Tesla:Für Tesla beginnt der Härtetest

Tesla Model 3

Am Freitag will Tesla mit der Serienproduktion des Model 3 starten (hier bei seiner Präsentation im März 2016).

(Foto: dpa)
  • Am Freitag soll die Produktion des Tesla Model 3 beginnen. Mit dem günstigeren E-Auto will der kalifornische Hersteller den Massenmarkt erobern.
  • An den Märkten wachsen allerdings die Zweifel, ob die Ankündigungen von Firmenchef Elon Musk wirklich realistisch sind.

Von Jan Schmidbauer

Für den Elektroauto-Hersteller Tesla ist dieser Freitag vielleicht der wichtigste Tag in der noch jungen Firmengeschichte. Das Unternehmen von Elon Musk will mit der Produktion seines "Model 3" beginnen, des ersten Fahrzeugs, das sich nicht nur an wohlhabende Kunden richtet, sondern an den Massenmarkt. Bei etwa 35 000 Dollar sollen die Preise starten (das berühmte Model S ist nicht für unter 80 000 Dollar zu haben). 345 Kilometer Reichweite, verspricht das Unternehmen, schafft das Model 3. Die ersten 30 Autos sollen schon Ende des Monats an ausgewählte Kunden gehen. Ab Dezember wolle er dann 20 000 Model 3 pro Monat bauen, schrieb Musk zu Wochenbeginn.

Mit dem Produktionsstart des Model 3 beginnt für das Unternehmen nun etwas, für das es in deutschen Polit-Talkshows den Begriff Faktencheck gibt. Kann Tesla ein zuverlässiges Elektroauto für die Massen herstellen? Oder war am Ende alles nur ein riesengroßer Hype? Der Erfolg oder Misserfolg des Model 3 wird darüber entscheiden. Bei den ehrgeizigen Plänen, die Musk ausgegeben hat, spielt sein neues Modell die entscheidenden Rolle. Bereits im nächsten Jahr will der Tesla-Chef die Auslieferungszahlen seines Unternehmens mithilfe des Einsteigermodells versechsfachen. Eine halbe Million E-Autos sollen dann die Tesla-Werkshallen verlassen. Im Jahr 2020 will Musk diese Zahl dann gar verdoppelt haben.

Wird ihm das gelingen? In den vergangenen zehn Jahren hatte Tesla mehrfach Schwierigkeiten beim Hochfahren seiner Stückzahlen. Musk hat es dennoch geschafft, die Euphorie hochzuhalten. Vor drei Monaten brachte der kalifornische Elektroautohersteller dann sogar etwas fertig, das die bisherigen Kräfteverhältnisse der Autoindustrie komplett durcheinanderwirbelte. Dem börsennotierten Unternehmen gelang es am 10. April, den Traditionskonzern General Motors (GM) als wertvollsten Autohersteller der USA abzulösen. Warum dieses Ereignis so viele Schlagzeilen machte, verrät auch ein Blick auf die Größenordnungen: Tesla produzierte im vergangenen Jahr 84 000 Autos, General Motors mehr als zehn Millionen - das 120-fache.

Doch seit Beginn der Woche wachsen an den Aktienmärkten die Zweifel an der Tesla-Erfolgsstory. Die Aktie ist in den vergangenen Tagen regelrecht abgestürzt. Allein zwischen Dienstag und Donnerstag verloren die Papiere beinahe 15 Prozent an Wert - in absoluten Zahlen ausgedrückt entspricht das einem Verlust von etwa neun Milliarden Dollar. Den Spitzenplatz als wertvollster Autohersteller musste Tesla dann auch gleich wieder räumen. Ein einbrechender Börsenkurs ist nie ein Grund zur Freude, einen schlechteren Zeitpunkt als jetzt, zum Marktstart des Model 3, kann es aber kaum geben.

Für den plötzlichen Wertverfall gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Besonders in dieser Woche reihten sich die schlechten Nachrichten für Tesla nur so aneinander. Zum einen musste das Unternehmen mitteilen, im zweiten Quartal nur 22 000 Autos ausgeliefert zu haben, Analysten hatten mit etwa 25 000 gerechnet. Hinzu kam eine Meldung vom Donnerstag, wonach Teslas Premiummodell Model S, das bei etwa 85 000 Dollar startet, bei einem US-Crashtest die Bestnote verfehlte.

Auch VW macht nun ehrgeizige Ankündigungen

Als wäre all dies nicht genug, veröffentliche die Investmentbank Goldman Sachs am Mittwoch auch noch eine Analyse, in der sie Anlegern erneut einen Verkauf der Aktie empfahl. Der Analyst David Tamberrino rechnet mit nachlassenden Verkaufszahlen bei den hochpreisigen Modellen "X" und "S". Mit dem neuen, preiswerteren Modell würden außerdem die Gewinnmargen des Elektroauto-Pioniers sinken. Goldman gibt für die nächsten Monate nur noch ein Kursziel von 180 Dollar aus, zum Vergleich: Ende Juni schrammte die Tesla-Aktie an der Marke von 390 Dollar.

Doch es sind auch längerfristige Entwicklungen, die die Euphorie gebremst haben. Die etablierten Autokonzerne, die das Thema E-Mobilität zum Großteil verschlafen haben, scheinen ihre Strategie ändern zu wollen. Der inzwischen chinesisch geführte Autokonzern Volvo will ab 2019 keine neuen Modelle ohne Elektromotor mehr einführen. Deutsche Autokonzerne wie BMW oder Volkswagen machen ebenfalls mehr Tempo beim Elektroauto, zumindest verbal.

VW will 2020 einen Tesla-Konkurrenten auf den Markt bringen

VW-Markenvorstand Herbert Diess sagte am Freitag, man werde Tesla und sein Model 3 schlagen: "Da werden wir ihn stoppen, an der Linie von 30 000 Euro." Bei VW soll der Siegeszug der E-Autos allerdings erst 2020 beginnen - dann will der Konzern sein Modell ID auf den Markt bringen. Das Design sei fertig und verabschiedet, jetzt gehe es darum, das Fahrzeug wettbewerbsfähig zu machen, sagte Diess. Durch den sogenannten Modularen Elektrobaukasten (eine Plattform, auf der VW mehrere Fahrzeuge bauen will) werde die Herstellung des Modells deutlich günstiger: "Wir kriegen dann ein Fahrzeug mit den Außenabmessungen des Golf, dem Interieur eines Passat und den Fähigkeiten eines Tesla zum Preis eines Diesels."

Man darf gespannt sein, ob VW diese ehrgeizigen Ankündigungen auch umsetzen kann. Bislang hinken die großen Autokonzerne bei der E-Mobilität ja immer noch hinterher. Ob die Begeisterung für Musks Ideen nun ein Hype ist oder nicht: Erst der Erfolg von Tesla hat die großen Autokonzerne zu mehr Innovationen bewegt.

Das erst 14 Jahre alte Unternehmen war dynamischer, es schielte nicht - wie die deutschen Autokonzerne - auf nach wie vor ertragreiche Verbrenner-Modelle. Jürgen Pieper, ein auf Autokonzerne spezialisierter Analyst beim Bankhaus Metzler, ist allerdings skeptisch, ob Musks Visionen wahr werden. "Da steckt schon heiße Luft drin", sagt er. Für die noch immer vergleichsweise hohe Bewertung des Unternehmens - aktuell etwa 51 Milliarden - hat er dennoch eine Erklärung. Die Anleger, sagt er, kaufen bei Tesla eine Verheißung. "Und wenn Tesla das neue Google wird, sind solche Kurse schon nachvollziehbar."

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