Absturz der Solarbranche:Sonnenfinsternis

Solarenergie

Solarmodule - jahrelang waren sie die Hoffnungsträger für nachhaltig kräftige Gewinne, nun sind sie billig und Hersteller wie Conergy pleite.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Eine Pleitewelle hat in wenigen Monaten Dutzende deutsche Solarfirmen dahingerafft, seit 2012 sind mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze weggebrochen. Deutschland erlebt damit ein folgenschweres Kuriosum - denn nie floss so viel Förderung in der Solarenergie.

Von Markus Balser

Gerade mal ein paar Jahre ist es her, dass Firmen wie Solon , Conergy, Solarworld oder Q-Cells besonders hell strahlten. Sie galten als Visitenkarte der gerade angelaufenen deutschen Energiewende - und als Vorboten einer grünen Revolution. Doch von der Euphorie ist kaum etwas geblieben. Die Solarindustrie heute ist nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst. Sogar einstige Weltmarktführer wie Solon oder Q-Cells sind angesichts des harten Preiskampfs mit chinesischen Anbietern ins Straucheln geraten. Eine Pleitewelle hat in wenigen Monaten Dutzende deutsche Solarfirmen dahingerafft.

Wie dramatisch die Folgen für die Arbeitsplätze in der einstigen deutschen Hoffnungsbranche sind, macht nun eine neue Auswertung des statistischen Bundesamtes deutlich: Dem Papier zufolge sind seit Anfang 2012 mehr als die Hälfte aller damals 10 200 Arbeitsplätze in der deutschen Solarindustrie weggefallen. Demnach waren in der Produktion von Solarzellen und Solarmodulen im November 2013 noch rund 4800 Personen beschäftigt .

Innerhalb eines Jahres sei jeder dritte Job in der Branche gestrichen worden, heißt es in den vorläufigen Zahlen des Bundesamtes. Die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden sank von Anfang 2012 bis Ende 2013 von 1,4 Millionen auf 625 000.

Die Zahlen verdeutlichen, wie rasant die Branche gewachsen, aber auch wieder geschrumpft ist. Waren im Januar 2009 lediglich 1500 Menschen in der Produktion von Solarzellen und Modulen tätig, waren es ein Jahr später bereits 8000. Den Höhepunkt erlebte die Solarbranche im August 2012 mit mehr als 12 000 Beschäftigten. Seitdem jedoch geht es steil bergab.

Deutschland erlebt damit ein folgenschweres Kuriosum: Absturz trotz Rekordförderung. Nie zuvor schraubten die Deutschen so viele Solaranlagen auf ihre Dächer wie in den vergangenen drei Jahren. Die Sonne deckt bereits fast fünf Prozent des deutschen Strombedarfs, an guten Tagen sogar 20. Nie zuvor floss so viel Förderung in der Solarenergie.

Aggressive chinesische Konkurrenz

Zugleich aber sank den Statistikern zufolge der Gesamtumsatz aller deutschen Solaranlagenhersteller von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2012 auf rund 950 Millionen Euro in den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres. Der Dezember ist in die Berechnungen noch nicht mit eingeflossen. Auch die Jobs von Unternehmen, die Solarkraftwerke bauen und planen, sind in den Zahlen nicht enthalten.

Die Umsätze brachen zum einen weg, weil der Boom beim Zubau neuer Anlagen im vergangenen Jahr abrupt endete. Die kontinuierlichen Subventionskürzungen haben die Nachfrage nach Solaranlagen abgewürgt. Mit einer installierten Leistung von 3,3 Gigawatt (GW) wurden 2013 nach Angaben von Solarverbänden rund 50 Prozent weniger Solaranlagen auf Felder und Dächer geschraubt als 2012.

Zu schaffen macht deutschen Herstellern aber auch die aggressive chinesische Konkurrenz. Mit Dumping-Angeboten hatten Konkurrenten aus Fernost den europäischen Markt geflutet. Von Peking gestützte Billiganbieter liefen deutschen Firmen auf hiesigen Dächern so zuletzt den Rang ab. Mit öffentlichen Milliarden drängten Chinas Emporkömmlinge wie Yingli die deutschen Produzenten aus dem Markt. Die Preise für Solarmodule brachen zeitweise um 40 Prozent ein.

Erst im Herbst 2013 schaltete sich die EU-Kommission durch ein Anti-Dumping-Verfahren in den verfahrenen Streit ein. Seit Dezember erhebt die EU nun endgültig Strafzölle in Höhe von rund 48 Prozent auf Solarmodule jener Hersteller aus China, die sich nicht an Absprachen mit Brüssel halten. Die sehen Mindestpreise für die Anlagen vor. Ein Verfahren, das offenbar Wirkung zeigt und den Niedergang bremst.

Der Stellenabbau habe sich in den zurückliegenden Monaten deutlich verlangsamt, sagte Ulrich Prautsch vom Statistischen Bundesamt am Dienstag. Auch die USA hatten zuletzt drakonische Strafzölle auf Importe aus China erhoben. In der Folge waren auch in China erste große Hersteller in die Pleite geschlittert. Experten sehen die Technik trotz des Jobverlusts erst noch vor ihrem eigentlichen Durchbruch. Schon heute ist Strom vom eigenen Dach in Deutschland und vielen anderen Ländern billiger als der vom Versorger. Und die Technik schreitet rasant voran. Die Kosten könnten damit weiter sinken.

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