Abgang:Hopfen loggt sich aus

Abgang: Donata Hopfen war rund sieben Monate der Kopf der deutschen Datenallianz Verimi. Doch nicht alle kamen mit ihrem Führungsstil zurecht. Am Ende musste sie ihren Posten räumen.

Donata Hopfen war rund sieben Monate der Kopf der deutschen Datenallianz Verimi. Doch nicht alle kamen mit ihrem Führungsstil zurecht. Am Ende musste sie ihren Posten räumen.

Die deutsche Datenallianz Verimi verliert einen Monat nach Markteintritt die Chefin Donata Hopfen. Hinter der Personalie steckt ein längerer interner Streit um Macht und Einfluss. Allerdings: Der Abgang kommt zur Unzeit.

Von Meike Schreiber und Nils Wischmeyer, München/Frankfurt

So hatte sich das wohl keiner vorgestellt. Erst einen Monat am Markt, noch in der Aufbauphase und schon geht die Chefin. Die deutsche Datenallianz Verimi, zu der unter anderem die Allianz und die Deutsche Bank gehören, verliert ihre Geschäftsführerin Donata Hopfen und will die Führungsetage künftig anders strukturieren. Damit verzeichnet das hoffnungsvolle Projekt einen herben Rückschlag zu ungünstiger Zeit.

Das Prinzip hinter der neuen Identitätsplattform kennt jeder von Google oder Facebook. Statt sich für jede Webseite ein eigenes Profil anzulegen, loggt sich der Nutzer mit seinem Facebook-Profil ein. Für den Verbraucher ist das bequem, für die US-Konzerne eine Möglichkeit, Daten abzugreifen. Nach der gleichen Idee soll auch Verimi funktionieren. Der Kunde erstellt einmal ein Profil und kann sich dann bei der Deutschen Bank, Daimler oder gar Behörden einloggen. In Hinblick auf die mächtige Konkurrenz von Facebook oder Google klang die Vision nach einem ambitionierten, aber machbaren Plan. Immerhin liest sich die Liste der Gesellschafter der Allianz wie eine kleine Zusammenkunft der ehemaligen Deutschland AG. Neben Axel Springer sind unter anderem die Allianz, die Deutsche Bank, die Lufthansa, die Telekom, Daimler und die Bundesdruckerei an dem Projekt beteiligt.

Donata Hopfen war bisher der Kopf des Unternehmens. Sie gab die Interviews, war Chefin und trieb das Projekt voran. Die ehemalige Geschäftsführerin von Bild hatte es in sieben Monaten geschafft, ein eigenständiges Unternehmen aufzubauen und gleichzeitig die Wünsche der hochkarätigen Gesellschafter unter einen Hut zu bekommen. Einige selbstgesteckte Ziele erfüllte Verimi vor der eigentlichen Deadline. Nun geht die Chefin aufgrund eines Streits um die Art und Weise, wie das Unternehmen zu führen ist. In einer Mitteilung heißt es zu ihrem Abgang, es gebe unterschiedliche Auffassungen über die "strategische Führung" des Unternehmens. Oder auf gut Deutsch: Hopfen wollte agieren wie ein CEO, schnell wachsen und bei allen Entscheidungen das letzte Wort haben. Das sollte die Prozesse beschleunigen. Doch dem Rest der dreiköpfigen Geschäftsführung war das offenbar zu viel Einfluss. Sie pochten auf Gleichberechtigung. Daraufhin entbrannte ein Streit, an dessen Ende der Abgang von Hopfen steht. Ihre Nachfolgerin wird nun vorübergehend Jeannette von Ratibor, die von T-Systems kommt. Sie wird allerdings nicht CEO, sondern eine von drei gleichberechtigten Geschäftsführern. Entscheidungen werden künftig zusammen und somit wohl auch langsamer gefällt.

Der Abgang kommt zur Unzeit. Denn bald treten neue Datenschutzrichtlinien in Kraft, die Verimi bereits erfüllt. Damit wollte man bei den potenziellen Nutzern punkten. Ohne einen bekannten Kopf an der Spitze wird das schwieriger. An den gemeinsamen Zielen halte man aber trotz des Weggangs weiter fest, heißt es. Nach und nach wolle man den Markt erobern, so die Strategie. Schon der Start lief so, weshalb Kunden bei der Lufthansa oder der Allianz bisher auf den grünen Log-In-Button von Verimi verzichten müssen. Die Gesellschafter versuchen das als klug zu verkaufen. Doch stößt Verimi mit der Strategie womöglich auf das Henne-Ei-Problem: Solange es kein großes Angebot gibt, hat der Kunde wenig Gründe, bei noch einem Dienst seine Daten zu hinterlegen. Und solange der Dienst keine Kunden hat, werden sich kaum weitere Partner anschließen.

Wie es dann läuft, hat der Bezahldienst Paydirekt vorexerziert. Das Joint Venture aller deutschen Banken und Sparkassen war 2015 gestartet, um dem US-Anbieter Paypal Marktanteile beim Online-Bezahlen abzunehmen. Schnell jedoch zeigte sich, wie schwierig die Aufholjagd ist. Das Hauptproblem: Es dauerte viel zu lange, bis sich die eigentlich untereinander konkurrierenden deutschen Banken überhaupt auf einen Schlachtplan einigten. Auch die Umsetzung geriet dann eher schleppend. Aktuell braucht Paydirekt zum Beispiel rund 200 bis 300 Millionen Euro für die weitere Expansion. Ob und wann das Kapital fließt und wer wie viel bezahlt, ist noch völlig unklar. Während Paypal hierzulande mehr als 19 Millionen Kunden hat, ist der deutsche Klon daher gerade mal bei 1,8 Millionen angelangt. Was beachtlich klingt, ist weit entfernt von dem, was man sich vorgenommen hatte. Eigentlich wollte man zum Jahresende 2017 bereits sieben Millionen Kunden registriert haben. Außerdem sind viele große Online-Händler immer noch nicht angebunden. Das bedeutet, dass auch die registrierten Kunden in den meisten Fällen nicht mit Paydirekt bezahlen können. Wie oft Kunden wirklich über Paydirekt einkaufen, sagt das Unternehmen nicht. Es dürfte aber noch nicht sehr häufig sein. "Paydirekt ist bisher kein Erfolg, wir müssen bitteres Lehrgeld zahlen", hatte Georg Fahrenschon, ehemaliger Präsident des Deutschem Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), vergangenes Jahr eingestanden. Verimi hat gegenüber Paydirekt immerhin einen Vorteil: Die Betreiber sind keine Konkurrenten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: