Abhörskandal bei der Telekom:Ricke war auf der Suche nach undichten Stellen

Lesezeit: 2 Min.

Der ehemalige Telekom-Chef Ricke hat bereits im Jahr 2005 die Suche nach undichten Stellen im Konzern gestartet. Er habe jedoch keinen Auftrag zum Abgleichen von Telefondaten erteilt, sagte Ricke der Süddeutschen Zeitung.

Caspar Dohmen

Der ehemalige Telekom-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke hat eingeräumt, dass er dem Leiter der Konzernsicherheit einen Auftrag erteilt habe, undichte Stellen im Konzern zu finden.

Kai-Uwe Ricke, ehemaliger Telekom-Chef, wehrt sich gegen die schweren Vorwürfe. (Foto: Foto: AP)

Darüber habe er am Mittwoch neben Telekomchef Rene Obermann und auch den stellvertretenden Aufsichtsratschef Lothar Schröder informiert, sagte Ricke der SZ.

Damals waren wiederholt sensible Informationen aus Aufsichtsratssitzungen an die Öffentlichkeit gelangt. Sein Auftrag, undichte Stellen zu finden, sei auch dem ehemaligen Personalvorstand der Telekom, Heinz Klinkhammer, bekannt gewesen.

"Zeitnah habe ich Herrn Klinkhammer darüber informiert", sagt Ricke. Keinesfalls sei es dabei um illegale Methoden gegangen.

Der Ex-Telekom-Chef wehrte sich jedoch gegen schwere Vorwürfe des ehemaligen Personalvorstands.

"Ich habe zu keinem Zeitpunkt einen Abgleich von Telefondaten in Auftrag gegeben", sagte Ricke der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch. Ihm seien auch zu keinem Zeitpunkt Ergebnisse einer solchen Aktion mitgeteilt worden.

Dagegen steht die Aussage des ehemaligen Personalvorstands, der ebenfalls für die Sicherheit zuständig war. Es habe einen Auftrag aus dem Umfeld von Ricke und Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel - an ihm und dem Chef der Konzernsicherheit vorbei - gegeben, um das Loch zu schließen, bestätigte Klinkhammer der Süddeutschen Zeitung die Vorwürfe. Der Mann habe über diesen Auftrag weder mit ihm noch mit seinem Chef sprechen können.

"Der Auftrag kam von ganz oben"

Der Chef des von der Telekom engagierten Recherchediensts network.deutschland GmbH in Berlin hat nach Angaben des Handelsblatts eingeräumt, über Monate hinweg systematisch Hunderttausende Verbindungsdaten ausgewertet zu haben. Damit sollten telefonische Kontakte zwischen Journalisten und Mitarbeitern des Unternehmens nachgewiesen werden.

"Der Auftrag kam von ganz oben und ist mit dem Telekom-Vorstand abgestimmt worden", sagte Ralph Kühn, Chef von network.deutschland, dem Blatt. Die Telekom wollte wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dazu keine Stellungnahme abgeben, wie es hieß.

Der Kontakt zur Telekom sei über über die Abteilung Konzernsicherheit gelaufen, sagte Kühn dem Handelsblatt. Die erste Ausspähaktion habe es im Jahr 2005 gegeben.

Als Ende 2006 der Wechsel von Kai-Uwe Ricke zu René Obermann an der Telekomspitze vollzogen wurde, seien neue Aufträge ausgeblieben. Da Kühn nach eigenen Angaben noch Forderungen von über 400.000 Euro gegen die Telekom hatte, drohte er dem Konzern per Fax "mit Konsequenzen". Sein Fax sei später zum Nachrichtenmagazin Der Spiegel gelangt. "Ich war sauer und habe es dabei sicher etwas übertrieben", sagte Kühn dem Handelsblatt.

Am Mittwochnachmittag trifft sich der Aufsichtsrat der Telekom in Bonn, um über das weitere Vorgehen bei den Aufklärungsarbeiten des Abhörskandals zu beraten.

© sueddeutsche.de/mit dpa/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: