Abstimmung über Fiskalpakt:Worüber Irland entscheidet

Die Krise durch Sparen überwinden: Der Fiskalpakt soll dies für Europa festschreiben. Die Iren sind das einzige Volk in der EU, das über die rigiden Regeln des Pakts abstimmen darf. Welche Folgen hätte ein Nein für das Land und für Europa?

Hans von der Hagen

Clint Eastwood sagt in dem Western "The Outlaw Josey Wales" einen schönen Satz. Don't piss down my back and tell me it's raining. Piss mir nicht den Rücken runter und sage mir, dass es regnet. Genau das mache die EU mit Irland, wenn sie behaupte, dass der Fiskalpakt den Euro stärke - behauptet jedenfalls der irische Publizist David McWilliams in einem seiner "Punk Economics"-Videos. McWilliams ist in Irland für seine unverblümten Auftritte und Ansichten bestens bekannt.

Tatsächlich schwäche seiner Meinung nach der Fiskalpakt den Euro, weil er die Länder zum Sparen zwinge und damit die Wirtschaft erlahmen lasse. 25 Millionen Europäer seien ohne Arbeit - schon das belege, dass der Sparkurs nicht funktioniere. Der Fiskalpakt sei genauso wirkungslos wie eine Chemotherapie gegen eine Herzkrankheit.

Genau solche Einschätzungen könnten viele Iren gegen den Fiskalpakt aufgebracht haben. Am gestrigen Donnerstag konnten sie abstimmen - an diesem Freitag soll das Ergebnis bekannt werden.

Fragen und Antworten zur Abstimmung im Überblick.

Worum geht es beim Fiskalpakt?

Europa soll sich zum Sparen bekennen, um die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen - das ist der Gedanke hinter dem Fiskalpakt (hier als PDF). Das Vertragswerk fordert von den teilnehmenden Ländern eine striktere Budgetdisziplin und verpflichtende Schuldenbremsen. Bei Verstößen drohen automatisch Sanktionen, sofern die schon länger geltenden europäischen Defizitregeln gebrochen werden.

Warum stimmen die Iren über den Fiskalpakt ab, die anderen teilnehmenden Länder aber nicht?

Irland ist das einzige Land in der EU, das aufgrund seiner Verfassung das Volk über das Vertragswerk zur Haushaltsdisziplin abstimmen lassen muss. 25 Länder nehmen am Fiskalpakt teil - alle EU-Staaten außer Großbritannien und Tschechien.

Wann werden die Ergebnisse veröffentlicht?

Voraussichtlich am frühen Freitagabend nach 18 Uhr.

Wie könnte die Abstimmung ausgehen?

Letzte Umfragen sagen eine Zustimmung von 60 Prozent voraus. Allerdings waren noch zahlreiche Personen unentschieden.

Könnte ein Nein der Iren den Fiskalpakt in Europa zu Fall bringen?

Auf die Einführung des Fiskalpakts hätte das Ergebnis keinen Einfluss, da lediglich 12 der insgesamt 25 Teilnehmerländer den Pakt billigen müssen. Dann tritt er in Kraft. Ratifiziert ist der Fiskalpakt bereits von Griechenland, Portugal, Slowenien und Rumänien.

Hat die Abstimmung demnach lediglich symbolischen Wert?

Gegner der Sparpolitik in Europa hoffen auf ein irisches Nein - als Zeichen, dass die Bürger die harten Einschnitte nicht mehr wollen. Doch ein negatives Votum könnte für die Iren folgen haben: Sollten sie den Fiskalpakt ablehnen, würden sie keine Mittel aus dem Rettungsfonds ESM mehr bekommen. Nur jene Staaten dürfen ihn in Anspruch nehmen, die dem Fiskalpakt zugestimmt haben. Ökonomen wie der irische Professor Karl Whelan oder Megan Greene werben deshalb für ein Ja. Lehnt das Land ab, drohe die wirtschaftliche Gesundung des Landes zu scheitern. Die Zinsen würden steigen und damit eine Refinanzierung der Staatsschulden erschweren.

Wie viel Geld hat Irland bislang bekommen?

Die EU und der Internationale Währungsfonds hatten Irland 2010 mit einem 85-Milliarden-Euro-Programm beigestanden. Einen Anteil von 17,5 Milliarden Euro an dem Hilfspaket hatte Irland allerdings selbst aufgebracht. Der größte Teil davon ging für die Sanierung der maroden Banken des Landes drauf, die wegen gewaltiger Verluste bei Immobilienkrediten enorme Hilfe benötigten. Nach Angaben der Financial Times mussten Irlands Steuerzahler die Banken seit 2008 mit 64 Milliarden Euro stützen.

Braucht Irland weitere Hilfen?

Experten gehen mittlerweile davon aus, dass Irland wohl weiteres Geld benötigt. Nach einer Studie der Deutschen Bank etwa brauchen die bereits verstaatlichten Banken zusätzliches Kapital, um Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle im Volumen von bis zu vier Milliarden Euro abzudecken. Ähnlich äußerte sich jüngst der Zentralbank-Chef Irlands, Matthew Elderfield, in einem Interview mit der Börsen-Zeitung: "In den kommenden fünf bis sechs Jahren dürften die irischen Banken weitere drei Milliarden bis vier Milliarden Euro benötigen", sagte er.

Welche Sparmaßnahmen hat Irland schon durchgesetzt?

Irland gilt bei der Bekämpfung der Schuldenkrise als besonders erfolgreich. Das Sparpaket hat nach Angaben der Financial Times ein Volumen von 24 Milliarden Euro. Das entspricht 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bislang hat Irland alle Ziele des Rettungsprogramms erreicht.

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