Zukunft von VW:Volkswagen - wie auf der Titanic

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Zukunft von Volkswagen: Aufnahme eines VW-Logos (Archiv) (Foto: dpa)

Die Chefs von VW denken vor allem an ihre Millionen-Boni. Doch wofür? Dafür, dass der Konzern mit voller Wucht gegen die Wand gefahren wird?

Kommentar von Thomas Fromm

Volkswagen hat in diesen Tagen etwas Titanic-haftes: Großes Schiff kommt vom Kurs ab, dicke Katastrophe - Untergangsgefahr. Im September flog in den USA zuerst der Dieselskandal auf, das war der harte Zusammenstoß mit dem Eisberg. Seitdem wird der Konzern mit Milliardenklagen überflutet, eine Kabine nach der anderen versinkt, Deck für Deck. Der Motorraum steht längst knietief unter Wasser und noch ist nicht klar, ob das Schiff mit all seinen Leuten untergehen wird oder seine gigantischen Schäden noch repariert werden können.

Oben auf dem Deck aber swingt das Orchester erst einmal munter weiter, als ob nichts wäre. Die Vorstände des Konzerns wollen Millionenboni für 2015 haben, auch wenn der Konzern aller Wahrscheinlichkeit nach tief in den roten Zahlen versinkt. Der frühere Finanzvorstand und heutige Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch lässt sich seinen Wechsel ins Kontrollgremium mit zehn Millionen Euro versüßen. Begründung: Vorstände verdienen ein paar Millionen Euro mehr im Jahr als Aufsichtsräte - dafür muss der Mann ja entschädigt werden. Und der mächtige Betriebsrat unter seinem Chef Bernd Osterloh fordert vom Management Zusagen für Standorte, Jobs und Investitionen. Dabei kann niemand zurzeit sagen, ob und was es in diesem Unternehmen überhaupt noch zu verteilen gibt. Vielleicht ist es nicht mehr viel.

Manager, Betriebsräte - sie alle sitzen wieder flötend auf dem Oberdeck und spielen ihren Sound. Es ist der Sound der alten VW-Konzernkultur: Boni, Pfründe, das Verteilen von Einfluss, Macht und Geld. Kurios ist: Eigentlich sprechen Manager und Betriebsräte seit Monaten von einer neuen Unternehmenskultur. Davon, dass in diesem Konzern alles anders werden muss, damit der Konzern überleben kann. Doch irgendwie hat man die neuen Melodien noch nicht einstudiert.

An Deck spielt die Kapelle, unten sorgen sie sich um ihre Jobs

Während rund um den Globus, vor allem aber in den USA, große Anwaltskanzleien ihre Milliardenklagen gegen den Konzern aufsetzen, während der Ärger in den US-Behörden täglich wächst, weil man noch immer keine Lösung für seine dortigen Dieselfahrzeuge gefunden hat, denken die Topmanager an: Boni. Boni wofür? Dass in dem Konzern jahrelang Abgasmessungen bei Dieselfahrzeugen manipuliert wurden und es angeblich keiner gemerkt hat? Dafür, dass nun hohe Milliardenstrafen drohen, dass der Konzern in der größten Krise seiner Geschichte ist, dass man ihn mit voller Wucht gegen die Wand gefahren hat?

Boni, das sind Erfolgsprämien. Der wirtschaftliche Erfolg der vergangenen Jahre basierte aber auch auf einer kleinen, tückischen Software in Dieselmotoren. Es wäre aus vielen Gründen angezeigt, die Manager würden auf ihre Prämien verzichten. Ein Blick in den Geschäftsbericht von 2014 zeigt: Ihnen würde - nach Abzug der Millionenboni - noch immer ein Festgehalt von über einer Million Euro im Jahr zustehen. Zum Überleben in der Krise müsste das selbst jemandem reichen, der ein Gehalt von sechs Millionen Euro gewohnt ist.

Aber auch die Betriebsräte spielen gerade den falschen Soundtrack zum Film: Sie wollen vom Management Zusagen, am liebsten schriftlich. Dass die Betriebsräte in Wolfsburg als Teil des Managements auftreten, ist nicht neu. Dass sie langfristige Zusagen wollen in Zeiten, in denen man kaum planen kann, schon.

Die einen wollen Geld, die anderen Garantien - jeder will jetzt noch mitnehmen, was er kriegen kann. Sollte die Titanic am Ende sinken, gäbe es weder noch. Deswegen sollte die Kapelle jetzt runter vom Deck - und lieber das Schiff retten.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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