Abgasaffäre:Prüfer messen bei vielen Automodellen höhere CO2-Werte

Abgasaffäre: Je höher der CO2-Austoß eines Autos, desto höher sind die Kosten für Umwelt und Verbraucher.

Je höher der CO2-Austoß eines Autos, desto höher sind die Kosten für Umwelt und Verbraucher.

(Foto: Catherina Hess)
  • Nach der Abgasaffäre um erhöhte Stickoxid-Werte ließ das Kraftfahrtbundesamt (KBA) viele Fahrzeuge auch auf ihren CO2-Ausstoß hin prüfen.
  • Messergebnisse des KBA, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, stellen gleich mehreren Herstellern ein schlechtes Zeugnis aus.
  • Fahrzeuge von Alfa Romeo, Audi, BMW, Fiat, Jaguar, Jeep, Land Rover, Opel, Peugeot, Mercedes, Renault, VW, Volvo und Porsche sollen betroffen sein.

Markus Balser

Die Ergebnisse dieser brisanten Tests sollten eigentlich unter Verschluss bleiben. Für die Daten, die das Kraftfahrtbundesamt bereits im Sommer erhob, galt höchste Geheimhaltung. Denn nach der Abgasaffäre um erhöhte Stickoxid-Werte ließ die Behörde viele Fahrzeuge auch auf ihren CO2-Ausstoße hin prüfen. Nun aber sickern erstmals Details durch. Messergebnisse des KBA, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, stellen gleich mehreren Herstellern ein schlechtes Zeugnis aus. So sollen Fahrzeuge von Alfa Romeo, Audi, BMW, Fiat, Jaguar, Jeep, Land Rover, Opel, Peugeot, Mercedes, Renault, VW, Volvo und Porsche bei Nachmessungen der Laborwerte zum Teil deutlich über den Herstellerangaben gelegen haben. So stieß etwa ein Golf 148 statt den angegebenen 129 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Über die erhöhten Werte hatte zuerst der Spiegel berichtet.

Höhere CO2-Werte bedeuten Kosten für Umwelt und Verbraucher

Zwar weisen die Hersteller darauf hin, dass es bei diesen Werten zunächst um einmalige und deshalb fehleranfällige Tests gegangen sei. Den Tests sollten weitere Folgen. Doch sollten sich die Werte auch in weiteren Reihen bestätigen, käme ein gewaltiges Problem auf die Autohersteller zu. Denn höhere CO2-Werte bedeuten nicht nur ein großes Problem für die Umwelt, da sie die Erderwärmung förden. Sie legen auch nahe, dass der Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge höher ausfällt, Kunden damit also mehr Kosten entstehen, als nach den Herstellerangaben erwartet.

Das Bundesverkehrsministerium hatte bereits eingeräumt, dass der Kraftstoffverbrauch "ein wichtiges Kriterium bei der Kaufentscheidung für einen neuen Pkw" ist. Auch für die Hersteller selbst geht es um viel. Schließlich haben fast alle große Mühe, die offiziellen CO2-Emissionsziele der EU zu erreichen, wonach die Werte der Pkw-Fahrzeugflotten im Schnitt von heute 130 Gramm CO2 pro Kilometer bis 2020/21 auf 95 Gramm sinken müssen. Sonst drohen saftige Strafen.

In der Opposition wächst der Ärger über die Abgasaffäre und ihre schleppende Aufklärung: "Dass der tatsächliche Spritverbrauch eines Autos nichts mit den Herstellerangaben zu tun hat, ist leider nicht mehr überraschend für einen Autokäufer", sagt der Grünen-Fraktions-Vize Oliver Krischer. Die Hersteller gäben für den Verbrauch etwa vier Liter auf 100 km an, tatsächlich verbrauche der Wagen aber nicht unter 5,5 Liter - selbst bei sparsamster Fahrweise. Ursache sei der völlig unrealistische, im Labor gemessene Fahrzyklus, der nichts mit dem Normalverbrauch eines Autos zu tun habe.

Dobrindt: "Unsere Arbeit ist noch nicht zu Ende"

Dobrindt hatte bereits im Frühjahr angekündigt, dass die Abgas-Untersuchungskommission seines Ministeriums ihre Arbeit nach der Prüfung von Stickoxiden auch auf CO2 ausdehnen soll. "Unsere Arbeit ist noch nicht zu Ende", hatte er erklärt. Doch seitdem lässt die offizielle Veröffentlichung der Messdaten auf sich warten. Im Mai hatte das Ministerium zumindest bestätigt, dass 30 Fahrzeuge auffällige Werte aufwiesen; die Untersuchungen liefen noch. Details zu den Messungen - wie etwa betroffene Hersteller - nannte man bislang jedoch nicht. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte dazu am Samstag: "Die auffälligen Fahrzeuge sind einer eigenen CO2-Untersuchung zugeführt worden. Die Ergebnisse werden nach Abschluss der Untersuchungen in einem eigenen Bericht veröffentlicht."

Der Volkswagenkonzern äußerte sich auf eine Anfrage zunächst nicht. Audi erklärte, man könne die Daten nicht kommentieren. "Wir haben leider keine Kenntnis über die Messrandbedingungen und das Messverfahren, die zu den von Ihnen zitierten Werten geführt haben." Es gebe eine Vielzahl von Faktoren, die zu unterschiedlichen Messwerten führen könnten. Auch Opel erklärte, man könne sich dazu nicht äußern. Die Messung sei dem Unternehmen nicht bekannt.

Auch in Frankreich waren Prüfer auf gewaltige Probleme gestoßen. Die unabhängige Kommission im Auftrag der französischen Umweltministerin Ségolène Royal hatte für fast 90 Modelle Daten vorgelegt. Dabei stellten die Experten neben teils extrem hohen Stickoxidwerten fest, dass die Autos auch mehr CO2 ausstoßen als angegeben. Bei den Fahrtests lagen die Werte bei drei Viertel der geprüften Autos "20 bis 50 Prozent höher", als von den Herstellern zugesagt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: