30 Milliarden Euro in der Rentenversicherung:Rekordsumme, die nicht lang reicht

Boomt die Wirtschaft, geht es auch den Sozialsystemen gut. Weil die Arbeitslosigkeit 2012 auf niedrigem Niveau verharrte, ist die Reserve der gesetzlichen Rentenversicherung mittlerweile auf die Rekordsumme von 30 Milliarden Euro angewachsen. Doch das klingt beeindruckender, als es ist.

30 Milliarden Euro hat die deutsche Rentenversicherung offenbar an Reserven angehäuft - ein Finanzpolster, das so groß ist wie noch nie in ihrer Geschichte. Wie die Stuttgarter Zeitung unter Berufung auf den Jahresabschluss 2012 der Rentenversicherung berichtet, betrug die Nachhaltigkeitsrücklage im Dezember 29,42 Milliarden Euro und damit etwa fünf Milliarden mehr als ein Jahr zuvor.

"Selten ging es der Rentenversicherung so gut wie heute", sagt der CDU-Sozialexperte Peter Weiß der Zeitung. Der Grund dafür ist die gute Wirtschaftslage: Sinkt die Arbeitslosigkeit, zahlen mehr Menschen Beiträge und die Einnahmen der Rentenversicherung steigen. Außerdem haben die Arbeitnehmer 2012 höhere Lohnsteigerungen erzielen können als in den Jahren zuvor. Auch das wirkt sich positiv auf die Rentenkasse aus, weil die Beiträge von den Bruttolöhnen abhängig sind.

Fast 30 Milliarden Euro - das ist eine Summe, die sich zunächst beeindruckend anhört. Doch in den Sozialsystemen - egal ob bei der Rente oder in der Krankenversicherung, die derzeit ebenfalls über sehr hohe Reserven verfügt - relativieren sich solche Zahlen schnell, denn das Geld verteilt sich eben auf ziemlich viele Menschen. Mehr als 20 Millionen Rentner gibt es derzeit in Deutschland. Die Zahl der Renten liegt sogar bei etwa 25 Millionen, weil manche Personen mehrfach Altersbezüge erhalten, etwa aus einer Witwen- und einer eigenen Rente.

Rechnerisch reicht die derzeitige Reserve dem Zeitungsbericht zufolge aus, um 1,69 Monatsausgaben zu bezahlen, im Klartext: 30 Milliarden Euro wären genug, um die Leistungen für alle Rentner in Deutschland etwas länger als anderthalb Monate zu finanzieren.

In den siebziger Jahren lag die Reserve bei acht Monaten

In den vergangenen Jahren lag die Rücklage der Rentenversicherung - vor allem bedingt durch konjunkturelle Effekte - meist deutlich unter dieser Marke. Ende 2005 musste sogar der Staat einspringen und mit einer Bürgschaft über 900 Millionen Euro einen kurzfristigen Zahlungsengpass der Rentenversicherung überbrücken.

Die Mindestreserve, die derzeit vom Gesetz vorgeschrieben ist, liegt bei 0,2 Monatsausgaben. Sie war im Jahr 2000 wegen Finanzproblemen der Rentenkassen gesenkt worden, zuvor hatte sie bei genau einer Monatsausgabe gelegen. In den siebziger Jahren, so heißt es in dem Zeitungsbericht, hätten die Reserven zeitweise sogar gereicht, um alle Renten acht Monate lang zu zahlen.

Die Rentenkassen speisen sich hauptsächlich aus Beiträgen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte tragen. Seit Januar diesen Jahres beträgt der gemeinsame Beitrag 18,9 Prozent - bis dahin waren es 19,6 Prozent. Einen großen Anteil muss allerdings auch der Staat zuschießen: Etwa 85 Milliarden Euro sind dafür im Jahr 2013 aus dem Bundeshaushalt eingeplant.

Wegen der Beitragssenkung zu Jahresbeginn wird damit gerechnet, dass die Rücklagen in diesem Jahr etwas zurückgehen werden. Mit 27 Milliarden Euro rechnen Regierung und Experten Ende 2013 aber immer noch. CDU-Politiker Weiß spricht sich dafür aus, die gute Entwicklung zu nutzen, um eine höhere Reserve festzuschreiben. "Eine höhere Mindestrücklage ist sinnvoll, damit die Rentenversicherung in Zukunft nicht in Turbulenzen kommt."

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