Raumfahrt:Regierung will nicht mehr für herunterfallenden Weltraumschrott haften

Russischer und amerikanischer Satellit zusammengestoßen

Das Aufkommen von defekten Satelliten und Raketenstufen in der Erdumlaufbahn nimmt immer weiter zu. Mögliche Schäden trägt bisher der Steuerzahler.

(Foto: dpa)
  • Deutschland soll nun wirklich ein Weltraumgesetz bekommen.
  • Anders als von der Industrie gefordert, regelt es jedoch nicht den Abbau von Ressourcen im Weltraum.
  • Falls Schäden durch herunterfallende Satelliten entstehen, soll künftig nicht mehr der Staat haften.

Von Jan Schwenkenbecher und Dieter Sürig

Als Google-Gründer Larry Page im Jahre 2012 gemeinsam mit dem Entrepreneur Peter Diamandis die Firma Planetary Resources anmeldete, um irgendwann Bodenschätze auf Asteroiden abzubauen, da wurde das Projekt noch belächelt: Viel zu teuer, viel zu riskant, viel zu viel Science Fiction, meinten die Kritiker. Sechs Jahre später gibt es mehrere Firmen, die sich ernsthaft mit Asteroid Mining auseinandersetzen. Das Großherzogtum Luxemburg hat vor einem Jahr gar ein Space-Mining-Gesetz verabschiedet und steckt 25 Millionen Euro in Planetary Resources. Und hierzulande beschäftigen sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und sogar die Grünen intensiv damit.

Grund: Deutschland soll ein Weltraumgesetz bekommen - eigentlich schon in der vergangenen Legislaturperiode, nun soll in der zweiten Hälfte der jetzigen Regierungsamtszeit zumindest ein Entwurf vorliegen. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums zu einer Anfrage der Grünen hervor. Erst Ende Juli hatte der BDI in einem Positionspapier ein solches Gesetz gefordert.

Doch über die Antwort der Regierung dürfte sich der Industrieverband wenig freuen: In zwei wesentlichen Punkten soll das Gesetz den Forderungen des Verbandes widersprechen. Erstens wird es im Gesetz nämlich kein eigenes Kapitel geben, das den Abbau von Ressourcen im Weltraum regelt. Deutschland vertrete mit der Mehrheit der Raumfahrtstaaten die Auffassung, so steht es in der Antwort, "dass der Abbau von Weltraumressourcen ein international abgestimmtes Regime voraussetzt". Nationale gesetzgeberische Alleingänge führten zu Rechtsunsicherheiten. Solche Alleingänge gibt es nicht nur in Luxemburg, sondern etwa auch in den USA, die in ihren Weltraumgesetzen dem Förderer das Recht auf die gewonnenen Ressourcen zusprechen.

Die Grünen begrüßen die Pläne der Regierung. "Ich glaube, was Weltraum angeht, müssen wir das multilateral regeln", sagt Dieter Janecek, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages. Er erachtet es auch als "sinnvoll", dass die Regierung eine "Regressmöglichkeit beim Verursacher" vorsieht und nicht der Staat haftet, wenn Schäden durch einen herunterfallenden Satelliten entstehen. Letzteres war die zweite Forderung des BDI, die die Grünen nun ablehnen: "Es kann nicht sein, dass die Schäden sozialisiert werden", so Janecek. Der Ansatz der Regierung sei richtig.

"Der Staat muss gucken, dass er da die Haftung los wird"

Bisher muss bei Schäden, die durch Weltraumschrott verursacht werden, der Staat haften, auf dessen Gebiet Satellit oder Rakete gestartet sind oder der den Start genehmigt hat. Die Raumfahrt wird aber zunehmend privatisiert, die Zahl der Starts nimmt zu: Mini-Satelliten, Kleinraketen, große Netze von Kommunikationssatelliten oder auch Transporte in Richtung Mond - für die nächsten Jahre sind unter dem Schlagwort "New Space" zahlreiche Privatprojekte geplant, weil auch deutsche Start-ups vom künftigen Milliardengeschäft Weltraum profitieren wollen.

"Der Staat muss gucken, dass er da die Haftung los wird", sagt Stephan Hobe, Professor am Institut für Luftrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht der Universität Köln. Wenn der Verursacher haften müsse, werde der Staat wohl als Bedingung für eine Startgenehmigung eine Versicherung fordern. "Ich weiß nicht, wie der Versicherungsmarkt darauf reagieren wird." Um potenzielle Investoren nicht abzuschrecken, schlägt Hobe eine Deckelung vor. Bis zu einer gewissen Höhe müsste der Verursacher haften, darüber hinaus könnte der Staat übernehmen. "Wir brauchen Haftungsgrenzen, damit Unternehmen bereit sind, sich zu engagieren und auch privates Kapital in den Bereich fließt", sagt auch Matthias Wachter vom BDI.

Die Frage ist jedoch, wer überhaupt der Verursacher von Schäden durch abstürzende Teile ist: Der Satellitenhersteller, der Auftraggeber der Mission - meist Firmen oder Wissenschaftler - oder die jeweilige Raumfahrtagentur? "Ein deutsches Weltraumgesetz ist auf jeden Fall wichtig und nötig", sagt der Chef des Bremer Raumfahrtkonzerns OHB, Marco Fuchs. Er begrüßt deswegen auch die Initiative des BDI. Sich zu möglichen Schadensersatzregelungen zu äußern, sei jedoch noch zu früh.

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