Auf den ersten Blick geht es um ziemlich schlichte Mietshäuser: in Göttingen etwa, Wolfsburg oder Wilhelmshaven. Die kriselnde Adler Group will gut 15 000 Wohnungen in Norddeutschland an den Konkurrenten LEG verkaufen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben die Unternehmen nun geschlossen.
Doch darüber hinaus geht es um die Substanz eines angeschlagenen, börsennotierten Konzerns. Denn vorige Woche hat der Spekulant Fraser Perring schwere Vorwürfe gegen die Adler-Gruppe mit offiziellem Sitz in Luxemburg erhoben: Immobilien in ihrer Bilanz seien überbewertet, monierte Perring beispielsweise. Adler wies das zurück. Gleichwohl brach der Aktienkurs zwischenzeitlich auf ein Rekordtief von gut neun Euro ein; zu Jahresbeginn war ein Adler-Anteil noch fast 30 Euro wert. Denn Perrings Mahnungen haben Gewicht: Der Brite hatte bereits 2016 den Zahlungsdienstleister Wirecard attackiert, der mittlerweile insolvent und Gegenstand von Betrugsermittlungen ist.
LEG will besagte Wohnungen nun zum Marktpreis erwerben, teilen die Düsseldorfer mit, man bewerte die Immobilien mit knapp 1,5 Milliarden Euro. Dies sei mehr als der Wert, mit dem die Häuser in der Bilanz stehen, betont Adler - und versucht so, Perrings Kritik entgegenzutreten. Mit dem Erlös wolle das Unternehmen Anleihen und Darlehen zurückzahlen, um den Verschuldungsgrad zu senken.
Der Käufer LEG will die Grunderwerbsteuer mit einem Trick umgehen
Tatsächlich ist das Verhältnis von Immobilienwerten zu Schulden in der Adler-Bilanz ungünstiger als bei anderen Wohnungsunternehmen. Dabei profitiert die Branche davon, dass Mieten und Immobilienpreise in vielen Städten steigen. Adler indes könnte in nächster Zeit noch mehr Häuser zu Geld machen: Man wolle den Schuldenabbau mit weiteren Verkäufen vorantreiben, sagt Vorstandschef Maximilian Rienecker. Bislang gehören Adler etwa 70 000 Wohnungen in Berlin und Norddeutschland. Der S-Dax-Konzern war voriges Jahr aus dem ziemlich vertrackten Zusammenschluss der Großvermieter Adler, Ado Properties und des Projektentwicklers Consus Real Estate entstanden.
LEG will den geplanten Kauf nun noch einer tieferen Prüfung unterziehen. In einer Sache sind sich die Firmen freilich bereits einig: LEG will die Immobilien nicht komplett kaufen, denn dann müsste das Unternehmen Dutzende Millionen Euro Grunderwerbsteuer zahlen. Stattdessen will sich LEG nur zu knapp 90 Prozent an den einzelnen Gesellschaften beteiligen, denen die Wohnungen gehören. Die restlichen gut zehn Prozent sollen je bei Adler bleiben. Solche sogenannten Share Deals sind - bei aller Kritik - in der Branche verbreitet, um die Grunderwerbsteuer zu umgehen.
Für LEG kommen die Verkaufspläne von Adler jedenfalls zu einem günstigen Zeitpunkt: Die einstige Landesentwicklungsgesellschaft von Nordrhein-Westfalen, die 2008 privatisiert wurde, expandierte zuletzt etwa nach Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. "Mit einem größeren Bestand können wir zum Beispiel unsere Beschäftigten vor Ort besser auslasten", erläuterte Konzernchef Lars von Lackum jüngst seine Kaufabsichten außerhalb des Heimatbundeslandes Nordrhein-Westfalen. Nun ist LEG abermals fündig geworden.