Montagsinterview:Krankenkasse wirbt: Fitness-Armband für alle

Jens Baas

Der Chef der Techniker-Krankenkasse Jens Baas. Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa

Brisanter Vorschlag vom Chef der Techniker-Krankenkasse: Auch über Fitness-Tracker sollen die Daten der Versicherten gesammelt - und von den Kassen verwaltet werden.

Von Guido Bohsem und Ulrich Schäfer

Jens Baas liebt die Technik: An seinem linken Arm trägt er eine Apple Watch, an seinem rechten Arm ein Fitness-Armband. Der Chef der Techniker-Krankenkasse ist fasziniert davon, sein Leben zu tracken: Er zeichnet seinen Schlaf auf, seine Pulsfrequenz, seine Schritte. Und Baas, ein ehemaliger Unternehmensberater, geht ziemlich viele Schritte, selbst an Bürotagen: "Wenn ich telefoniere", erzählt er in seinem Büro im Hamburger Stadtteil Barmbek, "dann laufe ich immer um meinen Schreibtisch herum." Der Boden sei deswegen schon ganz abgewetzt, sagt er. Und in der Tat: Die Spuren von Baas' Telefonaten sind unverkennbar.

Baas ist unter seinen Kollegen bei Deutschlands Krankenkassen der wohl radikalste Vordenker, wenn es um die Digitalisierung geht: Er ist davon überzeugt, so seine These im Montagsinterview mit der Süddeutschen Zeitung, dass Big Data in den kommenden Jahren mit Macht in das Gesundheitswesen drängt. Und sein Ziel ist: Dieses Feld dürften die Deutschen nicht den US-Internetkonzernen überlassen, sondern sie müssen ihre Daten selbst in der Hand behalten.

Gehören sollen die Daten dem Patienten selbst

Diese Daten will Baas in einer elektronischen Patientenakte sammeln, in einem persönlichen Datenpool, in dem jeder Patient alle Daten sammelt, die seine Gesundheit betreffen: Die elektronische Patientenakte "soll klassische medizinische Daten enthalten, und in sie sollen auch Daten einfließen, die zum Beispiel über einen Fitness-Tracker erhoben werden". Verwalten soll die Daten die jeweilige Krankenkasse, gehören sollen die Daten aber dem Patienten. Wenn er von einer Kasse zu einer anderen wechselt, soll er die Daten mitnehmen können.

Der Vorteil dieser elektronischen Patientenakte, so glaubt Baas, sei, dass Kassen und Ärzte die Patienten viel besser betreuen können: "Wir können über das Risiko einer Erkrankung informieren, wenn wir die Krankheiten, den Puls, das Ausmaß der Bewegung und so weiter zusammen analysieren. Oder: Wir wissen, dass der Versicherte eine Depression hat, und stellen auf einmal fest, dass seine Bewegungsmuster auffällig werden. Dann können wir ihm vorschlagen, zum Arzt zu gehen."

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