Wer in den Neunzigerjahren versucht hätte, einen James-Bond-Film mit der damaligen Mobilfunktechnik 2G auf ein Handy zu laden, der hätte 64 Tage gebraucht. So rechnet es Claudia Nemat vor, die im Vorstand der Deutschen Telekom für Technologie verantwortlich zeichnet. Mit dem neuen Standard 5G hingegen lässt sich so ein Streifen binnen weniger Sekunden herunterladen.
Nemats Konzern bietet nun erste Tarife an, mit denen Kunden die neue Technik nutzen können. Drei Wochen zuvor hatten die Telekom und ihre Konkurrenten erste Frequenzen ersteigert, die im großen Stil für 5G taugen, und dafür mehr als sechs Milliarden Euro gezahlt. Die Bundesnetzagentur teilt den Unternehmen nun die Frequenzen zu.
Die neuen Tarife kosten stolze 75 beziehungsweise 85 Euro pro Monat und setzen der Datennutzung keine Grenzen. Die Telekom nimmt auch ein erstes Smartphone von Samsung für knapp 900 Euro ins Sortiment, das den künftigen Funkstandard bereits beherrscht; sowie ein tragbares Gerät für gut 550 Euro, das bis zu 20 Endgeräte ins schnelle Netz bringen kann. Dies seien Angebote für Menschen, "die immer das Neueste wollen", sagt Michael Hagspihl, Privatkundenchef der Telekom in Deutschland, und ergänzt: "Es gibt diese Kunden."
Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis Menschen in ganz Deutschland 5G nutzen können. Entsprechende Funkmasten hat die Telekom bislang nur in Berlin, Bonn und Darmstadt im Testbetrieb. Und selbst dort werden Kunden erst dann 5G nutzen können, wenn der Konzern die kürzlich ersteigerten Frequenzen auch tatsächlich nutzen kann. Dies soll "in den nächsten Wochen" soweit sein.
Bis Jahresende will der Konzern nach eigenem Bekunden etwa 300 5G-Antennen installiert haben, dann auch in Hamburg, München und Leipzig. In alle 20 größten Städte Deutschlands will die Telekom den neuen Standard bis Ende 2020 gebracht haben.
Ein Problem dabei: Noch ist nicht einmal die Vorgängertechnik 4G in der gesamten Republik angekommen. Zwar müssen die Netzbetreiber bis Ende dieses Jahres 98 Prozent der Bevölkerung mit dem auch LTE genannten Standard versorgen; so schreibt es die Netzagentur vor. Doch die Differenz zur Realität sei "zum Teil noch erheblich", kritisierte die Behörde zuletzt.
Nur Millisekunden Reaktionszeit
Die Firmen weisen darauf hin, dass sie auch in vorangegangenen Frequenzauktionen viel Geld ausgegeben haben - und dass es vielerorts lang dauert, bis Ämter neue Antennenstandorte genehmigen. Für den künftigen Standard 5G müssen die Betreiber zudem zwingend Glasfaserleitungen bis zu den Funkmasten legen und dort neue Antennentechnik installieren.
5G kann nicht nur große Datenmengen übertragen, sondern benötigt dafür auch nur wenige Millisekunden Reaktionszeit. Der Standard gilt als Grundlage für autonome Fahrzeuge auf Straßen und in Fabriken sowie für die Echtzeitübertragung auf Datenbrillen oder in der Telemedizin. "In meinen Augen ist es die Verbindung zwischen der virtuellen Welt und der realen Welt", sagt Telekom-Managerin Nemat.
Eine beispielhafte Anwendung hat nun auch Vodafone präsentiert: Der Telekom-Konkurrent arbeitet für mindestens zwei Jahre mit der Deutschen Fußballliga (DFL) zusammen. Die Partner entwickeln derzeit eine App, die Zuschauern im Stadion in Echtzeit Statistiken über die Spieler auf dem Platz anzeigen soll - etwa, wie schnell ein Stürmer gerade zum Tor sprintet. Als erstes Stadion will Vodafone in diesem Herbst die Arena des VfL Wolfsburg mit 5G versorgen.