Absturz bei Adidas:Der Drei-Streifen-Plan

Schlechte Zeiten für Adidas: Nach dem Erfolg bei der Fußball-WM holt die Realität den Sportartikelhersteller ein und setzt Firmenchef Hainer unter Druck. Der erklärt nun, wie er aus der Misere herauskommen will.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Adidas-Store in Moskau

Adidas wird im kommenden Jahr weniger neue Läden in Russland und den GUS-Staaten eröffnen als zunächst geplant.

(Foto: Bloomberg)

Fußball ist eben doch nicht alles. Zumindest nicht in der Sportartikelindustrie. Adidas erfährt dies gerade schmerzhaft, die Nummer zwei der Branche. Die Fußball-WM in Brasilien konnte die Drei-Streifen-Marke aus dem fränkischen Herzogenaurach glänzend für sich nutzen, weit besser als der Marktführer Nike. Doch der Jubel darüber ist schnell verklungen.

Adidas hat große Schwierigkeiten und kommt vor allem mit dem schwachen Markt für Golfsport-Ausrüstung sowie den Währungsschwankungen nicht zurecht. Ein ums andere Mal mussten zuletzt Ziele widerrufen werden, die Aktie verlor massiv an Wert. Derweil vergrößert Nike seinen Vorsprung. Die Amerikaner laufen den Franken davon.

Gegen Nike ist Adidas momentan chancenlos

"Ich bin Stürmer, und ich will gewinnen", sagte Hobby-Fußballer und Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer, 60, trotzig, als er am Donnerstag seinen Plan für den Weg aus der Misere vorstellte. Er macht sich auf einiges gefasst. Man werde hart kämpfen müssen, um das bei den Finanzmärkten, den Anlegern und in der Öffentlichkeit verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, sagte er. Von der Jagd auf Nike spricht Hainer gar nicht mehr. Das wäre momentan auch absurd.

Die US-Amerikaner mögen im Fußball die Nummer zwei sein - in all den anderen Produktkategorien und vielen Regionen liegen sie vor Adidas. Vor allem aber wachsen sie deutlich stärker. Selbst im Adidas-Heimatmarkt Deutschland. Am größten ist der Abstand in Nordamerika, dem wichtigsten Markt der Sportartikelindustrie. Dort brach der Adidas-Umsatz im ersten Halbjahr um 14 Prozent ein. Und das, obwohl die Drei-Streifen-Marke mit der Basketballliga NBA eine der wichtigsten US-Sportligen exklusiv sponsert.

Adidas-Chef Herbert Hainer

Adidas-Chef Herbert Hainer präsentierte am Donnerstag seine Pläne, um Adidas aus der Krise zu holen.

(Foto: dpa)

Auch die strategische Hoffnung des Jahres 2006, nämlich mit der milliardenschweren Übernahme der US-Marke Reebok den Abstand zu Nike zu verringern, hat sich für Adidas nicht erfüllt. Daran ändert auch nichts, dass sich Reebok - seit der Übernahme das Sorgenkind der Konzernmutter Adidas - gefangen zu haben scheint.

Global betrachtet lag der Adidas-Umsatz zwischen Januar und Juni bei knapp sieben Milliarden Euro, zwei Prozent niedriger als im Vorjahr. Rechnet man die Währungseinflüsse heraus, ergibt sich ein Plus von fünf Prozent. Es ist auch nicht so, dass die Geschäfte der Konzernmarken Adidas und Reebok nicht laufen. Währungsbereinigt legten sie im zweiten Quartal um 14, respektive neun Prozent zu. In Westeuropa verkaufen sich Adidas-Shirts und Schuhe gut, in Lateinamerika sogar sehr gut.

Die Anleger allerdings beeindruckt dies nicht; zu groß scheinen ihnen die Probleme insgesamt, zu viel Vertrauen hat das Management mit drei Gewinnwarnungen binnen eines Jahres verspielt. Am Donnerstag sackte die Adidas-Aktie zeitweise auf 55,50 Euro, den tiefsten Stand seit zwei Jahren. Seit Jahresbeginn hat der Kurs des Papiers gut ein Drittel verloren - mehr als jeder andere Wert im deutschen Aktien-Eliteindex Dax. Es muss also dringend etwas geschehen.

Absturz bei Adidas: SZ-Grafik: Julia Kraus; Quelle: Unternehmen

SZ-Grafik: Julia Kraus; Quelle: Unternehmen

Hainer, seit 2001 Vorstandschef von Adidas, sieht den Ausweg in einem Mix aus Investieren, Sparen und Umorganisieren. Er kündigte straffere Konzernstrukturen bei der Organisation von Marketing und Vertrieb an. Die Golfsparte Taylor-Made, der im ersten Halbjahr mehr als ein Viertel ihres Geschäftes wegbrach, wird Stellen abbauen. Wie viele ist noch unklar. In Russland und den GUS-Staaten will Adidas angesichts des schwachen Rubels und Unsicherheiten wegen der Ukraine-Krise in diesem und im kommenden Jahr nur etwa 80 statt der geplanten 150 Läden eröffnen. Die Preise für die Schuhe und Trikots wurden dort bereits gesenkt.

Gewinn 2014 wird deutlich geringer als erwartet

Investieren will der Sportartikelhersteller vor allem in Marketing. Die Fußball-WM habe schließlich gezeigt, wie erfolgreich Adidas sei, wenn man die Kundschaft möglichst direkt und intensiv anspreche, sagte Hainer. Also wird das Reklamebudget um einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag angehoben. 13 Prozent des Umsatzes sollen 2015 in Marketing und Werbung fließen, voraussichtlich 1,8 Milliarden Euro. Hainer kündigte die "ehrgeizigste Marketingkampagne aller Zeiten" an.

Indes: Ankündigungen hörte man aus der Herzogenauracher Konzernzentrale einige in der jüngeren Vergangenheit. Doch der Wirklichkeit hielt vieles davon nicht stand. So wird der Gewinn 2014 voraussichtlich ein Fünftel niedriger liegen als vorhergesagt. Auch andere Kennzahlen, wie etwa die operative Marge, haben sich verschlechtert. Das zweite Halbjahr wird nicht viel besser werden. Allein die Kosten für die Umstrukturierung von Taylor-Made werden den Gewinn zwischen 50 und 60 Millionen Euro schmälern.

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