Siemens: Umbau des Vorstandes:Osram soll an die Börse

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Siemens-Chef Löscher baut nicht nur den Konzern um. Er hat sich auch zum großen Stühlerücken im Vorstand entschlossen. Der Aufsichtsrat entscheidet über eine neue, ehrgeizige Strategie. Neue Sektoren sollen erschlossen und die Forschungssparte aufgewertet werden.

Martin Hesse

Peter Löscher scheint so richtig Freude am Renovieren zu entwickeln. Vorigen Sommer hatte er avisiert, die Konzernzentrale am Wittelsbacher Platz solle von Grund auf erneuert werden. Hunderte Millionen Euro will Siemens in die Hand nehmen, um eine moderne Zentrale zu schaffen. Parallel dazu gestaltet Löscher nun auch das Innere des rosa Gebäudes völlig neu. Die Architekten, die derzeit in einem Wettbewerb um den Zuschlag für den Umbau werben, müssen mehr Vorstandszimmer einplanen.

Siemens-Chef Peter Löscher schüttelt das Management durch. Der Aufsichtsrat sollte am Montagabend einem umfassenden Revirement des Vorstandes zustimmen: Es wird Aufsteiger geben und einen Aussteiger, einige Manager werden nachrücken, andere zurückstecken müssen. In Arbeitnehmerkreisen hieß es, das Stühlerücken sorge schon jetzt für Unruhe.

Doch die eigentlichen Umbauarbeiten beginnen erst. Am Ende soll der Vorstand von acht auf zehn Mitglieder erweitert sein, den drei Vorstandssektoren wird ein vierter hinzugefügt und die Licht-Tochter Osram geht unter neuer Führung an die Börse. Siemens wollte all das vor der Aufsichtsratssitzung nicht kommentieren.

Eines der neuen Vorstandszimmer wird Roland Busch beziehen. Der 45-jährige Franke soll den neuen Sektor führen, in dem sich alles um Produkte und Dienstleistungen für Städte und Megacitys drehen wird. "Infrastructure & Cities" will Siemens den Sektor dem Vernehmen nach taufen. Er soll dem Konzern mehr Bestellungen von jenen Kunden zuführen, die Löscher für die wichtigsten Auftraggeber der Zukunft hält: Die Bürgermeister und ihre städtischen Betriebe. Busch war bisher Löschers Strategie-Chef. Insofern ist es logisch, dass er den neuen Posten übernimmt: Er kennt alle Geschäftsbereiche, die in dem neuen Sektor aufgehen sollen, von der Gebäudetechnik über das Zuggeschäft bis zur Energieverteilung.

Noch im Herbst soll Osram an die Börse

Für den Löscher-Intimus müssen andere Vorstände Macht abgeben: Industrie-Chef Siegfried Russwurm und Energie-Chef Wolfgang Dehen. Vielleicht zum Trost darf Dehen selbst eine neue Aufgabe übernehmen: Er wird Vorstandschef von Osram. Wenn alles so kommt, wie Löscher es plant, dann wird Dehen spätestens in einem Jahr einen börsennotierten Konzern mit 4,7 Milliarden Euro Umsatz und fast 40.000 Mitarbeitern führen.

Noch im Herbst soll die Firma an die Börse geführt werden. Siemens will zunächst Großaktionär bleiben. Ob das auch langfristig so sein soll, ist intern noch umstritten. Zunächst wird Osram in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, mit einem eigenen Vorstand. Dem bisherigen Geschäftsführer Martin Goetzeler soll die Zurückstufung schmackhaft gemacht werden, indem man ihm weiterhin die operative Leitung und das Personalressort im Vorstand überlässt, heißt es. Ob er bleibt, war bis zuletzt offen. Durch den Wechsel Dehens kommen in der Siemens-Spitze weitere Steinchen ins rollen. Der Weg wird frei für Michael Süß: Er führte bisher die wichtigste Division im Energiesektor, den Bereich Fossile Energien. Jetzt rückt der Mann, der 2006 vom Flugzeugmotorenbauer MTU zu Siemens kam, für Dehen in den Vorstand. Süß gilt als jemand, in den Löscher großes Vertrauen setzt, der sowohl technisch versiert ist, als auch unternehmerisch denkt.

Dabei hätte Löscher es belassen können. Doch der Konzernchef will den Vorstand auch ausbauen. Er schafft ein weiteres Ressort: Klaus Helmrich wird zum Technologie-Vorstand berufen. Das Ressort hatte Löschers Vorgänger Klaus Kleinfeld einst abgeschafft und Medizintechnik-Vorstand Requardt zugeschlagen. Der soll sich nun ganz darauf konzentrieren, seinen Sektor auf Vordermann zu bringen. Zugleich wird die Forschung damit aufgewertet. "Wenn Siemens wichtige technologische Trends verschläft, kann das ganze Geschäftsbereiche ruinieren", heißt es im Umfeld des Konzerns. Siemens hat das schon einmal erlebt: Im Telekommunikationsgeschäft verloren die Münchner den Anschluss und stampften das einstige Kernstück des Unternehmens nach und nach ein.

Wenn der ehrgeizige Bauherr Löscher all seine Pläne umgesetzt hat, wird wenig Neues entstanden sein - aber viele Aufgaben sind dann auf andere Schultern verteilt. Ob all das hilft, Löschers ehrgeizige Wachstumsziele zu erreichen, wird wohl erst klar, wenn auch die neue Zentrale am Wittelsbacher Platz steht.

© SZ vom 29.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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