Kein Wunder also, dass der Konzern die Forderungen der Kläger großzügig erfüllt, ohne Urteile abzuwarten. Volkswagen möchte offensichtlich verhindern, dass höherinstanzliche Urteile gegen das Unternehmen gesprochen werden. VW bestreitet diese eigentlich nachvollziehbare Taktik allerdings vehement: Die Vergleiche dienten vielmehr dazu, die Beziehung zu den Kunden zu erhalten - anstatt sich zu zerstreiten. Zudem gebe es ja immerhin schon einige Urteile zugunsten der Kläger.
Der Sprecher rechnet vor, VW habe von den 4000 bislang in erster Instanz entschiedenen Fällen 70 Prozent gewonnen. Das heißt aber auch: 1200 Fälle wurden verloren. Wie viele Vergleiche geschlossen wurden, beantwortet VW nur ungenau: In Relation zur Gesamtzahl liege die Zahl "im niedrigen Prozentbereich". Wie viel Geld sich der Konzern diese Vergleiche kosten lässt, ist ungewiss. Aber die Aufräumarbeiten des Betrugs haben schon weit mehr als 20 Milliarden Euro gekostet, da fällt das nicht so sehr ins Gewicht.
Trotz der vielen Vergleiche haben drei Verfahren gegen Volkswagen den Bundesgerichtshof in Karlsruhe erreicht - jeweils auf das Betreiben von klagenden Kunden. Nach Konzernangaben haben drei Käufer eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH erhoben, nachdem ihre Klage zuvor zurückgewiesen worden war. Der Zwischenstand hier sieht noch ganz gut aus für VW: Eine Beschwerde habe der BGH bereits zurückgewiesen, eine habe der Kläger wieder zurückgenommen. Aber die dritte liegt eben noch beim zuständigen Senat.
Auch gegen Bosch liegen mittlerweile etliche Klagen vor
Für VW wäre ein Grundsatzurteil des obersten Gerichts zugunsten eines Autokäufers teuer. Solch eine Entscheidung könnte Tausende zusätzliche Klagen auslösen von Kunden, die bislang die Kosten und Mühen scheuten, weil sie dachten, sie hätten gegen den mächtigen Konzern ohnehin keine Chance. Das Vorgehen von VW lässt sich dabei auch als Verzögerungstaktik interpretieren. Die Anwälte wollen alles dafür tun, dass ein Entscheid erst 2019 kommt. Denn zum Jahreswechsel steht eine wichtige Verjährungsfrist an: Wer den Hersteller des Schummel-Motors EA189 auf Schadensersatz verklagen will, muss dies bis spätestens am 31. Dezember tun. Danach sind die Ansprüche verjährt.
Neuerdings liegen sogar eine Handvoll Klagen gegen den Stuttgarter Zulieferer Bosch vor. Ihm werfen die Kläger vor, er habe die in den Motoren eingebaute Schummel-Software mitentwickelt. Bislang gibt es nach Angaben eines Bosch-Sprechers nur ein Urteil: das Landgericht Stuttgart wies die Klage zurück. Doch sicher kann sich Bosch damit noch nicht sein: Der Kläger hat Berufung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt.