ADAC:Neuer Wirbel

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ADAC-Hubschrauber auf einem Kinderkarussell. Bei dem Automobilclub geht es immer noch rund. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der frühere Präsident Otto Flimm bekämpft die Reformpläne des Automobilclubs. Und ein Regionalgeschäftsführer wurde entlassen.

Von Uwe Ritzer, München

Er sagt, er habe das juristische Gutachten aus eigenem Antrieb in Auftrag gegeben und selbst bezahlt. Nun werde er zur Not die Gerichte anrufen und bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten, wenn man ihn und seine Bedenken weiter ignoriere. "Ich habe mehrere Briefe geschrieben, aber man will meinen Rat nicht hören", klagt Otto Flimm, 86. Dabei wüsste er es doch besser. 65 Jahre im ADAC, davon mehr als ein halbes Jahrhundert in Vorständen und Präsidien, zuletzt als stellvertretender Präsident (von 1972 bis 1989) und dann als Präsident bis 2001. Seither firmiert er als Ehrenpräsident, aber Otto Flimm ist mehr: Er verkörpert den Nachkriegs-ADAC wie kein anderer. "Niemand kennt ihn so gut wie ich", sagt Flimm.

Nun aber ist ausgerechnet dieser ADAC im erzwungenen Umbruch, seit er vor zwei Jahren als systematischer Betrüger bei der Wahl zum "Lieblingsauto der Deutschen" entlarvt wurde und danach allerhand weitere Mauscheleien und Fragwürdigkeiten aufflogen. Das erschütterte Europas größten Automobilklub im Innern, es erschütterte dessen Glaubwürdigkeit nach außen und es erschütterte lang gediente Fahrensmänner wie Otto Flimm in ihrem Selbstverständnis als Vereinsfunktionäre alter Schule. Dass seither viel von Reformen die Rede ist, irritiert sie aber noch mehr. Und nun droht ausgerechnet der verdiente Veteran Flimm auch mit rechtlichen Schritten.

"Sie wären eine reine Verzweiflungstat und würden mir keine Freude machen", so Flimm zur SZ. Aber er sei nun mal überzeugt davon, dass der ADAC falsch beraten - von einem "Heer an Beratern" - auf einem Irrweg sei, auch juristisch, wie ihm das Gutachten eines Vereinsrechtlers bestätige. Die für 2016 geplante Aufspaltung in einen Verein, eine Aktiengesellschaft nach europäischem Recht (SE) und eine Stiftung sei gegen alle Interessen der ADAC-Mitglieder. Sie würden an Einfluss verlieren, vor allem auf die Verwendung von sehr viel Geld. Und sie würden von Mitgliedern zu Kunden degradiert. "Dabei war das fahrende Volk immer eine Solidargemeinschaft", sagt Otto Flimm.

Die große Frage bei alledem ist: Wie groß ist Flimms Einfluss noch? Das wird sich schon an diesem Freitag zeigen, wenn sich Präsidium und Verwaltungsrat in Mainz zu einer länger geplanten Strategiekonferenz treffen. "Die warte ich noch ab", sagt Flimm. Vom Ausgang mache er abhängig, ob er gegen die geplante Dreiteilung des ADAC Zivilgerichte oder womöglich den Staatsanwalt anrufen wird.

Vor einigen Jahren hätte allein seine Drohung ein Erdbeben im ADAC ausgelöst. Jetzt lässt sein Nach-Nachfolger August Markl kühl erklären, Flimms Vorwürfe seien formal "fragwürdig sowie inhaltlich halt- und substanzlos". Außerdem müsse man sich doch nur verändern, "weil es frühere Verantwortliche versäumt haben, rechtzeitig eine angemessen transparente sowie rechts- und zukunftssichere Organisation mit entsprechend klaren Strukturen zu schaffen".

Das ist mehr als nur ein harter Rempler gegen Otto Flimm, aber auch gegen dessen Ziehsohn und Nachfolger Peter Meyer, der auf dem Höhepunkt der Krise 2014 zurücktrat. Es ist das massive Rütteln am ADAC-Denkmal Otto Flimm.

Das alles wirkt ein wenig, als versuche der ADAC des Jahres 2016 sich selbst die bösen Geister der Vergangenheit auszutreiben, von denen niemand genau weiß, wie zahlreich und mächtig sie noch sind. Es gibt sie aber zweifellos noch; sie sitzen vor allem in einigen Regionalclubs und versuchen, die neuen, die Reformgeister, zu verjagen. Dieser Widerstreit fordert Opfer.

Diese Woche erst wurde der Geschäftsführer des Regionalclubs Westfalen fristlos entlassen, wie ein ADAC-Sprecher auf Anfrage bestätigte. Zu den Gründen sagte er nichts; nach SZ-Informationen geht es um mutmaßlich unkorrekte Auftragsvergaben. Erst im Juli 2015 musste wegen eines ähnlichen Vorwurfs der westfälische Regionalvorsitzende sowie Bundesschatzmeister und ADAC-Vizepräsident Klaus-Peter Reimer zurücktreten.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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