Abfallentsorgung:Recycling lebt vom Mitmachen

Kippe im Park, Retoure im Müll: Neue Regeln sollen das vereiteln. Umweltschützern reicht der Plan des Ministeriums nicht.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Wenn es um Abfall geht, ist auf den ersten Blick schwer zu sagen, was das Kaugummi auf der Gehwegplatte vom Zigarettenstummel daneben unterscheidet. Beides hat dort nichts zu suchen, sondern gehört eigentlich in einen Abfalleimer. Beides muss deshalb von den Kommunen entsorgt werden, was beim Kaugummi freilich, wenn es denn geschieht, etwas aufwendiger ist. Aber von der Verantwortung der Kaugummi-Hersteller redet derzeit trotzdem keiner - wohl aber von jener der Zigaretten-Industrie: Die soll für die Entsorgung ihrer Kippen künftig mit aufkommen. Das gleiche gilt für Hersteller und Vertreiber etwa von Pappbechern für Kaffee.

Im Grundsatz sieht es so jedenfalls eine Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vor, die am Mittwoch das Kabinett passiert hat. "Das Ziel ist klar: Wir wollen eine saubere Umwelt, in der weder Müll und noch giftige Kippen rumliegen", sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Weshalb die Hersteller sich an der Reinigung künftig beteiligen lassen, ebenso wie an der "anschließenden umweltverträglichen Verwertung und Beseitigung der nach Gebrauch der aus den von einem Hersteller oder Vertreiber in Verkehr gebrachten Erzeugnissen entstandenen Abfälle entstehen". So steht das im Gesetz.

Kabinett verabschiedet Gesetz gegen Retouren-Vernichtung

Pakete über Pakete – und mitunter landet das, was hier aus dem Paketzentrum von DHL verschickt wird, als Retoure im Müll.

(Foto: Tom Weller/dpa)

Das Umweltministerium ist stolz auf solche Passagen, ebenso auf jene zur Vernichtung von Retouren. Denn eingeschmuggelt wurden die Verschärfungen in eine Novelle, die eigentlich eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umsetzen soll. Der Entwurf der Bundesregierung geht nun über diese Richtlinie deutlich hinaus. Man nutze "die sich bietende Chance zur umweltpolitischen Fortentwicklung des deutschen Abfallrechts", heißt es in dem Entwurf.

So soll für den Handel künftig eine "Obhutspflicht" gelten. Wer also Produkte zurücknimmt, soll künftig die Auflage haben, "dass die Gebrauchstauglichkeit der Erzeugnisse erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden". Fälle wie jener beim Online-Händler Amazon, der im großen Stil zurückgegebene Ware zum Müll gegeben hatte, sollen sich so nicht wiederholen. "Damit sind wir in der Europäischen Union die ersten", sagt Schulze. Der Vernichtung von Retouren könne der Staat so einen Riegel vorschieben.

Derweil soll die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Sie soll künftig verpflichtet sein, Projekten und Erzeugnissen den Vorzug zu geben, die in "rohstoffschonenden, energiesparenden, wassersparenden, schadstoffarmen oder abfallarmen Produktionsverfahren hergestellt worden sind". Auch Langlebigkeit und Reparierbarkeit sollen eine Rolle spielen, ebenso die Verwendung recycelten Materials bei der Herstellung. Letzteres wird bisher nur schwach nachgefragt, obwohl alles Recycling davon abhängt, dass die Materialien tatsächlich weiterverwendet werden. Dabei sollen die 6000 Beschaffungsstellen der Bundesbehörden nun helfen.

Käufer von spritfressenden Autos sollen mehr zahlen

"Das Ziel ist klar: Wir wollen eine saubere Umwelt, in der weder Müll und noch giftige Kippen rumliegen", sagt Umweltministerin Svenja Schulze (SPD).

(Foto: dpa)

Wie konkret die neuen Auflagen umgesetzt werden, ist allerdings noch offen. Das Gesetz wimmelt von Ermächtigungen, vor allem rund um die neue Obhutspflicht und die Beteiligung der Industrie an der Reinigung von Parks und Gehwegen. All das soll in eigenen Verordnungen geklärt werden.

Vor allem Umweltschützer sind deshalb unzufrieden. Schulze habe versprochen, die Vernichtung von Retouren zu unterbinden, kritisiert etwa Barbara Metz, stellvertretende Chefin der Deutschen Umwelthilfe. "Jetzt bricht sie ihr Wort, indem sie keine verbindliche Obhutspflicht festlegt, sondern lediglich die Möglichkeit festschreibt, zukünftig eine Verordnung zu erlassen."

Selbst die Entsorger sind enttäuscht. Ein ohnehin schwacher Gesetzentwurf sei innerhalb der Bundesregierung weiter abgeschwächt worden, klagt etwa der Branchenverband BDE. So lasse sich nun nicht mehr der Einsatz von Rezyklaten bei bestimmten Produkten vorschreiben. "Die Bundesregierung lässt hier eine wichtige Chance ungenutzt", sagt BDE-Präsident Peter Kurth. Und auch die kommunalen Unternehmen sind nicht glücklich: Sie hätten sich noch eine Klausel für Kaugummis gewünscht.

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