Süddeutsche Zeitung

VW-Abgasskandal:Anklage gegen Ex-VW-Chef Winterkorn wegen Falschaussage

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende soll vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss "bewusst falsche Angaben" gemacht haben. Von der Schadsoftware habe er bereits vor Bekanntwerden des Skandals gewusst.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den über den Dieselskandal gestürzten ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn erhoben. Die Ermittler werfen ihm vor, vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages im Januar 2017 uneidlich falsch ausgesagt zu haben. Er soll der Staatsanwaltschaft zufolge "bewusst falsche Angaben" dazu gemacht haben, wann er über den Einsatz der Manipulations-Software informiert worden war.

Winterkorn hatte bei der Anhörung bestritten, vor Bekanntwerden des Dieselskandals im September 2015 von den Manipulationen gewusst zu haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin habe jedoch Beweise, wonach Winterkorn bereits im Mai 2015 von der illegalen Abschalteinrichtung erfahren haben soll. Diese Thematik sei auch Besprechungsgegenstand des sogenannten "Schadenstisches" von VW im Juli 2015 gewesen.

Auch vor dem Landgericht Braunschweig muss Winterkorn sich wegen des Dieselskandals verantworten. Der Prozess soll im September beginnen. Insgesamt sind mehr als 130 Verhandlungstage angesetzt. Das Gericht hatte fünf Jahre nach Auffliegen der Manipulation von Diesel-Abgaswerten bei Volkswagen zwei Anklagen gegen den damaligen Konzernchef und weitere Manager zugelassen. Das Strafverfahren wegen Marktmanipulation hatte das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil die zu erwartende Strafe in diesem Fall geringer sei als im Dieselprozess. Den Vorwurf des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs hat Winterkorn zurückgewiesen.

Winterkorn und andere Ex-Topmanager zahlen Rekordentschädigungen an VW

Winterkorn und drei weitere Ex-Topmanager zahlen wegen des Dieselskandals zusammen mit ihren Versicherungen Rekordentschädigungen von insgesamt knapp 288 Millionen Euro an Volkswagen, heißt es aus dem Unternehmen. Ein Großteil der Gesamtsumme entfällt dabei auf spezialisierte Haftpflichtversicherungen. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende persönlich soll 11,2 Millionen Euro überweisen. Der frühere Audi-Chef und VW-Konzernvorstand Rupert Stadler soll 4,1 Millionen Euro zahlen. Ihm und Winterkorn wirft VW die Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten vor. Vom ehemaligen Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz sollen 1,5 Millionen Euro kommen, von Ex-Audi-Manager Stefan Knirsch eine Million Euro. VW hatte auch vom früheren VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg Schadenersatz verlangt. Dieser sei aber "nicht zu einer Einigung bereit", weshalb der Konzern nun "gerichtliche Schritte" gegen ihn vorbereiten will.

Zusätzliche Versicherungsleistungen belaufen sich laut Angaben von VW auf insgesamt 270 Millionen Euro. Neben den Anwälten der einstigen Manager beteiligten sich mehr als 30 Versicherer an den Entschädigungsverhandlungen. Noch nie sei in Deutschland eine derartig hohe Summe durch eine solche Einigung gezahlt worden. Die für den 22. Juli angesetzte Hauptversammlung muss diese Grundsatzentscheidung noch billigen. Insgesamt hat die Abgasaffäre VW bisher weit mehr als 30 Milliarden Euro gekostet.

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