Straßenverkehr:Das Sammeln geht weiter

Immer mehr europäische Länder wollen eine Maut - und heizen damit den Wettlauf der unterschiedlichen Erfassungs-Systeme kräftig an.

Von Michael Bauchmüller

Bayerns Innenminister Günther Beckstein hat ein Problem: Wegen der Autobahnmaut, so kritisiert er, rollen viel zu viele schwere Lastwagen über Bundesstraßen.

Autobahn München-Stuttgart dpa

Das steigende Verkehrsaufkommen verspricht hohe Mauteinnahmen.

(Foto: Foto: dpa)

Und auch Milan Simonovsky, der tschechische Verkehrsminister, kennt solche Sorgen. Weil seit Jahresbeginn in Deutschland die Spediteure zahlen müssen, schwillt in Tschechien der Transitverkehr an.

Bis zu 150 Prozent, so registrierten Verkehrszähler in den Grenzgebieten, legte das Verkehrsaufkommen zu. Das aber soll sich ändern.

Punkt 10 Uhr an diesem Freitag legt das Land die Konditionen offen, zu denen es den Auftrag über ein Mautsystem vergibt - um dem Zusatztransit ein Ende zu setzen und dabei noch Geld zu verdienen.

Deutschland und Österreich in der Vorreiterrolle

Es ist ein Pilotfall: Seit die Pioniersysteme in Österreich und Deutschland laufen, hat noch kein anderes mitteleuropäisches Land sich auf die Suche nach einem Mautsystem gemacht. "Da kommt unheimlich Bewegung rein", sagt ein Sprecher des österreichischen Mauteintreibers Asfinag. "Ein Dominoeffekt."

Für die Betreiber geht es, auch wenn sie das selbst herunterspielen, um viel. Zwei grundverschiedene Systeme stehen zur Wahl: das deutsche, bei dem die Kilometer per Satellit abgerechnet werden, und das österreichische, das mit Brücken entlang der Autobahn per Mikrowelle Kilometer sammelt. Wer in Prag das Rennen macht, könnte bei künftigen Maut-Entscheidungen bessere Karten haben.

Davon, so viel steht schon fest, wird es schon bald einige geben. Noch im Herbst will die Slowakei ein Mautsystem ausschreiben, kurz darauf soll Ungarn folgen. Auch in den Niederlanden konkretisieren sich die Pläne für eine Maut.

Warmer Geldregen für leere Staatskassen

Milliardenmeldungen aus Deutschland forcieren die Planungen noch: Nach neuesten Schätzungen des Finanzministeriums soll die Maut hier im kommenden Jahr 3,3 Milliarden Euro einspielen, 300 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Jeder Monat, um den eine Maut früher eingeführt wird, bringt richtig Geld.

Nur zu 60 Prozent wollen die Tschechen die Auftragsvergabe deshalb vom Preis abhängig machen. Die anderen 40 Prozent sollen sich maßgeblich danach richten, wie schnell sich das System installieren lässt. Was wiederum Betreiber wie Toll Collect hoffen lässt: Im Unterschied zum Mikrowellen-System braucht es hier im Wesentlichen die Geräte an Bord der Fahrzeuge - die Satelliten gibt es schon, das System steht schnell.

Werbeversprechen der Mautbetreiber

"Wir sind sicher, dass wir ein konkurrenzfähiges Angebot machen können", sagt Toll-Collect-Chef Christoph Bellmer. Das freilich glauben auch die Österreicher: "In neun Monaten hat der Auftraggeber seine Investition wieder verdient", wirbt die Wiener Kapsch AG, die für Österreichs Maut die Technik liefert.

Derweil steigert Großbritannien die Phantasie der Mautkonsortien ins Unermessliche. Dort hat Verkehrsminister Alistair Darling vorige Woche die Pläne für eine Lkw-Maut gekippt. "Unsere Vorstellung von einer Maut haben sich geändert", sagte er knapp. Die Briten wollen nun eine umfassende Maut: für alle Autos -- und für alle Straßen.

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