50 Jahre Opec:Schwarze Supermacht

Autofreie Sonntage in Deutschland, eine Geiselnahme durch Carlos, den Schakal - und eine ungewisse Zukunft: Die 50-jährige Geschichte der Organisation erdölexportierender Länder im Zeitraffer.

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OPEC

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Autofreie Sonntage in Deutschland, eine Geiselnahme durch Carlos, den Schakal - und eine ungewisse Zukunft: Die 50-jährige Geschichte der Organisation erdölexportierender Länder. 

Im September 1960 trafen sich Abgesandte aus Iran, Irak, Saudi-Arabien, Kuwait und Venezuela in Bagdad, um die Organisation erdölexportierender Länder, kurz Opec, zu gründen. Sie entwickelte sich zur wichtigsten Akteurin auf dem internationalen Energiemarkt.

Die fünf Gründungsstaaten verfügten über drei Viertel der weltweiten Erdölreserven. In den Jahren zuvor war der Ölpreis gesunken und der Haushalt diverser Länder in die Krise geraten. Deswegen regte Saudi-Arabien ein Förderkartell an, um die Fördermengen zu kontrollieren und ein Gegengewicht zu den großen Ölkonzernen zu bilden.

Später schlossen sich weitere sieben Staaten an: Katar (1961), Libyen (1962), die Vereinigten Arabischen Emirate (1967), Algerien (1969), Nigeria (1971), Ecuador (1973, ausgetreten zwischen 1992 und 2007) und Angola (2007). Zwischenzeitlich zählten auch noch Indonesien (1962 bis 2009) und Gabun (1975 bis 1992) zu den Mitgliedern.

Moshe Dayan, Ariel Scharon, 1973

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1973 feilschte die Opec lange mit zwei Ölfirmen um eine Erhöhung des Ölpreises. Sie forderte eine Erhöhung von drei auf sechs Dollar pro Barrel Öl (159 Liter), die Manager boten nur 45 Cent. Die Verhandlungen scheiterten - vier Tage später beschloss die Opec eine Preiserhöhung um 70 Prozent.

Lange hatte die Opec als wenig schlagkräftig gegolten, doch 1973 zeigte sich erstmals ihr gewaltiger Einfluss. Weil die USA in dem am 6. Oktober begonnenen Jom-Kippur-Krieg Israel unterstützten (im Bild der spätere Premierminister Ariel Scharon, Mitte, und Verteidigungsminister Mosche Dajan, links), senkte die Opec ihre Produktion um fünf Prozent - und drohte, sie Monat für Monat um weitere fünf Prozent zu reduzieren.

60 Jahre Deutschland -  Erstes Sonntagsfahrverbot  1973

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Die Opec war zur "schwarzen Supermacht" aufgestiegen und die Welt hatte ihre erste große Ölkrise: In Deutschland gab es 1973 Fahrverbote und neue Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Derweil trieben die westlichen Staaten die Suche nach neuen Erdölquellen voran, um die Abhängigkeit von der Opec zu verringern. Dazu gehörte etwa die Exploration von Feldern in der Nordsee. Zudem trat die Sowjetunion nach und nach als starker Produzent am Weltmarkt auf.

ARCHIV FLUGZEUGENTFHRUNG NACH OPEC-ANSCHLAG

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In der Opec-Zentrale in Wien tagte im Dezember 1975 eine hochkarätige Runde, unter anderem die Öl-Minister aller elf Mitgliedsländer. Doch die anwesende Prominenz führte nicht zu erhöhten Sicherheitsbestrebungen - sechs Menschen konnten in die Zentrale marschieren ohne irgendwelche Ausweise oder den Inhalt ihrer Taschen vorzuzeigen.

Die Taschen waren gefüllt mit Waffen und Sprengstoff und gehörten einer Terrorgruppe, die sich selbst als "Arm der arabischen Revolution" bezeichnete und von Ilich Ramírez Sánchez angeführt wurde - dem Mann, der in den siebziger und achtziger Jahren als "Carlos, der Schakal" für etliche Attentate verantwortlich war. Carlos und seine Mitstreiter drangen unbehelligt zum Konferenzsaal im ersten Stock vor, nahmen mehr als 60 Menschen als Geiseln, drei starben.

Sie forderten unter anderem, dass Israel von keinem muslimischen Staat anerkannt werden dürfe, Iran zum Agenten der USA erklärt und die Erdölquellen im arabischen Raum verstattlicht werden sollten.

Nach Verhandlungen mit dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky flogen die Terroristen über Tripolis nach Algier aus und ließen die restlichen Geiseln frei. Sie selbst wurden trotz einer Forderung Österreichs an Algerien nicht ausgeliefert und reisten nach Libyen aus. Erst im August 1994 wurde Carlos im Sudan verhaftet und nach Frankreich ausgeliefert - und wegen Mordes an zwei Polizisten sowie an einem Libanesen und wegen weiterer Anschläge zu lebenslanger Haft verurteilt.

IRAN-REVOLUTION-ANNIVERSARY

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Nach der Islamischen Revolution in Iran und den damit verbundenen Unsicherheiten über die Erdölversorgung sowie einer Drosselung der Ölforderung stieg der Ölpreis auf bis zu 38 Dollar pro Barrel. Es war die zweite Ölkrise.

Von 1988 an muss sich die Opec mit weiteren Gegenspielern auseinandersetzen: In diesem Jahr wurde an der Londoner Börse das erste Future auf die Nordsee-Marke Brent gehandelt. Fortan prägten also nicht nur Produzenten und Konsumenten, sondern auch Finanzakteure den Ölmarkt mit.

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Die Situation Mitte des Jahres 2008 erinnerte viele an die Situation aus dem Oktober 1973. Der Ölpreis stieg und stieg und stieg - bis auf 147,20 Dollar pro Barrel. Doch eines war anders als 35 Jahre zuvor: Diesmal galten nicht die Mitgliedsländer der Opec als Hauptschuldige, sondern Rohstoffkonzerne oder die neuen Wirtschaftsmächte in Fernost. Es gab Akteure am Markt, die als einflussreicher und entscheidender als die Opec angesehen wurden.

Nach Meinung der Politologen Jan Martin Witte und Andreas Goldthau dürfte sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen und sogar noch verstärken. In ihrem Buch "Die Opec. Macht und Ohnmacht des Öl-Kartells" prognostizieren sie, dass die Opec bald keine Rolle mehr spielen werde - obwohl Öl auch in den Zeiten des Klimawandels und der "Energiewende" vorerst die dominierende Energieart bleibt.

Zu den Gründen zählt unter anderem, dass ...

OPEC erhöht Ölförderung um zwei Millionen Barrel

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... die Opec-Länder zwar immer noch über mehr als zwei Drittel der weltweiten Ölvorkommen verfügen, deren Erschließung allerdings immer teurer, deren Förderung immer schwieriger und deren genaue Zahlen bisweilen umstritten sind. Opec-intern könnte es zudem zu Komplikationen kommen, wenn der Irak wieder eine wichtigere Rolle beansprucht und an Saudi-Arabiens Führungsposition rüttelt (im Bild eine Ölförderstätte im saudi-arabischen Dhahran). Dazu gibt es große Konkurrenten wie zum Beispiel Russland.

Alles in allem, so folgern Witte und Goldthau, werde es immer schwieriger, die Ölpolitik zu koordinieren und den Ölpreis zu kontrollieren.

© sueddeutsche.de/aum/old/hgn/mel
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