"737-Max"-Krise:Boeing feuert Konzernchef

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Lange hat man Dennis Muilenburg gehalten. Doch nun hat der US-Flugzeugbauer aus dem 737-Debakel Konsequenzen gezogen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Muss gehen: Boeing-Chef Dennis Muilenburg. (Foto: Andrew Harnik/AP)

Der amerikanische Luftfahrtkonzern Boeing hat seinen Vorstandschef Dennis Muilenburg entlassen. Der Verwaltungsrat des Unternehmens zog damit die Konsequenzen aus dem Debakel rund um das Flugverbot für die Boeing 737 Max. Es hat das Unternehmen in die größte Krise seiner Geschichte gestürzt. Muilenburgs Demission gilt mit sofortiger Wirkung, erst Mitte Januar tritt dann Nachfolger David Calhoun sein Amt an.

Muilenburg war nicht nur wegen der Fehler Boeings bei der Entwicklung der neuesten 737-Generation in die Kritik geraten, sondern auch wegen der Art und Weise, wie er die Krise in den Griff zu bekommen wollte. Muilenburg hat von Beginn an versucht, die Auswirkungen des Flugverbotes gegenüber den Kunden herunterzuspielen, hatte gleichzeitig aber Druck auf die Behörden ausgeübt, die Maschine schnell wieder zuzulassen. Doch dann musste Boeing die Rückkehr immer weiter verschieben. Zuletzt machte die US-Aufsichtsbehörde Federal Aviation Administration (FAA) klar, dass sie das Flugverbot auf keinen Fall mehr in diesem Jahr aufheben wird. Boeing gab daraufhin bekannt, dass die Produktion der 737 im Januar vorübergehend eingestellt wird.

Der 55-jährige Konzernchef galt zuletzt nicht nur bei den Angehörigen der 346 Passagiere, die bei den beiden Abstürzen der Lion Air und Ethiopian Airlines ums Leben gekommen waren, als Persona non grata. Auch sein Verhältnis zu FAA-Chef Steve Dickson war irreparabel beschädigt, weil dieser den Eindruck hatte, Muilenburg wolle ihn durch öffentliche Statements zum Zeitplan indirekt unter Druck setzen. Und sogar Southwest Airlines, seit fast 50 Jahren treuer und ausschließlicher 737-Kunde, erwägt nun erstmals ernsthaft, für die nächste Bestellung Airbus zu wählen, so enttäuscht ist das Unternehmen von seinem wichtigsten Lieferanten. Southwest muss auch im kommenden Jahr wie auch viele andere amerikanische Fluggesellschaften täglich mehrere Hundert Flüge aus dem Programm nehmen, weil die Max-Jets fehlen.

Für die Maschinen gilt seit März ein weltweites Flugverbot. Boeing hatte für die Max das Flugsteuersystem Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) entwickelt, das in bestimmten Situationen automatisch eingreift. Die Wirkweise stellte sich als exzessiv heraus, gleichzeitig war den meisten Piloten die Existenz von MCAS unbekannt. Boeing hat zwar mittlerweile eine deutlich entschärfte Variante von MCAS entwickelt, die Experten auch für unter Sicherheitsaspekten akzeptabel halten. Doch stehen noch zahlreiche Schritte an, bevor die Max wieder eingesetzt werden darf.

An der Spitze von Boeing wird Muilenburg von Verwaltungsratschef David Calhoun, 62, abgelöst. Calhoun ist in der Branche bekannt und geschätzt - er war 26 Jahre lang beim Mischkonzern General Electric, unter anderem als Vice Chairman und Verantwortlicher für die Flugmotorensparte GE Aircraft Engines. Zuletzt arbeitete er für den Finanzinvestor Blackstone.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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