Überblick:Das sind die neuen Fracking-Regeln

Die Koalition hat Bedingungen für die Erdgasförderung beschlossen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Reaktionen reichen von grenzenloser Erleichterung bis zur völligen Ablehnung. Einen Tag nach der Fracking-Einigung von Union und SPD spricht Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) von einem "guten Abschluss", die Grünen dagegen von einer "Verlängerung des fossilen Zeitalters durch Fracking". Die Industrie ist unzufrieden mit der Verteufelung unkonventioneller Fördermethoden, Umweltverbände dagegen protestieren gegen ein "haarsträubendes" Erlaubnis-Gesetz. Was beinhaltet die Einigung von Union und SPD? Ein Überblick.

Worum geht es eigentlich?

Fracking ist eine Methode zur Ausbeutung von Erdgas. Es soll helfen, möglichst viel Gas aus Lagerstätten zu pressen. Je nach Gestein kann das allerdings sehr kompliziert sein. Sind die Lagerstätten groß und miteinander verbunden, reicht oft schon ein Bohrloch, um sie auszubeuten. Manchmal sind aber auch hier sogenannte Fracs nötig: Mithilfe unterirdischer Sprengungen werden hier horizontale Bohrlöcher zu benachbarten Lagerstätten geschaffen. Man spricht dann von "konventionellem Fracking", meist in Sandstein. Anders sieht es bei Erdgas aus, das noch im Muttergestein gebunden ist, etwa in Schiefer. Bei dieser "unkonventionellen" Förderung reicht es nicht, Wege frei zu sprengen - sie würden sich sofort wieder verschließen. Deshalb wird unter hohem Druck ein so genanntes Frac-Fluid injiziert. Es enthält unter anderem Sand, um die Poren offenzuhalten, aber auch Chemie.

Warum ist die Methode so umstritten?

Vor allem die Folgen des unkonventionellen Frackings sind unklar, etwa für das Grundwasser. Es könnte etwa durch Frac-Flüssigkeit kontaminiert werden, fürchten Kritiker. Auch Erdbeben und Bergschäden werden in Zusammenhang mit der Erdgasförderung gebracht. Zudem werfen Umweltschützer die Frage auf, wie sich die Förderung fossilen Erdgases mit den globalen Klimazielen verträgt.

Wird Fracking nun verboten?

Ja und nein. Ein Unternehmen, das im Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein fracken will, wird keine Genehmigung mehr erhalten. Das gleiche gilt für Kohleflöze. Damit ist das unkonventionelle Fracking faktisch verboten. Bei der konventionellen Methode dagegen haben Vorhaben weiter Chancen auf eine Genehmigung - allerdings künftig in einem engeren Rahmen. So sind die Einzugsgebiete von Trinkwasser, sei es über Flüsse oder Talsperren, künftig ausgeschlossen. Auch in der Nähe von Brauereien oder Mineralwasser-Brunnen ist Fracking künftig per Gesetz tabu.

Überblick: Fracking halten etwa Umweltschützer für gefährlich, sie fordern ein umfassendes Verbot.

Fracking halten etwa Umweltschützer für gefährlich, sie fordern ein umfassendes Verbot.

(Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Wo wird dann überhaupt noch gefrackt?

Vor allem in Niedersachsen. Seit jeher wird hier das meiste Erdgas gefördert, allerdings seit Jahren mit abnehmender Tendenz. In den konventionellen Feldern dort wird schon seit den Sechzigerjahren mittels Fracking gefördert, gut 300 solcher Fracs gab es schon. Allerdings galt seit 2011 eine Art informelles Moratorium: Die Unternehmen hielten sich mit Anträgen zurück, um die Debatte nicht weiter anzustacheln. In der öffentlichen Debatte hatte sich zunehmend die Kritik am unkonventionellen Fracking mit jener am konventionellen vermischt. Vorige Woche hatte die Industrie angekündigt, sie wolle diese Zurückhaltung nun aufgeben - und Anträge nach altem Recht einreichen. In Niedersachsen sind derzeit 17 solcher Vorhaben in Planung oder Vorbereitung. Diese Ankündigung dürfte dem Gesetzgeber auf die Sprünge geholfen haben.

Warum erlaubt die Koalition die Erforschung des unkonventionellen Frackings?

Darauf hatten vor allem die Wirtschaftspolitiker gedrängt. Vier Forschungsvorhaben sollen zumindest die Chance eröffnen, die Unbedenklichkeit des unkonventionellen Frackings nachzuweisen. Allerdings ist fraglich, ob es diese Forschungs-Bohrungen je geben wird. Denn die betroffenen Landesregierungen müssten den Bohrungen zustimmen, sie sollen dabei auch "sonstige öffentliche Interessen" abwägen. Angesichts der erbitterten Widerstände in betroffenen Regionen dürfte eine solche Zustimmung nicht leicht werden.

Welche Rolle spielt die Kommission, die diese Forschung begleiten soll?

Möglicherweise gar keine. Sie wurde ursprünglich eingerichtet, um gegebenenfalls die Unbedenklichkeit des unkonventionellen Frackings zu attestieren. Ohne Forschungsvorhaben hätte sie aber nicht mehr zu tun, als den "Stand von Wissenschaft und Technik" zu bewerten. Er soll eine Rolle spielen, wenn der Bundestag 2021 erneut übers Fracking entscheiden soll.

Kann er 2021 das Verbot wieder kippen?

Unwahrscheinlich. Dazu müsste sich im Bundestag eine Mehrheit pro Fracking finden. Macht das Parlament aber nichts, bleibt es verboten. Auch das Datum spielt dabei eine Rolle: 2021 dürfte ein Wahljahr sein.

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