Süddeutsche Zeitung

Kraftfahrt-Bundesamt:Abgasskandal: Deutsche Hersteller rufen Hunderttausende Autos zurück

  • Mehrere deutsche Autobauer müssen insgesamt 630 000 Autos wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abgasbehandlung zurückrufen.
  • Dabei handelt es sich um die Marken aus dem VW-Konzern sowie Mercedes und Opel.
  • Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte die Unregelmäßigkeiten bei Nachprüfungen festgestellt.

Von Markus Balser, Thomas Fromm und Klaus Ott

Die Abgas-Affäre bei Diesel-Fahrzeugen weitet sich aus. Nach Volkswagen starten jetzt auch andere deutsche Hersteller Rückrufaktionen, um für bessere Abgaswerte bei ihren Autos zu sorgen. Das verlautet aus Regierungskreisen in Berlin. Von dem neuen Rückruf sind demnach 630 000 Autos von Mercedes, Opel sowie Audi, Porsche und leichte VW-Nutzfahrzeuge betroffen, nicht aber Modelle der VW-Kernmarke. Die Aktion soll noch im Sommer durchgeführt werden.

Anlass für die Maßnahme sind die Schadstoff-Messungen, mit denen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Herbst vergangenen Jahres begonnen hatte und die durch die VW-Affäre ausgelöst worden waren. Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass der größte Teil der mehr als 50 getesteten Modelle die Grenzwerte für Stickoxide nur im Labor einhielten. Also unter künstlichen, geschönten Bedingungen, nicht aber auf der Straße. Dort werden die Grenzwerte zum Teil weit überschritten.

"Thermofenster" statt illegaler Software

Bei den getesteten Wagen aller Hersteller sei zwar keine illegale Software gefunden worden. Aber es würden "Thermofenster" genutzt - eine Steuerung, die bei niedrigen Außentemperaturen die Abgasreinigung herunterfährt, damit der Motor keinen Schaden nehme. Bei manchen Modellen habe dies bereits bei einer Außentemperatur von 18 Grad begonnen, hieß es. Dieses Fenster werde von allen Herstellern ausgenutzt - bei manchen mehr, bei anderen weniger.

Experten hegen Zweifel, ob die Technik zum Bauteilschutz wirklich in allen Fällen notwendig sei. Die Bundesregierung wolle nun auf eine Klarstellung im EU-Recht hinwirken. Die Typgenehmigung des KBA soll außerdem verschärft werden. Die Hersteller müssen künftig erklären, ob und warum sie das "Thermofenster" nutzen und dies ausführlich begründen. Das KBA werde dann weitere Tests vornehmen.

Teils verheerende Abgaswerte

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wartete lange mit der am Nachmittag geplanten Veröffentlichung der Messergebnisse. Das geschah nach Angaben aus Regierungskreisen, um die Untersuchungen abzuschließen und um den Autoherstellern die Chance zu geben, auf die teils verheerenden Resultate zu reagieren und Maßnahmen einzuleiten.

Stickoxide schädigen Mensch und Natur. Sie sind giftig und greifen die Atemwege an. Vor allem in den Städten, in denen sich der Autoverkehr ballt, fallen die Stickoxid-Werte hoch aus.

Aus der Autobranche heißt es, das Ministerium habe in den vergangenen Tagen und Wochen mit den betroffenen Herstellern wiederholt darüber gesprochen, wie die Abgaswerte verbessert werden könnten. Außerdem seien die Konzerne auf die Veröffentlichung der Ergebnisse vorbereitet worden.

Mit Material von Reuters und dpa

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