Raumfahrt:FDP forciert Verkehrsregeln fürs All

OHB AG  Jahresbilanz

Auch Galileo-Satelliten könnten zu Weltraumschrott werden, die Haftung soll ein Weltraumgesetz regeln.

(Foto: Ingo Wagner/dpa)

Ein deutsches Weltraumgesetz soll Firmen für Minisatelliten und Mondprojekte in Deutschland halten - doch es droht zu verwässern.

Von Dieter Sürig

Es ist mehr als ein halbes Jahr her, dass das Großherzogtum Luxemburg eine Raumfahrtagentur gegründet hat. Anders als das Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das vor allem für die Forschung zuständig ist, will die Luxembourg Space Agency mit öffentlichen Fördermitteln private Raumfahrtfirmen in das Herzogtum holen. Unter anderem hat das US-Unternehmen Planetary Resources bereits 25 Millionen Euro erhalten und beteiligt sich an der Regierungsinitiative "Space Resources" - ein Schwerpunkt der Luxemburger ist der Bergbau auf Asteroiden.

Auch wenn solche Pläne eher an Filme wie "Armageddon" erinnern, haben solche Science-Fiction-Visionen bereits die deutsche Gesetzgebung erreicht. Das Bundeswirtschaftsministerium hat 2018 für die zweite Hälfte der Legislaturperiode einen ersten Entwurf des sogenannten Weltraumgesetzes angekündigt. Dort sollen private Weltraumaktivitäten und Genehmigungsfragen geregelt werden, verbunden mit Haftungs- und Versicherungspflichten für die Firmen. Es gelte, "frühzeitig Planungssicherheit zu schaffen und Investitionsspielräume zu eröffnen", so das Ministerium. Derzeit arbeitet man dort "an Eckpunkten des Weltraumgesetzes".

Für Befürworter ist ein solches Gesetz längst überfällig, um insbesondere junge New-Space-Unternehmen wie PT Scientists aus Berlin mit ihren Mondplänen Planungssicherheit zu geben und - vor allem - sie in Deutschland zu halten. "Die gegenwärtigen Unsicherheiten mit Blick auf das kommende Gesetz und seinen Regelungsgehalt könnten Firmen davon abhalten, ihren Standort in Deutschland zu wählen", kritisiert der Kölner Spezialist für Weltraumrecht, Ingo Baumann. Apropos Eckpunkte: Er befürchtet auch, dass das Gesetz nicht konkret genug werden könnte, um Firmen einen sicheren Rechtsrahmen zu geben, wenn wichtige Details erst später in Verordnungen nachgereicht würden.

Um beim Asteroiden-Bergbau zu bleiben: Nach Angaben des Ministeriums ist nur "ein zukunftsoffenes und schlankes Basisgesetz" geplant, "das auch das Zukunftsthema Weltraumbergbau zu gegebener Zeit angemessen aufnehmen kann". In Berlin will man erst internationale Übereinkommen abwarten. "Nur dann kann ein Weltraumgesetz den nationalen Weltraumbergbau rechtssicher abbilden", heißt es. Baumann zufolge ist dies auch für Investoren problematisch: "In der Übergangszeit wissen Unternehmen noch nicht, wie lange das Genehmigungsverfahren dauern wird, welche Gebühren anfallen und welche Haftungsrisiken und Versicherungsprämien auf sie zukommen." Ähnliches gilt für Haftungsfragen bei Weltraumschrott.

Dabei sind die möglichen Geschäftsmodelle von Space-Firmen vielfältig: Ob Minisatelliten, Mondprojekte oder auch Bergbau. "Viele dieser Firmen sind sehr flexibel, was ihre Standortwahl betrifft", sagt der Jurist. Länder wie Luxemburg preschen hingegen bereits mit besonders attraktiven Standortvorteilen vor, um Firmen zu locken. Es könne "nicht sein, dass die Staaten sich im Hinblick auf Regulierung unterbieten", warnt Baumann.

Eine einheitliche Regelung der EU wird es nicht geben

Eine einheitliche EU-Regelung wird es nicht geben. Brüssel befindet zwar über Verbrauchswerte bei Glühbirnen und Staubsaugern, die Raumfahrt soll aber laut EU-Recht "unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten" stattfinden. Und Deutschland ist mittlerweile eines der wenigen Länder ohne Raumfahrtgesetz.

Die FDP-Bundestagsfraktion will diesen Zustand schnell beenden und im Mai einen Antrag im Parlament einbringen, damit das Bundeswirtschaftsministerium "zeitnah" einen Gesetzentwurf vorlegt, "welcher sämtliche gesetzlichen und haftungsrelevanten Fragen der Raumfahrt für die Bundesrepublik Deutschland regelt" und "insbesondere auf den Weltraumbergbau eingeht". FDP-Wirtschaftssprecher Reinhard Houben sieht darin eine besondere Dringlichkeit. "Der Weltraum ist nicht nur Forschungsraum, sondern entwickelt sich immer mehr zum Wirtschaftsraum". Er sieht ein "großes Potenzial". "Deutschland hinkt bereits in der Digitalisierung hinterher, den Aufbau der kommerziellen Nutzung des Weltraums dürfen wir nicht auch noch verschlafen." Die Raumfahrtwirtschaft brauche einen gesetzlichen Rahmen, um planen zu können.

Das Thema wird jedenfalls in Berlin immer populärer. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte mit einem ähnlichen Tenor bereits im Juli 2018 ein Weltraumgesetz gefordert und will bald ein Positionspapier dazu veröffentlichen. Auch der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) plant ein Papier und "begleitet" das Bundeswirtschaftsministerium "eng" bei dem Thema Weltraumgesetz. Und die Grünen hatten im Sommer 2018 dazu eine Kleine Anfrage im Bundestag gestellt.

"Ein nationales Weltraumgesetz muss vor allem Handlungssicherheit für die deutsche und die europäische Raumfahrtindustrie und -wissenschaft erreichen", sagt Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD), der gerade der Wirtschaftsministerkonferenz vorsitzt. Für Ende Juni hat er dort das Thema "Europas eigenständiger Zugang zum All" auf die Tagesordnung gesetzt. Dieser stelle für Bereiche wie Telekommunikation, Digitalisierung, Logistik und Klimabeobachtung "einen unverzichtbaren Kern der deutschen Wirtschaftspolitik dar".

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