Die Branche gewechselt hat Kasper Rorsted, 61, schön öfter. Angefangen hat der gebürtige Däne nach dem Wirtschaftsstudium einst in der Computerindustrie. 2005 dann wechselte er von Hewlett Packard (HP) zu Henkel; der Persil-Konzern ist vor allem für Waschmittel, Klebstoffe und Kosmetika bekannt. 2017 übernahm Rorsted schließlich die Führung von Adidas, nach Nike der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt. Im vergangenen November war er den Job nach ziemlichen Turbulenzen los. Ein Neustart sei auch "für mich persönlich richtig und wichtig", sagte er damals.
Jetzt hat Rorsted - nach mehreren Monaten Auszeit, die er nach eigenen Angaben vor allem mit Skifahren verbrachte - überraschend einen neuen Job, und zwar gleich mehrere Nummern kleiner. Er sei ab sofort Vorsitzender des Beirats des Kinder- und Jugendfahrradherstellers Woom, teilte das Unternehmen aus der Nähe von Wien mit. Die Firma wurde erst vor zehn Jahren gegründet und bietet hochpreisige Räder für junge Kunden an. 2022 wurden mehr als 400 000 Woom-Bikes verkauft, der Umsatz liegt eigenen Angaben zufolge bei über 100 Millionen Euro. Adidas machte zuletzt bei 22,5 Milliarden Euro ein Vielfaches davon. Rorsted ist künftig nicht direkt im operativen Geschäft tätig, sondern soll ein "Sparringspartner" für die Geschäftsführung sein. Woom wurde 2013 von Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld in einer Wiener Garage gegründet; ihnen gehört noch die Mehrheit der nicht-börsennotierten Firma, sie sind aber nicht mehr in der Geschäftsführung.
Er wolle ohnehin keine Chefposten mehr, soll er beim Abschied gesagt haben
Rorsted war bei Adidas zuletzt durchaus umstritten. Kurz nach seinem Einstieg trimmte er den Konzern zwar auf mehr Gewinn und Effizienz und wurde hochgelobt. Doch dann ging es bergab, in der Corona-Krise etwa machte er kommunikative Fehler, als er erst Mietzahlungen für Läden einstellte und dann zurückrudern musste. Die Partnerschaft mit dem US-Rapper Kanye West erwies sich als Fehlschlag, die Trennung wurde teuer, das Image von Adidas litt. Hinzu kam: Konkurrent Nike zog davon. Am Ende war Rorsteds Bilanz bei Adidas alles andere als berauschend.
Der Kinderfahrradhersteller Woom ist im weiteren Sinne zwar auch dem Sport- und Freizeitbereich zuzurechnen, gilt aber offenbar nicht als Adidas-Konkurrent.
(Foto: Woom)Trotzdem kassierte Rorsted zum Abschied noch eine überraschend hohe Abfindung. Der Däne erhielt 12,3 Millionen Euro Abfindung, zusätzlich monatlich 200 000 Euro für 18 Monate als sogenannten "Ausgleich" dafür, dass er sich zunächst keinem Adidas-Konkurrenten anschließen darf. Macht in der Summe 15,9 Millionen Euro. Woom, obwohl im weiteren Sinne auch dem Sport- und Freizeitbereich zuzurechnen, gilt offenbar nicht als Adidas-Konkurrent. Er wolle ohnehin keine Chefposten mehr, soll Rorsted bei seinem Abschied von Adidas gesagt haben. Seit Februar ist er unter anderem auch Aufsichtsrat bei Siemens.
"Woom träumt groß und will seine Träume in die Welt hinaustragen", sagt Rorsted zu seinem neuen Job. Er wolle einen Beitrag dazu leisten, unter anderem will die Firma in die USA expandieren. In Frankreich gibt es bereits ein Händlernetz, in den Niederlanden, Dänemark und Schweden Online-Shops. Woom gibt als seine Mission an, "so viele Kinder wie möglich für das Radfahren zu begeistern". Rorsted soll dabei helfen.