezu allem hatten die Aktienbesitzer etwas zu mäkeln. Das begann beim früher farbenfrohen Geschäftsbericht, der seit dem Permira-Einzug nur noch grau in grau daherkäme. Auf früheren Hautpversammlungen hätten Filme "mit chicen Mädels" für ein entsprechendes Ambiente gesorgt. "Sie sind nicht einmal mehr in der Lage, sich ordentlich zu verkaufen", bemängelte Aktionär Klein.

Ja, auch der Bleistift mit Hugo-Boss-Aufdruck in der Hauptversammlungstüte mit Stimmkarten und Geschäftsbericht wurde angemahnt und der vorgefundene Billigkuli als "Sparwut an der falschen Stelle" gegeißelt.

Fondsmanager kritisieren

"Was ist nur aus Hugo Boss geworden?" Die Frage von Aktionär Matthias Gaebler konnte als Motto eines Hauptversammlung-Donnerwetters durchgehen, wie es bei börsennotierten Unternehmen nicht oft auf der Tagesordnung steht. So sprach Peter Maser von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) von einem "Kommunikationsdesaster" ersten Ranges, dass die eigentlich guten Geschäftszahlen in der Börse nicht ankämen. In Medienberichten gebe es nur "Heuschreckenalarm".

Aufreger Nummer eins für die Aktionäre war die Dividende plus Sonderausschüttung von knapp 500 Millionen Euro, die sich Großinvestor Permira in diesem Jahr auszahlen lässt. Ob es mit dieser einmaligen Aktion sein Bewenden habe, wollte Henning Gebhardt vom Investmentfonds DWS wissen, der seit 2000 mit einem "bedeutenden Betrag" bei Hugo Boss engagiert sei. Der Aktienkurs habe sich in den letzten Jahren erfreulich entwickelt, sei aber nach dem Eigentümerwechsel um mehr als 20 Prozent eingesackt. "Der Hauptgrund dürfte in der Verunsicherung der Börse über die weitere strategische Entwicklung des Unternehmens liegen", klagte der Fondsmanager.

Auch missfiel ihm, dass auf Drängen des Investors auch die Verschuldung des Konzerns erhöht wurde, um die Eigenkapitalrendite zu erhöhen. "In wirtschaftlich unsicheren Zeiten kann ein höherer Verschuldungsgrad als riskant betrachtet werden und Anleger meiden solche Titel", mahnte Gebhard.

Chefsuche hält an

Was die Strategie betrifft, so blieben die Auskünfte des Managements dünn. Man plane im laufenden Jahr Investitionen von 120 Millionen Euro vor allem in eigene Markenshops und Logistikkapazitäten und wolle ansonsten den Umsatz in diesem Jahr um sechs bis acht Prozent steigern. Auch sei der Zukauf einer Modemarke für 500 Millionen Euro geplant, aber konkrete Objekte seien noch nicht in Sicht.

Zudem gebe es seitens des Großaktionärs "keine Planungen oder Forderungen" nach erneuter Ausschüttung einer Sonderdividende im nächsten Jahr, so jedenfalls Finanz- und Interimschef Joachim Reinhardt, dessen Vortrag im übrigen von den Aktionären als zu graumäusig kritisiert wurde. "Begeisterung für Mode kam jedenfalls nicht 'rüber", mäkelte DWS-Vertreter Maser. Das sei eben typisch für einen Finanzchef.

Nachdem der langjährige Boss-Chef Bruno Sälzer Mitte Februar das Unternehmen verlassen hatte, dauert die Suche nach einem neuen Vorstandschef weiter an. Da konnte auch der scheidende Aufsichtsratschef Guiseppe Vita - wie eigentlich von den Aktionären mit Spannung erwartet - noch keinen weißen Rauch aufsteigen lassen. Ja, doch, es gebe Gespräche mit möglichen Nachfolgern, und er sei optimistisch, dass "die Suche nicht mehr lange dauern wird."

Nicht einmal für sich selbst konnte Vita einen Ersatz präsentieren. Er will seinen Posten Ende Juni räumen und begründete das mit "zu vielen anderen Belastungen." Kurz nach Sälzers Abgang hatte auch Produktionsvorstand Werner Lackas das Handtuch geworfen, und die Abfindungen für beide hatte den Gewinn im ersten Quartal um 11,5 Millioinen Euro geschmälert, was den Aktionären natürlich auch nicht gefiel. Dem übriggebliebenen Cheftrio von Boss bellte Aktionär Gaebler entgegen: "Unter Permira sind auch Sie nur Vorstände auf Abruf."

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