Abgasskandal:Da fehlen welche

Mit neuen Bussen, mehr Radwegen und besserer Verkehrsleittechnik soll das Abgasproblem in den Städten gemildert werden. Die Autoindustrie zieht mit und zahlt mit - allerdings bislang nur die deutsche. Die Kritik wächst.

Von Max Hägler, München/Frankfurt

Was die Oberbürgermeister vor wenigen Tagen in Berlin vorgelegt bekamen, klang vielversprechend: Eine Milliarde Euro für neue Mobilitätskonzepte versprach die Bundeskanzlerin den von Autoabgasen besonders geplagten Städten. Neue Omnibusse sollen damit angeschafft werden, Fahrradwege gebaut werden, Car-Sharing und Ampelschaltungen können damit optimiert werden - allerlei Stellschrauben also, um letztlich die Luft in den Städten zu verbessern.

Viel Staatsgeld ist dabei, wohl drei Viertel der Summe, aber auch einiges aus der Industrie: Die Autohersteller sollen mitzahlen, um ein wenig Ausgleich zu leisten für die schlechte Luft, zu der sie vor allem mit ihren Dieselwagen beitragen. Doch mittlerweile wird immer deutlicher, dass ein Teil der Verursacher sich sträubt, zu zahlen: Und zwar die ausländischen Hersteller. Etwa ein Drittel der Autos auf den deutschen Straßen stammen von ihnen. Und ein Fünftel der Dieselautos.

Vorgesehen war nach dem ersten Dieselgipfel Anfang August folgendes Modell, festgehalten im Ergebnisprotokoll: "Bund und Automobilindustrie werden gemeinsam einen Fonds 'Nachhaltige Mobilität für die Stadt' auflegen." Von 500 Millionen Euro war damals noch die Rede - Merkel hat die Summe jetzt aufgestockt - und es hieß, dass dies je zur Hälfte bezahlt werde von Staat und Industrie: "Die drei deutschen Automobilhersteller werden sich entsprechend ihrer Marktanteile am Industrieanteil des Fonds beteiligen."

Die drei - also der VW-Konzern inklusive Seat und Skoda sowie BMW und Daimler - stehen weiter zu ihrem Vorschlag, wenn auch der genaue Verteilschlüssel strittig ist. Eine Frage ist etwa: Zählen beim Marktanteil alle Autos oder nur Diesel? Vor allem hakt es jedoch bei den Importeuren. Ob sie überhaupt mitmachen, also wenigstens ein Fünftel der 250 Millionen Euro zahlen, entsprechende dem Dieselanteil, ist völlig unklar. Sehr zum Ärger der deutschen Kollegen: "Wir möchten, dass sich auch ausländische Hersteller an diesem Fonds beteiligen", sagt jetzt ein Sprecher des Stuttgarter Autokonzerns Daimler; BMW erklärt ähnliches. Und VW fordert, auch die Importeure müssten "in die Pflicht genommen werden".

Die Kanzlerin sieht das genauso. Bei ihrem Besuch der Frankfurter Autoshow in dieser Woche hat sie die Finanzierung deutlich angesprochen, eingeführt von mahnenden Worten: Seit der Dieselbetrug bei VW aufgeflogen sei beherrschten "die Abgas- und Dieselthematik in unschöner Regelmäßigkeit die Schlagzeilen". Die Automobilindustrie habe Regelungslücken "exzessiv ausgenutzt", Verbraucher und Behörden seien enttäuscht worden, beklagte Angela Merkel. Doch: "Es sind nicht nur deutsche Hersteller für die Verbesserung der Luftqualität verantwortlich." Über die Straßen des Landes rollten auch drei Millionen importierte Dieselautos. "Und deshalb glaube ich, dass es notwendig ist, dass auch ausländische Hersteller einen substanziellen Beitrag zu der Lösung der Probleme leisten." Was Merkel nicht erwähnte: Tests zeigen sogar, dass importierte Modelle oft überdurchschnittlich viel Abgase ausstoßen.

Aber ihre Worte zeigen keine Wirkung. Die internationalen Autobauer hätten sich zu der Frage noch nicht verständigt, heißt es vom Importeursverband VDIK. Weitere Angaben: Fehlanzeige. Die letzte umfangreiche Verbandsäußerung heißt übrigens, kein Scherz: "Politische Positionen zur Bundestagswahl". Die Importeure fordern, obwohl sie wissen, dass sie in der Pflicht sind. Verbandsgeschäftsführer Reinhard Zirpel saß beim Dieselgipfel mit am Tisch - als die deutschen Hersteller neben der Beteiligung am Fond auch Software-Nachbesserungen anboten.

Der Verband war ebenfalls im Frühjahr in Stuttgart mit dabei, als die Dieselverhandlungen zwischen Wirtschaft und Politik ihren Lauf nahmen. Seitdem heißt es jeweils: Es ist noch keine Abstimmung erfolgt. Alles sei kompliziert, schließlich müssten die Europazentralen mitreden bei so einem Fonds oder gar die Weltzentralen. Toyota, Skoda, Suzuki, PSA, Renault, Hyundai und Nissan sitzen im Präsidium des Verbandes, der insgesamt 34 Marken vertritt. Die meisten sind auch auf der Branchenshow in Frankfurt vertreten sind. Eigentlich wäre Gelegenheit zum Abstimmen.

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