Nahaufnahme:Boni für Azubis

Nahaufnahme: Alexander Herzog, Bäckermeister: „Ich stand schon mit zwölf Jahren in der Backstube meiner Eltern, nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte.“

Alexander Herzog, Bäckermeister: „Ich stand schon mit zwölf Jahren in der Backstube meiner Eltern, nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte.“

(Foto: Foto Braun/oh)

Wie der Bäcker Alexander Herzog für seinen Betrieb in Franken nach Lehrlingen sucht. Er bietet mehr Lohn während der Ausbildung. Und für gute Azubis gibt es ein Smartphone.

Von Uwe Ritzer

Das Angebot von Alexander Herzog sieht so aus: 900 statt 615 Euro monatlich im ersten Lehrjahr. 1200 statt 700 im zweiten. Und im dritten 1500 statt jener 820 Euro, die der Tarifvertrag vorzieht. Plus Fahrtkostenzuschuss. Plus ein Smartphone der neuesten Generation im Wert von bis zu 1000 Euro, wenn er oder sie die Ausbildung mit einer Gesamtnote von 2,5 oder besser abschließt. Ein großzügiges Gesamtpaket, "aber wir müssen halt etwas tun", sagt Alexander Herzog. Also hat der selbständige Bäckermeister diese ungewöhnliche Zeitungsannonce geschaltet.

Der 37-Jährige betreibt mit seiner Familie eine Bäckerei und Konditorei im fränkischen Muhr am See, eine Autostunde südlich von Nürnberg. Die Geschäfte laufen ordentlich; der Handwerksbetrieb samt angeschlossener Cafés wächst. 120 Mitarbeiter, sechs Standorte im Umkreis von 25 Kilometern. "Wir haben ein sehr familiäres Klima in unserem Betrieb und behandeln die Leute anständig", sagt Herzog. Besonders stolz ist er auf die lange Betriebszugehörigkeit vieler Mitarbeiter. Wäre da nur nicht dieses Problem, das die ganze Branche bundesweit plagt: Nachwuchsmangel.

"Für die Ausbildung Bäckereifachverkäufer/in habe ich seit drei Jahren keine Bewerbung mehr bekommen, um eine Bäcker-Lehrstelle bewirbt sich ganz selten mal jemand, nur Konditor funktioniert komischerweise", schildert Herzog. "25 bis 30 Azubis würde unser Betrieb verkraften". Aktuell sind es elf. Also hat er ein maßgeschneidertes "Herzog-Ausbildungsprogramm" entworfen. Ein Bestandteil ist mehr Lohn und Boni für die Lehrlinge, die gute Leistungen zeigen. "Für junge Leute ist Geld schon ein Anreiz", sagt Herzog. Also hat er sein übertarifliches Angebot vor wenigen Tagen über soziale Netzwerke und Zeitungsannoncen gestreut und hofft nun auf Bewerber. "Bei mir kriegt jeder eine Chance", sagt er.

Der Fachkräftemangel im Bäckerhandwerk spitzt sich überall zu. In zehn Jahren hat sich die Zahl der Lehrlinge auf 16 000 mehr als halbiert. Der Rückgang ist im Verhältnis deutlich größer als jener der Betriebe und der Beschäftigten insgesamt. Um gegenzusteuern hat der Zentralverband des Bäckerhandwerks in Berlin sogar ein Aktionsbüro eingerichtet, das Betrieben bei Werbekampagnen hilft.

"Handwerk hat generell ein zu schlechtes Image", klagt Herzog. "Die Leute schicken ihre Kinder lieber auf höhere Schulen als in die Lehre." Vielen erscheint es auch nicht als erstrebenswert, dass Bäcker und Konditoren hauptsächlich nachts und frühmorgens arbeiten. Mit Schichtmodellen könne man das gut steuern, hält Herzog entgegen. Was tatsächlich schlecht sei: "Die Tariflöhne für Azubis sind zu niedrig."

Er selbst hat seinen Traumberuf. "Ich stand schon mit zwölf Jahren in der Backstube meiner Eltern, nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte." In München hat er nach der mittleren Reife Bäcker und Konditor gelernt und anschließend Betriebswirtschaft draufgesattelt. Seit 2010 führt er mit seinem Vater den Familienbetrieb in fünfter Generation. Eine Bäckerei, die auf regionale Zutaten und handwerkliche Arbeit setzt und nicht nur fertige Backmischungen anrührt. "Mich fasziniert es, aus lebendigen Rohstoffen mit Kreativität Geschmack und Qualität herzustellen", sagt Herzog. Das wolle er auch seinen Lehrlingen vermitteln, für die er ein Einarbeitungsprogramm entworfen hat, um ihnen den Einstieg in Beruf und Firma zu erleichtern.

Jeden Morgen lädt der Chef sein Personal zum Frühstück ein. "Ich will die Leute begeistern", sagt er. Und wenn er einen Lehrling mal nicht übernimmt, dann hilft er ihm bei der Stellensuche. "Es geht nicht nur um mich, sondern um unser ganzes Handwerk", sagt er. Und hofft nun auf Bewerbungen.

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