Versicherungen:Gut für die Vertreter

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Finanzen.de sammelt online Daten von Interessenten und gibt sie an Versicherungs­vermittler weiter. Jetzt kauft die Allianz das Online-Portal. Der Dax-Konzern stärkt damit seinen konventionellen Vertrieb, der mehr Kontakte bekommt.

Von Herbert Fromme, Köln

Die Allianz übernimmt über ihre Investmenttochter Allianz X das Berliner Online-Portal Finanzen.de. Deutschlands größter Versicherer hat sich mit dem US-Finanzkonzern Eli Global geeinigt, der das Portal erst 2018 gekauft hatte. Es gebe noch "kleine Unwägbarkeiten", sagte ein Allianz-Sprecher, bestätigte aber im Grundsatz den Deal.

Mit der Übernahme sichert sich die Allianz die Kontrolle über ein schnell wachsendes Online-Portal für Versicherungen und Finanzen. Die 2004 gegründete Firma vermittelt nach eigenen Angaben allein in Deutschland pro Monat Daten von bis zu 50 000 Interessenten, die online nach Versicherungsangeboten suchen. Die so genannten Leads (Hinweise) gehen an mehr als 12 000 angeschlossene Vermittler. Sie zahlen dafür und versuchen dann, den Interessenten Policen oder Investmentverträge zu verkaufen. In der Kfz-Versicherung arbeitet Finanzen.de mit dem Münchner Vergleichsportal Check24 zusammen.

Damit das Geschäftsmodell funktioniert, kooperiert Finanzen.de mit mehr als 6000 Online-Medien, die gegen Bezahlung Tarifvergleiche und Beratungsangebote auf ihren Webseiten zeigen.

Inzwischen ist das Unternehmen mit Hauptsitz Berlin auch in Paris, Zürich und Bristol aktiv. Das Ziel: Es will "Europas führender Marktplatz für Versicherungs- und Finanzleads" werden, schreiben die Geschäftsführer Dirk Prössel und Mathias Tötzke. Das Unternehmen hat 130 Mitarbeiter und rechnet für 2019 mit einem Umsatz von 50 Millionen Euro.

Für die Allianz ist der Kauf sinnvoll. Der Konzern baut unter seinem Chef Oliver Bäte die verschiedenen Vertriebswege systematisch aus. Noch in diesem Jahr will er mit Allianz Direct einen europaweit agierenden Online-Versicherer auf den Markt bringen, der zunächst in vier europäischen Märkten Autoversicherungen digital anbietet. Allerdings ist es mit der Gründung eines Online-Versicherers nicht getan. Kaum ein Kunde besucht von sich aus den Internet-Auftritt eines einzelnen Versicherers. Er muss durch Fernsehwerbung oder Google-Anzeigen dazu gebracht werden. Verkaufen kann ein Versicherer auch über Vergleichsportale wie Check24. Alle diese Optionen sind jedoch sehr teuer.

Das ist einer der Gründe, warum die Allianz zusätzlich am Vertrieb über eigene Vertreter und Makler festhält. Aber auch für sie werden die sogenannten Leads immer wichtiger. Früher kamen sie nur von bestehenden Kunden, bezahlten Tippgebern oder aus Preisausschreiben, Umfragen und Beratungsaktionen bei Zeitungen. Heute wird das Internet immer wichtiger. Bei der Sammlung von Online-Leads ist Finanzen.de ziemlich weit vorne.

Der Zukauf ist Teil einer großen Vertriebsoffensive

Allerdings wird es nach den neuen, schärferen Datenschutzregeln für Versicherer immer komplizierter, Leads von konzernfremden Firmen zu verwenden, weil sie nicht sicher sein können, dass bei deren Gewinnung alle Regeln eingehalten wurden. Wenn aber der Lead-Sammler zur eigenen Gruppe gehört und die eigenen Datenschutzstandards gelten, gibt es das Problem nicht. Das ist ein wichtiges Argument bei der Entscheidung der Allianz, Finanzen.de zu kaufen und nicht nur eine Kooperationsvereinbarung zu suchen.

Der Zukauf in Berlin ist Teil einer Vertriebsoffensive, zu der auch eine andere aktuelle Allianz-Aktion gehört: Das Unternehmen gründet gerade zusammen mit dem Hamburger Versicherungsmakler Gayen & Berns Homann eine eigene Maklerfirma, die Advania mit Sitz in Hamburg. Die Allianz hält 60 Prozent, der Partner die anderen 40 Prozent.

Wenn die Allianz-Vertreter mit Risiken konfrontiert werden, die ihr eigener Konzern selbst nicht versichern kann oder will, können sie dieses Geschäft über Advania bei anderen Gesellschaften platzieren.

Dabei geht es vor allem um Gewerbe- und Industriekunden. Die Übernahme von Finanzen.de ist für die Allianz dagegen wegen des Zugriffs der Berliner Firma auf Privatkunden attraktiv, die nach einer Versicherung suchen.

Technisch läuft der Deal so ab: Die Allianz Strategic Investments in Luxemburg kauft der Eli Global in den USA die Firma Mercato Leadmanagement in München ab. Mercato wiederum kontrolliert Finanzen.de.

Von 2013 bis 2018 war die französische Private Equity-Gesellschaft Blackfin Mehrheitseigner von Finanzen.de. Vor einem Jahr kaufte Eli Global die Anteile. Warum die US-Gesellschaft mit Sitz in North Carolina die Firma jetzt wieder verkauft, ist unklar. Eine Anfrage der SZ ließ das Unternehmen unbeantwortet.

© SZ vom 16.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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