Abgas-Skandal:Amerikanischer VW-Chef will von Manipulationssoftware nichts gewusst haben

Lesezeit: 2 Min.

Michael Horn (Foto: AFP)
  • Michael Horn, VW-Chef in den USA, sagt vor einem Unterausschuss des US-Kongresses, dass er erst kurz vor dem 3. September 2015 von der Manipulationssoftware erfahren habe.
  • Die Abgeordneten zeigen sich verbittert über das Vorgehen von VW.
  • Während der Befragung wird auch deutlich, dass immer noch unklar ist, wie der Autokonzern nun vorgehen wird.

Von Hans von der Hagen

Horn hat nicht viel zu sagen

Betrug! Kein Wort fällt zu Beginn der Anhörung von US-Volkswagen-Chef Michael Horn häufiger. Wie könne es sein, dass das Unternehmen so eiskalt seine Kunden hintergangen habe, fragen die Politiker. Und: Was sei eine Aussage von Volkswagen jetzt überhaupt noch wert?

Die Abgeordneten, von denen einige offenkundig selbst Volkswagen fahren oder gefahren haben, stellen fest, dass von dem Kultstatus des Wolfsburger Konzerns in den USA nichts mehr übrig ist. Nun müsse VW Antworten liefern.

Doch Horn hat nicht viel zu sagen. Vielleicht auch, weil er für die Befragung vereidigt wurde.

Er habe erst kurz vor dem 3. September 2015 erfahren, dass eine Software zur Manipulation der Abgaswerte in die Fahrzeuge eingebaut worden sei, behauptet Horn. Anfang September hatte VW erstmals gegenüber der kalifornischen Umweltbehörde Carb und der US-Umweltschutzbehörde EPA eingeräumt, dass eine entsprechende Software installiert wurde.

Warum 18 Monate lang nichts passierte

Von den abweichenden Emissionstests hatte Horn hingegen schon im Frühjahr 2014 gewusst. Damals habe er aber keinen Grund zur Annahme gehabt, dass eine Betrugssoftware eingesetzt worden sei. Vielmehr hätten sich die Techniker im Konzern um den Fall kümmern wollen.

Geschehen ist dann allerdings nicht viel: Es gab zwischendurch einen Rückruf von Fahrzeugen. Doch die Abgaswerte besserten sich dadurch offenbar nicht.

Warum 18 Monate lang nichts passierte - die Abgeordneten erhalten dafür zunächst keine Erklärung.

Genauso fassungslos sind sie, dass nur so wenige Leute von der Software gewusst haben sollen. Wie könne es sein, fragen sie, dass eine Universität in den USA den Fall aufdecke, aber die unzähligen brillanten Ingenieure bei VW nichts davon mitbekommen hätten.

Während der Befragung wird auch deutlich, dass immer noch unklar ist, wie VW nun vorgehen wird. Bei 430000 der insgesamt 500000 betroffenen VW-Fahrzeuge auf US-Straßen reicht es Horn zufolge nicht aus, eine Änderung an der Software vorzunehmen. Hier müssten weitgehende Änderungen an der Abgasanlage vorgenommen werden.

Das ist nicht nur für die Kunden ein Desaster, sondern auch für die Händler, die nun ihre Fahrzeuge nicht mehr loswerden. Für die Modelle des kommenden Jahres hat VW gar keine Zulassung mehr. Hier bemühe man sich zumindest um eine an Bedingungen geknüpfte Betriebserlaubnis, sagte Horn. Zudem sollen Händler finanziell unterstützt werden.

In seiner Eingangserklärung hatte Horn gesagt, dass VW die "volle Verantwortung" übernehmen werde. "Wir haben das Vertrauen unser Kunden, unserer Händler und unserer Angestellten genauso missbraucht wie das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörden."

Ausschussmitglied Fred Upton drückte es plastischer aus: "VW wird einen hohen Preis bezahlen für dieses kleine schmutzige Geheimnis."

US-Parlamentarier geißeln unternehmerisches Fehlverhalten

Das Parlament in den USA spielt eine wichtige Rolle beim Verbraucherschutz und bei der Aufklärung von unternehmerischem Fehlverhalten. Auch mehrere Topmanager anderer Autokonzerne wurden in den vergangenen Jahren vor den Kongress zitiert, um sich zu Skandalen zu erklären.

Im Februar 2010 musste Toyota-Chef Akio Toyoda eine mehr als dreistündige Anhörung über sich ergehen lassen, nachdem klemmende Gaspedale bei Fahrzeugen des japanischen Autobauers mit mehreren tödlichen Unfällen in Verbindung gebracht worden waren. Toyoda entschuldigte sich damals für die Sicherheitsmängel und übernahm die "volle Verantwortung". Im April vergangenen Jahres traf es die Chefin von General Motors (GM), Mary Barra, die sich wegen des verspäteten Rückrufs von Millionen GM-Fahrzeugen mit defekten Zündschlösser vor den Parlamentariern erklären musste.

Auch Barra entschuldigte sich bei den Betroffenen und zeigte sich "zutiefst betrübt" über die Affäre. Ebenfalls zerknirscht trat im Juni der US-Chef des japanischen Airbag-Herstellers Takata, Kevin Kennedy, vor einen Kongressausschuss.

(Mit Material von AFP)

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