Volkswagen:Prozente, Prozente

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Volkswagen will ältere Diesel-Autos mit Rabattaktionen von der Straße holen. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Der Konzern weitet sein Diesel-Tauschprogramm aus. Was dies für die Luftqualität bringt, ist derzeit allerdings schwer zu sagen.

Von Max Hägler, München

Der Volkswagen-Konzern weitet nun tatsächlich die Rabattaktion für den Tausch älterer Dieselautos in schadstoffärmere VW-Wagen auf ganz Deutschland aus. Demnach können Fahrer eines beliebigen Dieselautos der Klasse Euro-4 oder Euro-5 ihr Fahrzeug bis Ende April gegen einen VW-Diesel tauschen - und bekommen dabei Rabatte auf den Neuwagen. Die Nachlässe reichen von 500 Euro für den Kleinstwagen up! bis zu 7000 Euro etwa für den SUV Touareg. Für Audi wird ähnliches kommen.

Ursprünglich hatte Volkswagen die Vergünstigungen auf Regionen beschränkt, die von der Bundesregierung als besonders belastete Intensivstädte definiert wurden. Das sind die Ballungsgebiete, in denen die Grenzwerte für Stickoxide besonders weit überschritten wurden und in denen deshalb Fahrverbote drohen oder bereits verhängt wurden. Mit der Ausweitung würden nun "allen Haltern von Euro-4- und Euro-5-Dieselfahrzeugen sehr attraktive Konditionen zum Umstieg auf effiziente Neu- oder junge Gebrauchtwagen mit aktueller Abgastechnik" geboten, erklärte Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann, nachdem der Vorstand das Programm beschlossen hatte.

Diese Vergünstigung nennt Volkswagen "Wechselprämie" und gewährt sie zusätzlich zum Wert des Gebrauchtwagens. Doch wer sich als Kunde dafür interessiert, muss aufpassen: Es gibt noch ein weiteres Programm, das alte Dieselautos von der Straße holen soll, und zwar eine Schrottprämie, die Volkswagen "Umweltprämie" nennt und bei der Halter von Dieselfahrzeugen der Klassen Euro-1 bis Euro-4 einen Rabatt bekommen. Wenn sie ihren Wagen abgeben und stattdessen auf einen Neu- oder Jahreswagen von Volkswagen umsteigen, gewährt der Hersteller je nach Modell zwischen 1500 und 8000 Euro.

Mit der Ausweitung soll das Programm endlich Fahrt aufnehmen, dass die deutschen Hersteller und die Bundesregierung im vergangenen Jahr beschlossen hatten: Ältere Wagen von der Straße holen, indem man den Verkauf neuer ankurbelt, lautet das Prinzip; wobei es zuvor schon ein ähnliches Programm gab. Dabei gewähren auch andere Autobauer, vornehmlich deutsche, Preisabschläge beim Kauf von Neuwagen oder jungen Gebrauchten. Daimler etwa bietet für Diesel der Marke Mercedes-Benz je nach Modell bis zu 10 000 Euro in den besonders belasteten Regionen und außerhalb pauschal 2000 Euro. BMW zahlt ähnliche Prämien bei der Inzahlungnahme eines Dieselfahrzeugs der Abgasnorm Euro-4 oder Euro-5 in den Intensivstädten und bundesweit von Euro-5-Fahrzeugen.

Was die Programme zur Luftverbesserung praktisch nutzen, ist allerdings schwer zu sagen: Die Stickoxid-Werte gehen vielerorts seit einigen Jahren tatsächlich langsam zurück. Dazu werden auch die 240 000 neueren Wagen beigetragen haben, die Volkswagen in den vergangenen Jahren mit diversen "Diesel-Rabatten" verkauft hat. Exakte Ableitungen kann jedoch daraus niemand treffen, zu komplex sind die Umweltbedingungen in einer Stadt.

Aber aus Sicht von kritischen Branchenexperten sind Wechselprämie und Umweltprämie sowieso vor allem wirtschaftliche Instrumente. VW und Audi hätten in den vergangenen vier Monaten des Vorjahres "erheblich Zulassungen und Marktanteile verloren", sagt Ferdinand Dudenhöffer, Wirtschaftsprofessor an der Uni Duisburg. Den beiden Marken fehlten demnach 90 000 Zulassungen im Vergleich zum Vorjahr, da es Schwierigkeiten mit neuen Abgasnormen gab: Viele Modelle sind so derzeit nicht lieferbar. Insofern sei das "keine Fahrverbots-Vermeidungsprämie, sondern, wenn wir ehrlich sind, eine Verkaufsprämie".

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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