Süddeutsche Zeitung

Mobiles Internet:Was das Ende von 3G für Mobilfunknutzer bedeutet

Telekom und Vodafone schalten Ende Juni, Telefónica Ende des Jahres ihre 3G-Netze ab. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Helmut Martin-Jung

Der Hype war riesig, die Summe, die der Staat kassierte, fast noch gewaltiger: 100 Milliarden Mark, gut 50 Milliarden Euro, zahlten die Mobilfunkbetreiber im Jahr 2000 dafür, die Frequenzen für die dritte Generation des Mobilfunks - genannt 3G oder UMTS - nutzen zu dürfen. Jetzt wird diese Technik in Deutschland abgeschaltet. Telekom und Vodafone gehen diesen Schritt schon Ende Juni, bei Telefónica ist am Jahresende Schluss. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum wird 3G abgeschaltet?

3G hat in keiner Weise gebracht, was sich die Mobilfunkbetreiber erhofft hatten. Es wurde nie flächendeckend ausgebaut. Schuld daran waren die völlig überzogenen Forderungen des Staates, der die eingenommenen Milliarden dann auch nicht dafür nutzte, die Internet-Versorgung in Deutschland auszubauen (Stichwort: Neuland). 3G, auch UMTS genannt (Universal Mobile Telecommunications System) erfüllte aber auch technisch nicht die Erwartungen. Zwar funktioniert 3G dann zufriedenstellend, wenn wenige Geräte größere Dateien herunterladen sollen. Doch die aufkommende Smartphone-Revolution verlangte das genaue Gegenteil: Viele Apps wollten eher geringe Datenmengen austauschen - und da lahmte die UMTS-Technik. 4G ist ihr in jeder Hinsicht überlegen, daher bauten die Betreiber 3G auch kaum noch weiter aus, sobald 4G verfügbar war. Weil viele Nutzer zu jener Zeit noch 3G-Verträge hatten, erschien das mobile Datennetz in Deutschland noch lückenhafter, als es ohnehin war. Die frei werdenden Frequenzen nutzen die Betreiber für 4G und 5G. Der 4G-Ausbau ist inzwischen schon gut vorangekommen - Lücken gibt es allerdings auch hier noch immer.

Was bedeutet die Abschaltung für die Nutzer?

Die gute Nachricht ist: Für die meisten Nutzer ändert sich nichts. Denn sie besitzen bereits halbwegs moderne Geräte, die mit 4G umgehen können. Wenn diese auch das Telefonieren über 4G beherrschen - noch besser. Dann nämlich entfällt das langwierige Umschalten zwischen 2G (fürs Telefonieren) und 4G (für Daten). Einige Nutzer brauchen jedoch neue SIM-Karten. Falls das so ist, werden sie möglicherweise vom Netzbetreiber kontaktiert oder aber sie müssen sich selber melden - am besten nicht am ersten Tag nach der Abschaltung, denn da werden sie nicht die einzigen sein. Möglicherweise wird es aber auch gar nicht schlimm, denn die Mobilfunkbetreiber haben die Abschaltung bereits in einigen Städten erprobt. Die Serviceanrufe sollen sich in Grenzen gehalten haben.

Was, wenn das Smartphone nur 3G kann?

Der Anteil von 3G am Gesamt-Datenverkehr bewegt sich bei allen Anbietern im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Für diese Gruppe gibt es grob gesagt zwei Alternativen: Sie finden sich damit ab, dass sie das Gerät fast nur noch zum Telefonieren nutzen können. Denn wenn 3G wegfällt, schalten die Handys automatisch auf 2G zurück, und dort tröpfeln die Daten ohnehin nur äußerst gemächlich dahin. Da eine Reihe von Geräten betroffen ist, wird der Andrang im 2G-Netz aber tendenziell wachsen - was die Sache verschlimmert. Plan B ist daher, sich ein 4G-fähiges Smartphone zuzulegen. Das muss kein Neues sein, etliche Plattformen bieten aufbereitete Gebrauchte günstig an. Für Wenignutzer gibt es auch Neugeräte zu akzeptablen Preisen. Wer zwischen 200 und 300 Euro auszugeben bereit ist, bekommt durchaus brauchbare Smartphones. Rennpferde sind das aber nicht, auch die Kameras sind nicht mit denen der Flaggschiffe vergleichbar. Noch günstigere Geräte haben häufig noch schlechtere Kameras und verlangen vom Nutzer etwas Geduld etwa beim Starten von Apps.

Was ist mit 3G im Auto?

Mancher Autofahrer könnte durch die Abschaltung bestraft werden. Und zwar dann, wenn die im Auto verbaute Funktechnik bloß 3G beherrscht. Bei manchen Herstellern ist das der Fall, wie das IT-Fachmagazin c't ermittelt hat. Bei Audi etwa sollen bei älteren Modellen die Connect-Dienste nicht mehr funktionieren, der sogenannte eCall, der bei Unfällen automatisch den Rettungsdienst kontaktiert, aber schon. Er läuft dann über 2G. Ähnlich ist es bei anderen Herstellern. Bei den meisten sind aber ohnehin 4G-Funkmodule eingebaut.

Wie sieht es in den Nachbarländern aus?

Es droht ein europäischer Flickenteppich: In den Niederlanden etwa handeln die dortigen Anbieter sogar unterschiedlich. In der Schweiz soll 2G wegfallen, 3G dafür aber bleiben, in Frankreich unterstützen nicht alle Netzbetreiber alle für 4G verwendeten Frequenzen. Am sichersten ist man aber immer noch mit Gerät und SIM-Karte unterwegs, die 4G und auch das Telefonieren darüber unterstützen.

Muss man 3G nachtrauern?

Wer nicht seinen Uralt-Knochen weiter benutzen will, kann beruhigt sein. Die neuen Standards 4G und 5G sind dem Vorgänger weit überlegen. Das betrifft nicht nur die die Geschwindigkeit und die Latenz, also die Zeit, bis das Netz auf eine Anfrage reagiert. 4G und 5G sind auch viel effektiver, was den Datendurchsatz angeht. Die Betreiber wiederum freuen sich, weil durch die frei gewordenen Frequenzen für 4G mehr Frequenzen genutzt werden können. Das könnten 4G-Nutzer durchaus spüren.

Was ist eigentlich mit 5G?

Die jüngste schon verfügbare Generation des Mobilfunks ist noch ziemlich am Anfang. Führend ist dabei die Telekom, die bereits viele Basisstationen umgerüstet hat. Bei Privatnutzern allerdings ist es zumindest im Moment noch so, dass eine Anwendung gesucht wird, die zwingend 5G braucht. Für das, was sie heute benötigen, reicht 4G locker aus. Ein Anwendungsfall wären Spiele - doch das setzte voraus, dass 5G im Standalone-Betrieb läuft. Das allerdings ist erst bei wenigen Basisstationen der Fall. Die meisten verwenden 5G sozusagen Huckepack auf 4G. Das macht Downloads nicht zwingend schneller, aber kostengünstiger für die Anbieter, weil 5G effizienter arbeitet.

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