Pläne der Deutschen Bahn:Züge sollen die besseren Fernbusse werden

Jahresrückblick 2015 - Bewegende Bilder

Güterbahnhof in Köln. Die Bundesregierung prüft, ob die Bahntrassen in Deutschland digitalisiert werden sollen.

(Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Die Deutsche Bahn will pünktlicher werden und Kunden besser informieren.
  • Das Unternehmen will außerdem den Service verbessern.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Wer häufig mit der Deutschen Bahn (DB) reist, ist Kummer gewohnt. Mal sind Toiletten verstopft. Mal gibt es kein frisch gezapftes Bier, weil die Kühlungsanlage im ICE-Restaurant wie so oft nicht funktioniert. Mal sind die reservierten Plätze auf den Displays über den Sitzen nicht eingeblendet. Solche und viele andere Ärgernisse soll es künftig möglichst nicht mehr geben. Das geht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus dem "Gelbbuch" hervor, das das Unternehmen an diesem Dienstag an seine Aufsichtsräte verschickt hat.

Darin steht all das, was sich die DB vorgenommen hat, damit ihr Fernbusse oder Mitfahrzentralen nicht noch mehr Kunden abjagen. Es ist der grundlegendste Umbau, seit die Behörden-Bahn in die Deutsche Bahn umgewandelt wurde. Unter dem Titel "Zukunft Bahn" rechnet das Unternehmen dabei ungeschminkt mit eigenen Versäumnissen ab. Die Bahn von heute, heißt es darin, sei "nicht fit" für die Zukunft. "Der Weg zurück in die Erfolgsspur kann nur über eine deutlich verbesserte Produkt- und Leistungsqualität führen." Werde jetzt nicht gehandelt, bestehe die Gefahr, "den Rückhalt in der Gesellschaft, bei Kunden und Eigentümern zu verlieren".

Die größten Ärgernisse sollen 2016 abgestellt werden

Seit Mitte August hatte ein Team von 40 Managern ressortübergreifend an den Zukunftsplänen gearbeitet, nachdem Vorstandschef Rüdiger Grube im Juni angekündigt hatte, das Unternehmen umkrempeln zu wollen. Fast alle Top-Führungskräfte mussten den Staatskonzern seitdem verlassen. Mit den Umbauplänen wird sich der Aufsichtsrat am 16. Dezember befassen. Gelingt es der Bahn sie tatsächlich umzusetzen, dürfte sich der Service für Millionen Bahnreisende erheblich verbessern. Ziel der DB ist es nicht, sich kaputtzusparen, sondern über die Qualität die Kunden für sich zu gewinnen.

Die Bahnmanager denken dabei in drei Zeitachsen: 2016, 2017 bis 2020 und 2021 bis 2030. Kurzfristig, also bereits im nächsten Jahr, wollen sie "Ärgernisse beseitigen". Zum Beispiel werden die fast 100 000 Zugzielanzeiger an den Gleisen bis zum dritten Quartal 2016 umprogrammiert. Kunden können dort dann ablesen, wann die nächsten drei Züge fahren. Der große Vorteil dabei: Der Kunde wird dann auch über die Anzeigetafeln auf kurzfristige Gleiswechsel aufmerksam gemacht - und muss sich nicht mehr über oft unverständliche Lautsprecheransagen ärgern. Außerdem sehen die Reisenden, dass ihr Zug auf dem Display nicht verschwunden ist, wenn dieser verspätet eintrifft und vorher noch ein anderer auf dem Gleis losfährt. Im Gelbbuch heißt es dazu: "Die größten Ärgernisse über falsche und verspätete Informationen werden 2016 abgestellt."

Natürlich sollen die Züge auch pünktlicher fahren. Derzeit schaffen es 74 Prozent der Fernzüge, nicht später als fünf Minuten nach der geplanten Ankunftszeit am Bahnhof einzutreffen. 2016 will die Bahn diese Quote auf 80 Prozent erhöhen, langfristig sollen sogar mindestens 85 Prozent der Züge im Fernverkehr und 95 Prozent der im Regionalverkehr pünktlich sein.

Wlan in der zweiten Klasse soll im kommenden Jahr funktionieren

An vielen Details wird deshalb geschraubt. Um zu verhindern, dass ständig eine der bis zu 70 000 Weichen ausfällt, werden diese schrittweise mit Sensoren ausgestattet. Signalisieren die Geräte eine erhöhte Stromaufnahme, wird ein Monteur zur Kontrolle der Weiche hinausgeschickt. Gleichzeitig ist geplant, bis 2020 alle Züge im Fernverkehr fehlerfrei auf den Weg zu bringen. Derzeit fahren noch etwa die Hälfte dieser Züge mit irgendeinem Mangel los. Die ICE-Züge sollen bereits bis Sommer nächsten Jahres einmal durchrepariert werden.

Die Bahn will auch die Wartebereiche in etwa 20 von 50 der am meisten frequentierten Bahnhöfe besser ausstatten. Das bereits mehrfach angekündigte kostenlose Wlan in der zweiten Klasse soll im zweiten Halbjahr 2016 funktionieren. Bis 2020 will die Bahn laut dem Zukunftsplan sogar "das größte mobile Wlan-Netz in Deutschland realisiert haben". Außerdem sollen die Zugbegleiter mehr Zeit dafür bekommen, sich um die Anliegen der Fahrgäste zu kümmern, statt Fahrkarten zu kontrollieren. Die Kunden sollen sich zukünftig selbst einchecken können, sofern sie den von ihnen reservierten Platz besetzen.

Auch der Güterverkehr, der seit Jahren Verluste einfährt, wird neu auf die Spur gesetzt. Dort will die Bahn mit dem Fahrplanwechsel Ende 2016 ebenfalls eine Art Fahrplan anbieten. Die Geschäftskunden haben dann die Wahl, diese Züge zu buchen oder wie bisher Einzelfahrten zu bestellen. Die Bahn hofft dadurch besser disponieren und die Nachfrage im Güterverkehr steigern zu können.

Fahrt mit Verlusten

Mit dem Umbau der Deutschen Bahn (DB) wird in dem Staatskonzern auch finanziell aufgeräumt. Das operative Ergebnis wird 2015 nach den vorläufigen Schätzungen noch 1,75 Milliarden Euro betragen. Ursprünglich war von 2,2 Milliarden Euro die Rede, später von zwei Milliarden. Der Umsatz dürfte erstmals trotz der Streikwellen, die allein im ersten Halbjahr 280 Millionen Euro Umsatz und 250 Millionen Gewinn kosteten, auf mehr als 40 Milliarden Euro steigen.

Unterm Strich wird das Unternehmen nach SZ-Informationen jedoch in diesem Jahr in die roten Zahlen rutschen, ohne dass schon im Detail klar ist in welchem Umfang. Das liegt an den nun neu geplanten Abschreibungen und Rückstellungen im Zuge des Konzernumbaus in einem Gesamtumfang von 1,663 Milliarden Euro. Das Ergebnis nach Zinsen, Steuern und Abschreibungen wird deshalb im Minusbereich liegen, zumal es wie vorgesehen eine Dividende in Höhe von 850 Millionen Euro geben soll. Finanzvorstand Richard Lutz hatte bereits Ende Mai auf die Frage, ob die Bahn in diesem Jahr überhaupt etwas verdienen werde, gesagt: "Was den Gewinn angeht, wird dieses Jahr eine echte Herausforderung für uns".

Laut dem Gelbbuch plant der Staatskonzern aber die Dividende in den nächsten Jahren weiter zu steigern. Das wird vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble freuen. Der Bund ist nach wie vor zu 100 Prozent Eigentümer des Unternehmens. Weiter gedacht ist daran, die Töchter Arriva und DB Schenker teilweise zu privatisieren und an die Börse zu bringen, um Geld in die Firmenkasse zu bekommen. Die DB drücken nach wie vor Schulden von knapp 18 Milliarden Euro. Das liegt auch daran, dass das Unternehmen Geld für seine Investitionen braucht. Diese will der Bahnvorstand auf keinen Fall zurückschrauben. In den nächsten fünf Jahren ist vorgesehen, mehr als 20 Milliarden Euro zu investieren. Allein in den Fernverkehr sollen 5,5 Milliarden Euro fließen.

Thomas Öchsner

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