Die Bundesregierung greift zu einer ungewöhnlichen Maßnahme, um das deutsche Stromnetz vor einem chinesischen Investor zu schützen: Sie beauftragte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), einen Anteil von 20 Prozent am Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz Transmission zu kaufen. Grund dafür seien "sicherheitspolitische Erwägungen".
50 Hertz baut, betreibt und wartet mit etwa 1000 Mitarbeitern die Stromnetze im Nordosten des Landes. Sie sind laut Bilanz 1,8 Milliarden Euro wert. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen einen Umsatz von 224,6 Millionen Euro. Deutschlandweit haben vier große Betreiber das Stromnetz unter sich aufgeteilt.
Im Februar war bekannt geworden, dass der chinesische Versorger State Grid Corporation of China (SGCC) Interesse an einem Teil des 50 Hertz-Netzes hat. Bislang gehörte es zu 20 Prozent dem australischen Investor IFM, der seine Anteile jedoch seit Längerem verkaufen wollte. Inhaber der übrigen 80 Prozent ist die belgische Unternehmensgruppe Elia, die auf Drängen der Bundesregierung bereits Anfang des Jahres einen 20-Prozent-Anteil von IFM übernahm. Nun habe sie erneut ihr Vorkaufsrecht genutzt und den Anteil "unverzüglich" an die KfW weiterverkauft, erklärte das Unternehmen.
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung kaufen sich chinesische Investoren gezielt bei deutschen Firmen ein, um die weltweite Marktführerschaft in Schlüsselbranchen wie E-Autos, Robotik und computergesteuerte Maschinen zu übernehmen. Die Bundesregierung kann solche Übernahmen unter anderem dann verhindern, wenn sie Sicherheitsbedenken hat. So auch in diesem Fall. Das deutsche Stromnetz gilt als kritische Infrastruktur. Laut einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums soll die KfW den Anteil an 50 Hertz nicht dauerhaft behalten. Der Kauf sei lediglich eine "Brückenlösung": "Die Anteile sollen perspektivisch weiterveräußert werden."
Regierungs-Veto gegen Kauf von Maschinenbau-Firma
Erst am Donnerstag hatte die Bundesregierung erstmals ihr Veto gegen den Verkauf eines deutschen Unternehmens an chinesische Investoren eingelegt. Es soll am 1. August im Bundeskabinett beschlossen werden. Es handelt sich dabei um den westfälischen Werkzeugmaschinenhersteller Leifeld Metal Spinning. Das Unternehmen ist weltweit führend in der Entwicklung und Fertigung von Werkzeugmaschinen der spanlosen Umformung und Technologieführer bei hochfesten Materialien, die in der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz kommen, aber auch im Nuklearbereich verwendbar sind.
Das Bundeswirtschaftsministerium wollte sich zu dem Verbot bislang nicht äußern. "Zu einzelnen Investitionsprüfungen können wir keine Stellung nehmen", sagte eine Sprecherin. Aus Regierungskreisen heißt es aber, dem Veto sei eine Prüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium vorausgegangen. Das Ministerium kann auf Antrag des erwerbenden Unternehmens oder von Amts wegen prüfen, ob der Erwerb einer Firma durch ausländische Investoren die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet.