Griechenland-Verhandlungen:"Kein leichter Tag heute"

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Ende eines Tages im Zeichen der Griechenland-Krise: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Samstag in Brüssel.

(Foto: AFP)
  • Das Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel zum Thema Griechenland endet ohne Ergebnis. Das Rettungspaket für Athen wird nicht über den 30. Juni hinaus verlängert.
  • Grund dürfte auch der massive Vertrauensverlust der Chefs der Euro-Länder gegenüber den griechischen Verhandlungspartnern sein.
  • Zentrale Frage ist nun, ob die EZB auch über das Ende des Hilfsprogramms hinaus Notkredite für Griechenlands Banken gewährt.
  • Umso klarer ist für alle Verhandlungspartner, wer die Schuld am Scheitern der Gespräche trägt: die jeweils andere Seite.

Analyse von Alexander Mühlauer, Brüssel

Und jetzt? Wolfgang Schäuble sitzt vor einer blauen Wand im Keller des Europäischen Ratsgebäudes und erklärt, was schiefgelaufen ist. Er muss kurz durchatmen, das Treffen der Euro-Finanzminister ist gerade zu Ende gegangen, jetzt muss er erklären, wie es weitergeht mit der Währungsunion, mit Griechenland, mit all dem, was Europa in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat. Schäuble sagt: "Kein leichter Tag heute." Und dann sagt er noch, dass die Verantwortung für das Scheitern der Gespräche allein bei der Regierung in Athen liege.

Man würde jetzt gerne wissen, wie es weitergeht. Man würde gerne wissen, was die Euro-Länder tun werden, um eine humanitäre Krise in Griechenland zu verhindern. Schäuble sagt, dass "wir alles tun werden, um jede Ansteckungsgefahr für die Euro-Zone zu bekämpfen". So ähnlich hatte es zuvor schon Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem formuliert: "Wir werden alles vorbereiten, was nötig ist, um die Euro-Zone stark zu halten." Das muss reichen. Konkreter wird es nicht. Vielleicht, weil man es gar nicht konkreter sagen kann. Weil man einfach nicht weiß, was passieren wird, wenn die Märkte am Montagmorgen öffnen. Weil man nicht weiß, was passieren wird, wenn die Geldautomaten in Griechenland kein Geld mehr ausgeben können, weil alles Geld schon abgehoben worden ist.

Die politische Botschaft der griechischen Euro-Partner an diesem Samstagabend in Brüssel ist klar: Die Regierung in Athen ist schuld am Scheitern der Verhandlungen. Die Euro-Partner haben alles getan, doch es half nichts. Fragt man Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis, dann hört sich das naturgemäß anders an: Die Entscheidung vom Samstag werde "sicherlich die Glaubwürdigkeit der Eurogruppe als demokratische Union beschädigen. Ich fürchte sehr stark, dass der Schaden dauerhaft sein wird."

Plan B ist nun Plan A

EU-Diplomaten sprechen nun davon, dass es einen Plan B brauche. Der finnische Finanzminister Alexander Stubb sagt, dass Plan B jetzt Plan A heißen müsse. Doch wie soll der aussehen?

Kapitalverkehrskontrollen kann nur die griechische Regierung beschließen. Die Euro-Arbeitsgruppe hat schon vor Wochen einen Plan entworfen, was geschehen müsste, damit das griechische Finanzsystem nicht kollabiert. Unter maßgeblicher Beteiligung der Europäischen Zentralbank (EZB) soll das griechische Bankensystem isoliert werden. Dazu würde die EZB die direkte Aufsicht über die griechischen Banken übernehmen. Athens Regierung müsste die Kontrolle von Finanzströmen einführen, um zu verhindern, dass weiter täglich Millionen Euro von den Banken ins Ausland abfließen. Die EZB, zugleich zentrale Aufseherin über die Banken der Euro-Zone, kann in dieser Funktion in einem weiteren Schritt verfügen, Banken zu schließen oder zu rekapitalisieren.

Und dann gibt es noch die Gefahr einer humanitären Krise. Die Euro-Länder sind sich einig, dass alles getan werden muss, um ein Scheitern des Staates und damit eine unkontrollierte innenpolitische Entwicklung zu verhindern. Man müsse sich um die Bürger kümmern - darauf komme es nun an, sagen EU-Diplomaten nach dem Krisentreffen. Europa könne Griechenland nicht selbst überlassen. Und so ist es kein Wunder, dass Schäuble betont, dass Athen nach wie vor Mitglied der Euro-Zone sei - und Mitglied Europas.

Ende der Währungsunion wie wir sie kennen

Es ist viel Vertrauen verloren gegangen in den vergangenen Monaten. Und noch mehr in den vergangenen Tagen, spätestens seit Griechenlands mit der Ankündigung eines Referendums alle überrascht hat. Am Ende war es schlicht und einfach eine Vertrauensfrage. "Die inhaltlichen Streitpunkte wären überbrückbar gewesen", sagt ein EU-Beamter, "aber das Hauptproblem war das mangelnde Vertrauen in die griechische Regierung."

Ganz praktisch geht es jetzt mal wieder ums Geld. Es liegt nur vor allem an der EZB. Sie muss entscheiden, ob sie auch nach dem Auslaufen des Rettungsprogramms am 30. Juni den griechischen Banken weiter Nothilfen gewährt - oder nicht.

Bereits am Dienstag muss Griechenland etwa 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. "Wenn bis 18 Uhr local time in Washington nichts eingegangen ist, ist das nach den Statuten des IWF ein Default", sagt Schäuble. Wie die Finanzmärkte reagieren werden, weiß niemand.

Nicht vieles ist an diesem Samstagabend gewiss, nur eines: Die europäische Währungsunion ist nach diesem Tag nicht mehr das, was sie einmal war.

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