Süddeutsche Zeitung

Abgasskandal:VW muss womöglich Teil seiner Autos zurückkaufen

  • Die Chefin der Umweltbehörde Carb droht, dass VW womöglich einen Teil der von Abgas-Manipulationen betroffenen Fahrzeuge zurückkaufen muss - das Nachrüsten sei oft wenig erfolgversprechend.
  • Staatsanwälte prüfen außerdem, ob Bosch von den jahrelangen Manipulationen von VW gewusst habe oder gar daran beteiligt gewesen sei.

VW drohen in den USA Diesel-Rückkäufe

Volkswagen muss sich möglicherweise darauf einstellen, einen Teil seiner vom Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeuge in den USA zurückzukaufen. Das sagte Mary Nichols, die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde Carb, dem Handelsblatt.

Insgesamt seien drei Generationen von Fahrzeugen mit der Software zur Manipulation von Abgaswerten ausgestattet. "Es scheint, als ob die jüngste Generation mit einer neuen Software zurück zu den vorgeschriebenen Emissionsstandards gebracht werden kann", sagte Nichols. "Die mittlere Generation dürfte zusätzlich zur Software auch eine Hardware-Komponente erfordern. Und die ältesten Autos, die der ersten Generation, könnten nachgerüstet werden müssen."

Genau das aber funktioniere ihrer Erfahrung nach oft nicht so gut wie geplant, sagte Nichols. "Deshalb denke ich, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass VW wenigsten einen Teil der Flotte von den Besitzern zurückkaufen muss."

Klar ist wohl bereits, dass die Nachrüstung mit Hardware-Komponenten in den USA den Konzern einen dreistelligen Dollar-Betrag je Fahrzeug kosten wird, schreibt das Handelsblatt. Das ergebe sich allein schon aus den Kosten für die Arbeitsstunden.

An diesem Freitag läuft für Volkswagen in den USA eine erste wichtige Frist ab. Der Konzern muss der Umweltbehörde Carb einen Rückrufplan mit einer technischen Lösung vorlegen - sonst drohen dem Konzern "drakonische Strafen", wie Nichols bereits am Donnerstag gewarnt hatte. Sie sprach erstmals davon, die betroffenen Autos notfalls aus dem Verkehr zu ziehen - etwa bei der jährlichen Erneuerung der Registrierung.

Heute trifft sich außerdem der VW-Aufsichtsrat. Bei seiner Sitzung in Wolfsburg will das 20-köpfige Kontrollgremium sich unter anderem mit den Investitionsplänen befassen. Am Donnerstagabend hatte sich in Wolfsburg bereits das dem Aufsichtsrat vorgeschaltete Präsidium mit den Finanzplanungen auseinandergesetzt. VW-Chef Matthias Müller hatte bereits kurz nach seiner Amtsübernahme erklärt, wegen der Dieselkrise alle Investitionen auf den Prüfstand stellen zu wollen.

Offen ist, wie groß die Kürzungen ausfallen. Aus dem Umfeld des Aufsichtsrates hieß es im Vorfeld, dass sie vermutlich nicht im zweistelligen Milliardenbereich liegen werden. Vor Wochen hatte Volkswagen bereits für die Marke VW Einsparungen von einer Milliarde Euro angekündigt. Vor einem Jahr hatte VW für die Jahre bis 2019 noch Ausgaben von 85,6 Milliarden Euro angepeilt. Das Geld sollte in neue Modelle und Werke sowie umweltfreundliche Technologien fließen.

Auch Zulieferer Bosch gerät ins Visier der Ermittler

Insidern zufolge steht in den USA nun auch der Zulieferer Bosch im Visier der Ermittler. Staatsanwälte im US-Justizministerium prüften, ob der Konzern von den jahrelangen Manipulationen von VW gewusst habe oder daran beteiligt gewesen sei.

Von Bosch kommen wichtige Bauteile in dem Dieselmotor, der in sechs betroffenen Volkswagen-Modellen und in einem betroffenen Audi-Modell genutzt wird. Bislang gibt es keine Belege für ein Fehlverhalten des Zulieferers. Rechtsexperten zufolge ist aber die entscheidende Frage, ob das Bosch-Management gewusst habe, dass seine Technologie für Manipulationen eingesetzt wird. "Wenn man weiß, dass ein Vergehen begangen wird, und man aktiv dazu beiträgt, dass es zu dem Vergehen kommt, sitzt man in der Patsche", sagte der auf Umweltrecht spezialisierte Anwalt Daniel Riesel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2746158
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/AFP/vit/hgn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.